Die Bayern Amateure vor dem Start in die schwierige Saison 2014/15
Zu Beginn muss an dieser Stelle aber mit einer Sache aufgeräumt werden, die in ihrer Intention absolut hervorragend, aber in der Durchführung in diesem speziellen Fall äußerst schlecht ist. Der FC Bayern hat in den letzten Monaten über die sozialen Kanäle wesentlich mehr Interesse an den Bayern Amateuren gezeigt. Nicht zuletzt natürlich durch die Chance zum Aufstieg in Liga 3 und die Meisterschaft in der Regionalliga Bayern. Auf der offiziellen Vereinshomepage gibt es eine Vielzahl von Spielberichten zur abgelaufenen Saison zu lesen. Es ist absolut begrüßenswert, dass der Verein mehr über seine Jugendmannschaft berichtet – die Amateure haben jede Aufmerksamkeit verdient und werden so auch virtuell vielen Fans Zuhause nähergebracht. Auch zur Partie von gestern gibt es einen kurzen Absatz in der Sektion „Inside“, der aber leider kaum etwas vom tatsächlichen Spielgeschehen wiedergibt. Es ist leider schlichtweg falsch, wenn man auf FCBayern.de liest, dass das »Ergebnis nicht den tatsächlichen Spielverlauf« widerspiegelt. Von einer ausgeglichenen ersten Halbzeit war ebenso wenig zu sehen, wie davon, dass in der zweiten Hälfte nur der letzte Pass fehlte. Es ist zu hoffen, dass man auch beim FC Bayern künftig einen kritischen Ton an den Tag legt, sollte es nun einmal wirklich nichts Positives aus einem Spiel zu ziehen geben. Berichterstattung statt Öffentlichkeitsarbeit sollte das Ziel sein. Ein unrealistisches Bild auf die Amateure verwirrt interessierte Fans nur und verzerrt das Bild der Leistungsfähigkeit.
Gegen Liefering deutlich unterlegen
Fakt ist leider: Die Gäste aus Österreich waren den Bayern Amateuren beim Spiel auf dem Trainingsgelände an der Säbener Straße über 90 Minuten in eigentlich allen Belangen überlegen. Insbesondere taktisch – auf vielen Positionen aber auch spielerisch individuell. Zur Halbzeit musste man als Beobachter froh sein, dass es nur 0:1 aus Sicht der Amateure stand. Bei einem Endstand von 0:4 kam man gut weg – auch weil die Gäste zur Pause ihre Reihen ordentlich durchrotierten, weniger Pressing spielten und lauerten statt etwas zu erzwingen. Auf Seite der Roten konnte man bis auf 2-3 Aktionen kaum etwas entgegensetzen und musste sich geschlagen geben. Martin Rasner verwandelte in der 38. Minute eine Flanke an die rechte Torseite entgegen Ivan Lucics Laufrichtung zur Führung. In der zweiten Spielhälfte zogen sich die Gäste etwas zurück und lauerten auf Konter und die Möglichkeit zu gefährlichen Pässen in die Spitze. In der 67. Minute konterte Liefering klassisch, Ivan Lucic war zwar mit den Händen noch dran, konnte aber das Tor durch Nikola Dovedan nicht verhindern. Kurz darauf erneut Lucic im Fokus, der im Vollsprint aus seinem Strafraum herausstürmte, auf der linken Defensivseite klären will, aber nicht an den Ball kommt und so das Tor durch Raphael Dwamena (70.) nicht verhinderte. In Spielminute 77. erhöhte Mathias Honsak zum 4:0 Endstand.
Der Blick auf die Aufstellungsgrafik zeigt viele neuen Gesichter im Trikot der Bayern Amateure. Ein weiteres Zeichen dafür war wohl Gerrit Wegkamp, Neuzugang aus Düsseldorf, der in der zweiten Halbzeit die Kapitänsbinde trug.
