Der FC Bayern veranstaltete wieder seine Jahreshauptversammlung

Jahreshauptversammlung des FC Bayern: Ein Blick hinter die Zahlen

Alexander Trenner 09.12.2024

Einmal im Jahr treffen sich die Mitglieder des FC Bayern München e. V. zur Jahreshauptversammlung. Einmal im Jahr legen die Vorstände Rechenschaft über ihre Ressorts ab, berichten unter anderem über die jüngsten Erfolge der Handball- und Schachabteilung, schildern die neuesten Entwicklungen auf dem Campus und berichten über das letzte volle Geschäftsjahr der FC Bayern AG.

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So auch in diesem Jahr. In diesem Artikel wollen wir dem Finanzvorstand, Herrn Dr. Diederich, der satzungsgemäß für die Präsentation der Zahlen der FC Bayern München AG zuständig ist, über die Schulter schauen und einen Blick auf die aktuellen Finanzkennzahlen des FC Bayern werfen.

Wie schon im letzten Jahr ist dieser Artikel mehr als ein kurzer Überblick über den aktuellen Finanzbericht zu verstehen und weniger als eine tiefgehende strukturelle Analyse der finanziellen Situation des FC Bayern. Er orientiert sich sowohl chronologisch als auch thematisch an den von Herrn Dr. Diederich präsentierten Folien und den von ihm angesprochenen Problemen. 

FC Bayern: Umsatz und Gewinn 

Der FC Bayern knackt die Milliardengrenze 

1.017.000.000 Euro. Noch bevor Dr. Diederich die Bühne betrat, um die Zahlen der FC Bayern AG zu präsentieren, warf Vereinspräsident Herbert Hainer diese Zahl an die Wand.

Quelle: Livestream Mitgliederversammlung FC Bayern 2024

1.017.000.000 Euro, in Worten: eine Milliarde und siebzehn Millionen Euro, hat die Unternehmensgruppe FC Bayern mit FC Bayern AG, FC Bayern Basketball und FC Bayern e. V. im Geschäftsjahr 23/24 insgesamt umgesetzt. Der Umsatz der Fußball AG mit ihren Töchtern allein liegt etwas darunter, so dass der FC Bayern nach Real Madrid nicht der zweite Verein der Welt sein wird, der bei den Einnahmen die Milliardengrenze knackt.

Das Durchbrechen der Milliardengrenze stellte Dr. Diedrich aber für die nähere Zukunft in Aussicht, und wenn man das Umsatzwachstum der FC Bayern AG in den Jahren seit der COVID-Pandemie linear fortschreibt, ist der Verein auch auf einem guten Weg dorthin.

Quelle: Eigene Darstellung

Seit dem Geschäftsjahr 20/21, das den Höhepunkt der COVID-Pandemie und den Tiefpunkt des Umsatzrückgangs der Bayern markierte, konnten die Bayern ihren Umsatz jedes Jahr um durchschnittlich beeindruckende 14 Prozent steigern. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, wird der Verein bereits im nächsten Geschäftsjahr die prestigeträchtige Milliardengrenze überschreiten.

Eine Milliarde ist nicht gleich eine Milliarde 

Nach Real Madrid der zweite Verein in der Geschichte des Profifußballs zu werden, der es schafft, in einem Geschäftsjahr mehr als eine Milliarde Umsatz zu machen, wäre eine tolle Geschichte. Allerdings gibt es dabei eine wichtige Einschränkung. Real Madrid hat es geschafft, die Milliardengrenze allein mit dem operativen Umsatz zu erreichen, also mit den Einnahmen aus Spielbetrieb, Sponsoring, Werbung, Merchandising und medialer Vermarktung, aber ohne Einnahmen aus Spielertransfers.

