»Landauer – Der Präsident« – Rezension zur Premiere auf dem Filmfest München

Felix Trenner 03.07.2014

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Der im Titel angesprochene Kurt Landauer, im Film gespielt von Josef Bierbichler, war als Vereinspräsident eine der prägendsten Figuren in der Geschichte des FC Bayern München, die durch den Einsatz der Bayernfanszene, u.a. vom Club Nr. 12 und der Schickeria München, wieder ins kollektive Gedächtnis des Vereins gerufen wurde. Und der Untertitel „Der Mann, der Den FC Bayern erfand“ ist dabei mitnichten übertrieben. Dieser Spielfilm und auch die vom BR in Auftrage gegebene Dokumentation, die vermutlich zeitnah mit dem Film ausgestrahlt wird, werden hoffentlich einer noch breiteren Öffentlichkeit die beeindruckende Person Kurt Landauer nahebringen. Dass sich das Spielfilmformat hier nicht notwendigerweise der kompletten historischen Korrektheit verpflichtet fühlt und sich ob der Dramturgie die eine oder andere künstlerische Freiheit nimmt, sollte an dieser Stelle einem jeden auch bewusst sein. Wen die historischen Fakten interessieren, dem sei als Ausgangpunkt das Buch „Der FC Bayern und seine Juden“ von Dietrich Schulze-Marmeling, Verlag „Die Werkstatt“, Göttingen, 2011) empfohlen. Trotzdem gelingt der Spagat zwischen Unterhaltung und Dokumentation dieser Zeit eigentlich ganz gut. „Landauer – Der Präsident“ schafft es anhand eingearbeiteter historischer Schwarzweißaufnahmen, die auch in HD-Auflösung schön restauriert sind und in die in manchen Szenen auch Bierbichler als Landauer mit hineingeschnitten ist, die Trostlosigkeit des Nachkriegsmünchens zu vermitteln.

Aber die Handlung des Films beginnt im Vorspann zuallererst einmal mit der ersten deutschen Meisterschaft der Vereinsgeschichte im Jahre 1932, die während der dritten Amtszeit von Kurt Landauer errungen wurde. Danach springen wir ins Jahr 1947, in dem Kurt Landauer an der Seite seines jüdischen Freundes Klauber aus dem Genfer Exil nach München zurückkehrt, um sich dort sein Visum für die Emigration nach New York zu ausstellen zu lassen. Er findet seine Heimatstadt und „seinen“ FC Bayern München in Trümmern vor, kann jedoch zumindest Bruchstücke seines alten Lebens wiederfinden, z.B. seine alte Liebe Maria (Jeanette Hain) und die verlassene, aber weitgehend intakte Wohnung der Landauers, die er für seine Wartezeit einstweilig wieder bezieht. Landauers Liebe zu Maria flammt ebenso wieder auf wie die zum FC Bayern München, um dessen Wohl er sich während seiner Wartezeit kümmern will und wohl auch muss, denn wie er schon in der schönen Choreographie der Südkurve München beim Spiel gegen Eintracht Frankfurt am 2. Februar 2014 zitiert wurde: „Der FC Bayern und ich gehören nun einmal zusammen und sind untrennbar voneinander.“ Aus dieser Konstellation entspinnen sich nun im Drehbuch von Dirk Kämper diverse Dramen und Konflikte um die Interessen des Vereins und des Menschen Landauer, die sich während des auf einige wenige Wochen bzw. Monate im Jahr 1947 beschränkten Films austragen. Aber es gibt auch viele leichte Momente, gerade in den herrlich ausgetragenen Streitereien und Frotzeleien zwischen Landauer und dem 1860-Präsidenten Radschuweit (Eisi Gulp). Landauer bemüht sich um den Wiederaufbau des Fußballs in München und auch in Deutschland, da er der Meinung ist, dass es auch in der schweren Nachkriegszeit nicht ohne gehen kann, während die amerikanischen Besatzer den Sportvereinen grundsätzlich ablehnend gegenüberstehen, da sie vermuten, dass diese eine Brutstätte der nationalsozialistischen Gesinnung waren und wieder sein werden. Damit, dass es ihm schlussendlich gelingt und er doch nicht nach New York emigriert, nehme ich natürlich aus heutiger Sicht nicht viel vorweg.