An dieser Stelle folgt ein kurzer Blick auf die Partie gestern und einige »Besonderheiten« im Spiel gegen Liefering. Die erwähnte Überlegenheit der Gäste entstand durch wesentlich besser eingespielte Abläufe und Bewegungen. Sowohl beim Vorstoßen in Räume beim Offensivspiel, als auch beim Stören der Vorwärtsbewegung der Bayern Amateure. Liefering presste mit hohem Aufwand – selten aber mit Foulspielen – ab Höhe des Mittelkreises auf den ballführenden Spieler und seine umliegenden Anspielstationen. Dadurch trafen sie die Amateure an der Stelle, an der es ihnen besonders weh tat und wo durch wenig Eingespieltheit Ballverluste erzwungen werden konnten. In der jüngeren Vergangenheit war die Jugendmannschaft des FC Bayern selten einer so konsequenten Störung ausgesetzt. Das Spielniveau in der Regionalliga Bayern gilt nicht als »höchste Kunst«. Meist »kommt« eine gegnerische Mannschaft über Teamgeist oder ihre körperliche Überlegenheit (größere, kräftigere Spieler) in die Partie und vor das Tor. Liefering löste das in den meisten Fällen spielerisch und attackierte mit drei Mann. Dadurch gelang besonders in der ersten Halbzeit fast kein Spielaufbau durch die Zentrale und selten eine Verlagerung auf die Außenbahnen. Auch dort wurde Sieghart und Weihrauch bzw. später Koussou über rechts von zwei bis drei Gegenspielern gestellt, die sie nicht überwinden konnten, wodurch ein Rückpass erzwungen wurde und die Attacke auf die Zentrale erneut begann. Die Bayern Amateure konnten sich selten gegen das Pressing behaupten, verloren den Ball und mussten dann den schnellen Pass in die Spitze mit den Innenverteidigern verhindern.
Liefering war ein hervorragender Test gegen eine technisch starke und sich als Mannschaft auf dem Platz gut bewegende Mannschaft. Sie zeigten den Bayern Amateuren ihre derzeit bestehenden Grenzen im Aufbauspiel auf und dienen sicherlich in den kommenden Wochen für den Anschauungsunterricht. Die Niederlage war ein bitterer Moment in der Saisonvorbereitung, sollte aber nicht jegliche Zuversicht rauben, denn selten präsentierte sich eine Mannschaft in der Regionalliga Bayern ähnlich gut eingestellt und stark aufspielend. Einen so starken Gegner sehen wir nicht jede Spielwoche.
Das Spiel der Bayern Amateure – Zentral aufbauen, über Außen vorstoßen
Wir möchten diesen Bericht vom Testspiel und den Ausblick auf die nächste Saison direkt nutzen, um einige grundlegende Spielcharakteristiken aufzuzeigen, die wir mit Sicherheit auch in Zukunft wieder sehen werden. In der Vergangenheit gab es dazu einige Fragen von Lesern.
Am Ende des Tages wird sich Erik ten Hag und die Mannschaft daran messen müssen, bis wann sie ein ähnliches Spielniveau wie die letzte Truppe erreicht. Die Saison 2014/15 könnte sich dabei invers zur vorherigen verhalten, wo man einen hervorragenden Start hinlegte, zur Winterpause Schwächen zeigte und sich dann im Frühjahr wieder fangen konnte. Derzeit ist eher davon auszugehen, dass man bis zum Winter an vielen Grundlagen und der Taktik arbeiten muss, damit das Team eine ähnliche Ruhe und Souveränität in den Spielaufbau und das Spiel selbst bekommt. Wer von einem erneuten Durchmarsch bis zur Aufstiegsrelegation ausgeht wird höchstwahrscheinlich enttäuscht werden. Beim stattfindenden Umbruch und den vielen neuen Gesichtern im Team wäre das aber auch zu viel verlangt.