Die 952 Millionen Euro des FC Bayern im Geschäftsjahr 23/24 hingegen beinhalten neben den Einnahmen aus dem operativen Geschäft auch Einnahmen von sage und schreibe 186 Millionen Euro aus dem Transfergeschäft, darin u.a. die Verkäufe von Lucas Hernández für 45 Millionen Euro, Ryan Gravenberch für 40 Millionen Euro, Benjamin Pavard für 32 Millionen Euro, Sadio Mané für 30 Millionen Euro, Marcel Sabitzer für 19 Millionen Euro und Yann Sommer für 7 Millionen Euro. Ohne diese Einnahmen beläuft sich der Umsatz des FC Bayern auf 766 Millionen Euro – immer noch viel, aber auch ein gutes Stück von der Milliarde entfernt.

Nun ist der Handel mit Spielern für Fußballvereine eine ebenso reale wie wichtige Einnahmequelle, aber es versteht sich von selbst, dass diese Einnahmekategorie für einen Verein wie den FC Bayern kein systematischer Bestandteil des Wertschöpfungsmodells sein kann. Dreistellige oder auch nur zweistellige Millionenbeträge mit dem Verkauf von Spielern zu erzielen, kann für den FC Bayern nicht zu einem Eckpfeiler der Umsatzgenerierung werden. Im Idealfall verkaufen die Bayern mit Ausnahme von Nachwuchsspielern nie einen Spieler, sondern treten am Markt ausschließlich als Käufer von Spielern auf, die so gut sind, dass sie diese bis zum Karriereende an sich binden wollen oder sollten.

Bereits im Geschäftsjahr 22/23 betrug der Transferbeitrag zum Umsatz rund 110 Mio. Euro, im Vorjahr waren es rund 12 Mio. Euro, im Jahr davor rund 32 Mio. Euro.

Quell: Eigene Darstellung

Betrachtet man nur die operativen Einnahmen, so weisen die Bayern ein durchschnittliches Wachstum von rund acht Prozent pro Jahr auf. Das ist immer noch viel, aber nicht mehr so beeindruckend viel wie die Wachstumsrate von durchschnittlich 14 Prozent pro Jahr, die sich durch außergewöhnlich hohe Transfererlöse in den letzten beiden Perioden signifikant von den operativen Einnahmen absetzen konnte.

Schaut man nur auf die operativen Erlöse und schreibt die Wachstumsrate von acht Prozent fort, wird es noch vier Jahre dauern, bis die Bayern in dieser Kategorie mit Real Madrid gleichziehen und die Milliardengrenze knacken. 

Operative Einnahmen: Unsicherheit und Stagnation 

Dass ein weiteres jährliches Wachstum der operativen Einnahmen von acht Prozent aber keineswegs selbstverständlich ist, zeigt die Tatsache, dass der FC Bayern bei der wichtigsten Einnahmekategorie in diesem Bereich, den Sponsoringeinnahmen, vom Geschäftsjahr 22/23 zum Geschäftsjahr 23/24 einen Rückgang von knapp acht Prozent zu verzeichnen hatte. Insgesamt wachsen mit Ausnahme der Transfererlöse die Einnahmen der Bayern derzeit nur langsam.

Quelle: Eigene Darstellung

Dass die Bayern ausgerechnet in ihrer traditionellen Königsdisziplin, den Sponsoring- und Werbeeinnahmen, vom vorletzten auf das letzte Geschäftsjahr einen Rückgang der Einnahmen hinnehmen mussten, und dies inklusive COVID sogar zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte, ist als Rückschlag zu bewerten. Die Einnahmen aus Ticketing und Merchandising sind traditionell keine dynamischen Wachstumsfelder, und neben den Einnahmen aus der Champions League, die mit der neuen Version grundsätzlich weiter anziehen dürften, aber auch stark von der sportlichen Performance der Bayern abhängen, waren die Werbe- und Sponsoringeinnahmen für die Bayern immer der wichtigste Treiber beim Umsatzwachstum. 

Dr. Diederich bemühte sich zwar zu betonen, dass die Bayern bei den Einnahmen aus Sponsoring, Werbung, Merchandising und sonstigen kommerziellen Aktivitäten mit insgesamt rund 400 Millionen Euro Branchenprimus in Europa seien und die wesentliche Bremse für das Umsatzwachstum eigentlich die Einnahmen aus der medialen Vermarktung seien, wo der Verein von allen anderen großen Vereinen angehängt werde. Sollte es bei den Sponsoringeinnahmen aber zumindest vorübergehend zu einer Stagnation kommen (Dr. Diederich wies darauf hin, dass es im laufenden Geschäftsjahr schon wieder besser aussehe), geht den Bayern ein wichtiger Wachstumsfaktor verloren und dann wird es wohl auch noch einige Jahre länger dauern, bis sie sich von Real Madrid im Club der Umsatzmilliardäre begrüßen lassen dürfen.