Es ist dem Film auch zugutezuhalten, dass er zumindest versucht, die mannigfaltigen Konflikte der Nachkriegszeit mit einzuflechten. Die nationalsozialistische Gesinnung und der immer noch schwelende Antisemitismus, die vielerorts nur knapp unter der Oberfläche versteckt sind und u.a. auch in der Figur des zunächst abwesenden Kriegsheimkehrers ihr Gesicht zeigen. Die zurückgebliebenen und auf sich alleine gestellten Frauen, die nun ihre Kinder und Verwandten durchbringen müssen, im Film exemplarisch in der Figur der Buchhalterin Inge (Andrea Wenzl). Und es schwebt über allem auch die Frage, die sich Landauer im Film immer wieder stellt, was denn die Überlebenden während des Kriegs nun wirklich getrieben haben, ob sie mit den Nazis kollaboriert haben, z.B. der damalige Bayerntrainer und Kapitän der Meistermannschaft von 1932, Conny Heidkamp (Andreas Lust), der dem Verein auch während der Kriegsjahre treu war und nicht an der Front Dienst tun musste.

Der große urbayrische Schauspieler Josef Bierbichler liefert als Kurt Landauer im Zentrum des Films eine gewohnt starke Leistung ab. Er schafft es, die Zerrissenheit zwischen dem Schmerz, den Landauer in sich trägt, und der Liebe Landauers zu seiner Stadt und ihrer Menschen und ihrem herausragenden Verein, mit wenigen prägnanten Gesten darzustellen. Er stellt Landauer als einen Macher dar, dessen Antrieb auch Moral und Menschlichkeit sind und der sich trotz seines ausgeprägten Selbstbewusstseins auch mit Zweifeln und zuweilen etwas Unbeherrschtheit plagt. Und er schafft es, ihn als echten Münchner zu verankern. Dabei wird er unterstützt von einer Riege von guten Schauspielern in den weiteren Rollen. Hervorzuheben sind dabei natürlich die starken Frauenfiguren von Jeanette Hain als seine Landauers geliebte Maria und Andrea Wenzl als Inge. Ebenso gelingt es u.a. Herbert Knaup als Landauers langjährigen Weggefährten Siggi Hermann und Eisi Gulp als Radschuweit, dem Löwenpräsidenten, sowie Harry Täschner als Oberbürgermeister Karl Scharnagl das nötige und nicht übertrieben oder albern wirkende weitere Münchner Lokalkolorit hinzuzufügen.

Wie oben bereits angedeutet, finde ich, dass den Machern des Films gelungen ist, durch die Lebhaftigkeit der Farbbilder dem Zuschauer eine Unmittelbarkeit zu vermitteln, um diesen dann schwarzweißen Dokumentarbildern auch die Ausnahmesituation der Nachkriegszeit noch näher zu bringen. Was mich ein bisschen gestört hat, war leider, dass die Filmmusik oft zu plakativ emotional untermalend war, aber das ist wohl dem Format des Fernsehfilms geschuldet und soll an dem positiven Gesamtbild nichts ändern.

Cast nach Kurt Landauer Premiere FFMUC

Den Applaus des Premierenpublikums hatte sich das Team um Regisseur Hans Steinbichler und Produzent Michael Souvignier mitsamt der am zahlreich auf der Premiere erschienenen Darsteller redlich verdient. Es war auch schön, dass Uri Siegel, der Neffe Kurt Landauers, der Premiere beiwohnen konnte, wie auch der FC Bayern München selber gut vertreten war, allen voran die ehemaligen Präsidenten Willi O. Hoffmann und Prof. Dr. Fritz Scherer. Nach dem Schlussapplaus ging es noch mit zwei Bayernbussen, u.a. auch für den Autor dieser Zeilen, auf die Premierenparty im Paulaner am Nockherberg, wo bei bayrischen Schmankerln und Bier oder Rot- bzw. Weißwein der Abend mit angeregten Gesprächen schön abgerundet wurde.

Schlussendlich kann ich jedem Bayernfan eigentlich nur wärmstens ans Herz legen, die Ausstrahlung dieses gelungenem Spielfilms nicht zu verpassen und sich selber ein Bild zu machen. Meine eigenen nicht unbeträchtlichen Erwartungen wurden mehr als erfüllt und es waren kurzweilige knapp 90 Minuten.

„Landauer – Der Präsident“ (Deutschland 2014, Laufzeit: 89 Minuten, Regie: Hans Steinbichler, Darsteller: Josef Bierbichler, Jeanette Hain, Herbert Knaup, Eisi Gulp, Andrea Wenzl u.v.a.). Weitere Informationen und Hintergründe zum Film gibt es auf www.kurtlandauer.de.

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