Seit der Saison 2013/14 spielen die Bayern Amateure auch im von den Profis eingesetzten 4-1-4-1 (früher 4-2-3-1) mit einem im Spielaufbau zwischen die Innenverteidiger zurückfallenden Sechser, hoch stehenden Außenverteidigern und Kombinationen, die fast immer über vom Sechser über die Achter eingeleitet werden. Mit ihren Fähigkeiten entscheidet sich auch meistens der Erfolg – Schöpf spielte dies in der Vergangenheit sehr souverän. Wie in der Grafik beispielhaft dargestellt kommt der Ball entweder direkt auf den Außenverteidiger, der dann Fahrt nach vorn aufnimmt oder die erste gegnerische Reihe mit einer Kombination mit der Mitte überspielt oder den Links- bzw. Rechtsaußen schickt und sich seinerseits dahinter positioniert. Es bietet sich natürlich auch ein direktes Zuspiel vom Sechser auf die schnellen Spieler auf den Außenseiten der Viererkette im Mittelfeld an. Der zweite Achter und der Stürmer, welcher sich dann oft auf einer Höhe mit ihm befindet, dienen als Anspielstation in der Mitte, während die Außenverteidiger entweder überlaufen und in Richtung Strafraum preschen oder als sichere Rückspielstation gelten. Wenn sich ein Angriff »festfährt« wird auf den schnellen Mittelfeldaußen auf der gegenüberliegenden Spielfeldseite verlagert. Gelegentlich mit einem langen Ball, häufiger über einen Rückpass und erneutem Aufbau über den defensiven Mittelfeldspieler. In der Vergangenheit standen für diese Aufgaben Vladimir Rankovic (RA) mit Benno Schmitz (RV), Ylli Sallahi oder Julian Green (LA) mit Dennis Chessa (LV) und zentral Schöpf (und Højbjerg) zur Verfügung. Die Außenbahnen waren schon beim letzten Saisonstart mit Erfahrung ausgestattet und kombinierten mit ihren Hinterleuten sehr souverän. Dieser Bonus des Zusammenspiels wird nun erst einmal fehlen, da Steinhart und Paul ihre Vorderleute nur im Training kennenlernten. Sieghart zeigte als LA eine gute erste Halbzeit und gehörte dort sogar zu den Besseren. Einige Male konnte er sich gut gegen zwei bis drei attackierende Gegenspieler durchsetzen, während Patrick Weihrauch auf der rechten Seite wenig Erfolg hatte und noch vor dem Pausenpfiff ausgewechselt wurde. Für ihn kam Neuzugang Kodjovi Koussou, der im Zusammenspiel mit Herbert Paul gute Ansätze zeigte und scheinbar viel Athletik mitbringt. Weihrauch muss den Konkurrenzkampf mit Koussou annehmen, sonst sitzt er wohl erneut auf der Bank und wird, wie vor einem Jahr durch Rankovic, erneut verdrängt.
Bastian Fischer und Gerrit Wegkamp, erster mit 21 Einsätzen bei den Bayern Amateuren in der vergangenen Saison und letzterer als Neuzugang, übernahmen die kritische Position der Achter, wobei sich Wegkamp, seines Zeichens großgewachsener Stürmer, etwas weiter nach vorn orientierte und Verbindung mit dem echten Stürmer Tobias Schweinsteiger herstellen wollte. Entscheidend wird sein, ob das Mittelfelddreieck Oikonomou-Fischer-Wegkamp bzw. einfacher 6er-8er-8er in Zukunft wieder gut funktionieren wird. Derzeit fehlt die Souveränität von Rico Strieder (Verletzung am Hüftgelenk) und Oikonomou übernimmt den Part des Sechser. Es bleibt zu hoffen, dass Strieder als Stütze der Mannschaft bald zurückkehren kann und Fischer mit Oikonomou den offensiven Kreativteil übernimmt. Besonders Oikonomou konnte in der Endphase der Saison 2013/14 erste Akzente bei den Bayern Amateuren setzen und sich für eine Achterposition empfehlen. Wegkamp und Schweinsteiger sind Stürmertypen für die Spitze – dahinter haben sich bisher kleinere und technisch stärkere Spiele bewährt. Das Spiel befeuern wird ebenfalls die Rückkehr von Ylli Sallahi, der am Samstagnachmittag verletzt zuschaute, und gegebenenfalls Julian Green, wobei dessen Zukunft nach der Weltmeisterschaft für die USA noch etwas offen ist. Der FC Bayern bemüht sich ebenfalls weiterhin um Sinan Kurt. Neuigkeiten gibt es dazu aber weiterhin nicht zu vermelden. Sallahi wird wohl wieder als LA statt LV agieren und von dort wohl nur durch eine Verpflichtung von Sinan Kurt verdrängt werden. Spannend wäre es aber auch, wenn Ylli Sallahi in die Fußstapfen von Alessandro Schöpf in der Zentrale treten kann. Dort würde seine gute Geschwindigkeit mit und ohne Ball zwar nicht so deutlich zu tragen kommen wie auf einer Außenbahn, seine Passgenauigkeit aber wichtig und der präzise Distanzschuss eine Waffe sein.