Jahresergebnis des FC Bayern

Beim Jahresergebnis hatte Dr. Diederich Erfreuliches zu berichten. Der Gewinn nach Steuern des FC-Bayern-Konzerns erreichte mit 43 Millionen Euro den höchsten Wert seit fünf Jahren. Das freut die Aktionäre, die sich auf eine stattliche Dividende von insgesamt 12 Millionen Euro freuen können (0,40 Euro pro Aktie, neun Millionen Euro für den e. V.), und das Eigenkapital der FC Bayern AG, das durch die Einstellung eines Teils in die Gewinnrücklagen weiter gestärkt wird.

Quelle: Präsentation Dr. Diederich Mitgliederversammlung FC Bayern 2024

Die Finanzstruktur: Eigenkapital und Fremdkapital

So stieg das Eigenkapital im GJ 23/24 um sieben Prozent auf nunmehr 571 Millionen Euro, den höchsten Wert in der Geschichte des Vereins.

Quelle: Präsentation Dr. Diederich Mitgliederversammlung FC Bayern 2024

Gleichzeitig sank jedoch die Eigenkapitalquote zum zweiten Mal in Folge auf nunmehr 55 Prozent (GJ 21/22: > 70 Prozent). Die Passivseite der Bilanz setzt sich aus Eigen- und Fremdkapital zusammen. Wenn das Eigenkapital betragsmäßig steigt, aber gleichzeitig sein Anteil an der Summe aus Eigenkapital und Fremdkapital sinkt, muss das Fremdkapital noch stärker gestiegen sein als das Eigenkapital.

Den größten Teil des Fremdkapitals machen in der Regel die Verbindlichkeiten eines Unternehmens aus, und in der Tat fällt auf, dass die Bayern im Geschäftsjahr 23/24 Verbindlichkeiten in Höhe von rund 300 Mio. Euro auswiesen, also deutlich mehr als die noch rund 100 Mio. Euro aus dem letzten im Bundesanzeiger veröffentlichten Geschäftsjahr 21/22, was auch den Rückgang der Eigenkapitalquote erklärt.

Da Dr. Diederich aber gleichzeitig betonte, dass die Bayern nach wie vor keine Bankverbindlichkeiten hätten (die berühmte Schuldenfreiheit), bleiben als nennenswerter Treiber für die Verdreifachung der Verbindlichkeiten seit dem GJ 21/22 eigentlich nur die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, also die noch zu zahlenden Beträge für bereits unter Vertrag genommene Spieler. 

Bedenkt man, dass die Bayern in den Geschäftsjahren 22/23 und 23/24 zusammen für rund 360 bis 370 Millionen Euro neue Spieler verpflichtet haben, erscheint ein Anstieg der Verbindlichkeiten für noch zu leistende Zahlungen auf erworbene Spielerlizenzen um einen dreistelligen Millionenbetrag nicht ganz unplausibel.

Die Kostenseite 

Auf der Kostenseite ging Dr. Diederich kurz auf die Personalaufwandsquote ein, die im Geschäftsjahr 23/24 von 47 auf 44 Prozent gesunken ist und damit deutlich unter der selbst gesetzten Zielmarke des Vereins von rund 50 Prozent liegt. Betragsmäßig lagen die Personalkosten mit rund 397 Millionen Euro nahezu unverändert auf dem Vorjahresniveau von 401 Millionen Euro. Damit weisen die Bayern nach wie vor eine der günstigsten Personalkosten-Umsatz-Relationen vor Abschreibungen im europäischen Profifußball auf. Was die sonstigen Kosten angeht, stieg der Materialaufwand inflationsbedingt leicht, ebenso die Abschreibungen aufgrund einiger teurer neuer Spieler, und auch die sonstigen betrieblichen Aufwendungen legten aufgrund der Ausbuchung abgehender Spieler mit noch laufenden Restverträgen noch einmal zu. 