Es wird spannend sein, ob sich mit der neuen Mannschaft die taktischen Muster der Vergangenheit erneut einstellen oder Erik ten Hag Anpassungen an die Spieler vornehmen wird. Am System 4-1-4-1 und der Bedeutung des souveränen Sechsers und der offensivleitenden Achter wird sich vermutlich nichts ändern. An diesen Positionen müssen Spieler in ihre Rolle hineinwachsen und frühzeitig »Verbindung« mit ihren Nebenleuten aufnehmen. Im Test gegen Liefering fehlte dies über 90 Minuten fast vollständig. Außerdem wird die Bedeutung der Außenverteidiger hoch bleiben. Sie müssen zeigen (oder lernen) die richtigen Entscheidungen zu treffen, wann Offensivunterstützung oder Absicherung notwendig wird und mit ihren Vordermännern zusammenfinden. Eine ebenso schwierige wie spannende Situation für die Bayern Amateure und ihre Fans.
Was erwartet die Amateurefans nun in der Saison 2014/15?
Ein Ausblick auf die am nächsten Freitag startende Regionalligasaison gestaltet sich weiterhin schwierig und beruht auf einer erster Testspielbeobachtung, dem Blick auf Neuzugänge und einigen Einschätzungen über diese. Klar ist aber schon jetzt, dass der Umbruch nicht mit einigen Neuverpflichtungen getan ist, sondern die größte Aufgabe für das Trainerteam in der zu bildenden Mannschaft als Gemeinschaft und taktisch agierender Verbund liegt. Die meisten Jungs in den Reihen der Bayern Amateure werden dem Großteil der Gegenspieler in der Regionalliga Bayern technisch überlegen sein – das allein verspricht aber keinen Erfolg. Viel wichtiger hat sich in der Vergangenheit die Leistung als Mannschaft erwiesen, um Fehler Einzelner – wir befinden uns schließlich im Jugendbereich, da kommen Fehler häufiger vor – auszugleichen und als Kollektiv nach vorn und hinten zu arbeiten. Dazu gilt es wieder neue Stützen für die Mannschaft zu finden. Tobias Schweinsteiger und Rico Strieder sind als erfahrene Führungspersönlichkeiten noch da und müssen die erneut junge Truppe (⌀ 21,4 Jahre) stützen. Weitere »Talente« können sich in eine solche Rolle hineinarbeiten.
Wie am Anfang dieses Artikels angesprochen könnte die Saison ein Spiegelbeld der letzten sein und holprig statt souverän beginnen. Bis zum Winter müssen Automatismen sitzen, Bewegungsabläufe eingespielt sein und das Verständnis auf (und neben) dem Platz funktionieren. Die schwierigen Spiele im August (Derby, Augsburg, Ingolstadt und Illertissen) könnten zur Bewährungsprobe für das Team werden und sind definitiv eine Standortbestimmung für den weiteren Saisonverlauf. Setzt man sich durch, steht die Tür zur obersten Tabellenhälfte weit offen. Bei Niederlagen besteht die Gefahr direkt abzurutschen, wodurch man sich mühsam wieder nach oben kämpfen müsste.
Nach der grandiosen Saison mit dem bitteren Finale im Aufstiegsspiel wäre mit Blick auf den Umbruch und die bevorstehenden Aufgaben ein Saisonende im oberen Tabellenfeld (Top 5) eine hervorragende Leistung. In den kommenden Monaten warten sicher jede Menge Trainingseinheiten und intensive Spielwochen auf die Bayern Amateure. Wir freuen uns darauf, dass es endlich wieder losgeht und begleiten unsere Roten natürlich auch in der nächsten Saison intensiv und kritisch für Miasanrot.