Insgesamt allerdings ist die Kostenseite weitgehend unauffällig und die Bayern, die traditionell keine strukturellen Finanzrisiken oder Liquiditätsrisiken kennen, nie über ihre Verhältnisse leben und keine Bankverbindlichkeiten haben, können das Geschäftsjahr trotz in absoluten Beträgen gemessen hoher Personalkosten mit einem satten Gewinn abschließen.

Fazit: Weniger beeindruckend als angenommen?

Die Zahl, die aus dem Geschäftsjahr 23/24 der Bayern die Schlagzeilen beherrscht, sind die 1.017.000.000 Euro, die der FC Bayern erstmals als Konzern inklusive seiner Basketballabteilung insgesamt erwirtschaftet hat. 

Diese Zahl darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Geschäftsjahr 23/24 bei einem näheren Blick unter die Haube einen eher durchwachsenen Eindruck hinterlassen muss. Der Rekordumsatz von 952 Millionen Euro, der nach Abzug der Einnahmen der Basketball-GmbH und des eingetragenen Vereins von der Milliarde übrig bleibt, ist ein durch Transfererlöse in Höhe von 185 Millionen Euro erheblich geschöntes Artefakt.

Zieht man diesen Sondereffekt ab, bleiben von dem betörenden Wachstum von 14 Prozent pro Jahr zwischen dem COVID-Tiefpunkt im Geschäftsjahr 20/21 und dem Geschäftsjahr 23/24 noch rund acht Prozent pro Jahr übrig. 

Betrachtet man nur die Umsatzentwicklung vom Geschäftsjahr 22/23 zum Geschäftsjahr 23/24 und auch hier nur die Veränderung der operativen Umsätze, so bleiben von den ursprünglichen 14 Prozent Wachstum pro Jahr nur noch rund 3,5 Prozent übrig. Im Vergleich zur Gesamtwirtschaft immer noch sehr gut (Deutschland befindet sich seit Jahren nahe am Nullwachstum), aber für den Profifußball post COVID absolutes Mittelmaß und für die Bayern selbst eher enttäuschend. 

Besonders ärgerlich für die Bayern ist, dass sie vom Geschäftsjahr 22/23 zum Geschäftsjahr 23/24 einen Rückgang der Einnahmen aus Werbung und Sponsoring von rund acht Prozent oder 20 Millionen Euro hinnehmen mussten. Dieser Bereich ist traditionell ihre Königsdisziplin, und wenn sie mit den großen Vereinen aus England und Spanien finanziell dauerhaft mithalten wollen, werden sie dies nicht über Hebel wie die Einnahmen aus dem Spielbetrieb oder hohe Transfererlöse erreichen können, sondern dann sind sie auf im Klassenvergleich überdurchschnittliche Einnahmen im kommerziellen Bereich angewiesen und können sich hier keine Schwächen leisten.

Mit dem neuen Format der Champions League, der noch ausstehenden endgültigen Entscheidung über die Verteilung der TV-Gelder durch die DFL in der neuen Rechteperiode ab dem kommenden Sommer, den in näherer Zukunft wohl nicht wiederholbaren Umsatzerfolgen der Bayern auf dem Transfermarkt und dem vorerst gestoppten Anstieg der kommerziellen Erlöse, die sich laut Dr. Diederich aber bereits im laufenden Geschäftsjahr wieder erholen sollen, befinden sich derzeit viele finanzielle Bälle in der Luft, von denen noch nicht klar ist, wo sie landen werden. Positive und negative Erwartungen halten sich in etwa die Waage.

Das ist die Zukunft. Für heute gilt: Den Bayern geht es gut, aber es könnte ihnen noch besser gehen. Insgesamt war das Geschäftsjahr 23/24 aufgrund der Rückgänge bei den Sponsoringeinnahmen eher enttäuschend. Das sollte die Schlagzeile sein, nicht die eine Milliarde Euro.

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