Hiroki Itō beim FC Bayern: Pavard reloaded oder zurück in die 2000er?

Georg Trenner 15.06.2024

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2009 kam Mario Gómez, 2015 kamen Sven Ulreich und Joshua Kimmich, und 2019 wechselte Benjamin Pavard vom VfB Stuttgart zum FC Bayern. Mit Transfers aus der württembergischen in die bayerische Landeshauptstadt machte der FC Bayern in den letzten 15 Jahren nichts falsch. Hiroki Itō könnte sich zu den guten Transfers einreihen.

Itō wird dann ein guter Transfer, wenn er als Spieler für die Kaderbreite und taktische Optionen eingeplant wird – und diese Rolle ausfüllt oder aus dieser Rolle heraus einen Stammplatz erobert. Planen Eberl und Freund ihn als Stammkraft ein, würde der Transfer Fragen zur Transferstrategie des FC Bayern aufwerfen.

Hiroki Itō wechselt zum FC Bayern

Bei der Vorstellung des neuen Trainers Vincent Kompany hatte Max Eberl angekündigt, bei einigen Transferplänen schon weiter zu sein, als es in der Öffentlichkeit bekannt sei. Einen Tag vor der Europameisterschaft meldete er Vollzug.

Für 23 Millionen Euro Sockelablöse wechselt Hiroki Itō zum FC Bayern. Durch erfolgsabhängige Boni können bis zu fünf Millionen Euro dazu kommen, berichtet der kicker.

Hiroki Itō kam im Sommer 2021 als Leihspieler aus Japan zum VfB Stuttgart und wurde ein Jahr später für 400.000 Euro fest verpflichtet. In drei Jahren absolvierte er für den VfB 97 Spiele, meist in der Innenverteidigung. Vor allem in der abgelaufenen Saison kam er auch regelmäßig als Linksverteidiger zum Einsatz. 

Er überzeugt als konstanter, zuverlässiger und passsicherer Spieler. In der abgelaufenen Saison fanden laut Whoscored 89% seiner Pässe ihr Ziel. Ein guter Wert, kein überragender: Matthijs de Ligt (94%), Dayot Upamecano, Kim Min-Jae (beide 93%) und Eric Dier (92%) kamen auf höhere Passquoten. 

Mit 6,6 erfolgreichen Defensivaktionen pro Bundesligaspiel lag Itō auf Augenhöhe mit Dier (6,8), Upamecano (6,6) und de Ligt (6,5). Kim überragte hier seine Konkurrenten mit durchschnittlich 8,4 erfolgreichen Defensivaktionen. 

Passquoten und Defensivaktionen sind nicht nur ein Zeichen von Qualität, sondern in erster Linie stilistische Beschreibung: Wer spielt riskantere Pässe? Welcher Spieler, welches Team verteidigt eher passiv, wer eher aktiv als Balljäger? 

Geräuschlose Abwicklung des Wechsels sticht heraus

Bayerns Sportvorstand Max Eberl äußerte sich zu den zahlreichen Gerüchten zuletzt um die Trainersuche dahingehend, dass der FC Bayern Transfers heutzutage kaum noch im Geheimen abwickeln könne. Zu viele Parteien sind involviert, und viele von ihnen haben ein Interesse daran, Gerüchte zu streuen. 

Auch der FC Bayern selbst ist Teil dieses Medienkarussells. Der Club ist ein Medienprodukt. Er wirbt bei seinen Sponsoren mit Reichweite und der Strahlkraft der Marke FC Bayern. Fast jeder Artikel, jeder Klick zahlt darauf ein. 

Umso bemerkenswerter ist es, wenn ein Transfer bis kurz vor Schluss an Sky, Springer und Co. vorbei abgewickelt werden kann. Dies ist Eberl mit dem Transfer von Itō gelungen. Erst einen Tag vor der Unterschrift veröffentlichte Sportbild das Gerücht.

Sportlicher Ausblick: Itōs Rolle beim FC Bayern

Itō als Versicherung für Eberl

Im ersten Schritt ist Itō eine doppelte Versicherung für Max Eberl: eine Versicherung, falls Alphonso Davies den FC Bayern verlässt und Nachfolgekandidat Theo Hernández nicht kommt. Oder falls der geplante Wechsel von Jonathan Tah zum FC Bayern im Sommer 2024 noch nicht klappt. 

Alleine dadurch beschert er dem Sportvorstand ruhigere Nächte im Transfersommer und eine gestärkte Position für die anstehenden Verhandlungsrunden mit anderen Spielern, Beratern und Vereinen.

Von diesen anstehenden Transferentscheidungen wird letztlich auch abhängen, wie der Transfer von Itō insgesamt zu bewerten sein wird. 

Einordnung und Rolle in der Hierarchie entscheidend für die Bewertung

Glaubt man den Gerüchten, steht fast die komplette Abwehr des FC Bayern zum Verkauf. Der FC Bayern soll darüber nachdenken, Davies, de Ligt, Upamecano, Mazraoui und Kimmich abzugeben, wenn der Preis passt. Es wäre mehr als eine komplette Viererkette. 

Demgegenüber steht die Rückkehr von Josip Stanišić, das verbürgte Interesse an Jonathan Tah und immer wieder Gerüchte über Theo Hernández als Nachfolger von Alphonso Davies. 

Der Umbruch in der Bayern-Defensive könnte groß ausfallen. Wenn er so groß ausfällt, dass es Itō am Ende in die designierte Wunschelf spült, dann hätte Eberl sich verpokert. Bei allem Talent, Itō ist nicht der Spieler, mit dem der FC Bayern als Stammkraft planen sollte, um an die Bundesligaspitze zurückzukehren. 

Dann würde sich der Transfer von Itō sich am Ende des Transferfensters in die Kategorie von Transfers wie van Buyten, Altintop, Kovač oder Borowski einreihen. Es wäre die Kategorie Transfer, die schreit: willkommen zurück in den 2000ern! 

Bleiben aber aktuelle oder kommen neue designierte Stammspieler und Itō reiht sich als Rollenspieler in den Kader ein, der zunächst in keiner Wunschelf steht, weil dort renommierte Spieler wie Davies und de Ligt thronen, dann hat Eberl alles richtig gemacht.

Itō hätte zu Beginn seiner Zeit beim FC Bayern eine Rolle inne wie zuletzt Konrad Laimer und vor diesem einst Benjamin Pavard. Er wäre ein flexibler Kaderspieler. Der volle Kalender wird ihm Chancen bieten. Itō wird es dann selbst in der Hand haben, diese zu nutzen.

Itō Teil einer sehr flexiblen und vielseitigen Abwehrkette

Itōs vielleicht größtes Plus für den FC Bayern liegt in seiner Flexibilität. Er ist ein Ergänzungsspieler als Links- und Innenverteidiger. Und als solcher Hybridspieler ein idealer Kandidat für die halblinke Position in einer Dreierkette. 

Er erhöht nicht nur die personelle Auswahl, sondern gibt Trainer Vincent Kompany eine Fülle an neuen taktischen Optionen.

Unter Nagelsmann spielte der FC Bayern oft mit einer asymmetrischen Viererkette: Davies über links spielte deutlich offensiver als Pavard als Rechtsverteidiger. Teils war die Asymmetrie so groß, dass die Viererkette zur pendelnden Dreierkette wurde. Davies blieb offensiv, Pavard und die beiden Innenverteidiger bildeten eine Dreierkette. 

Mit Itō als Linksverteidiger in der gespiegelten Pavard-Rolle und zum Beispiel einem offensiven Kimmich als Rechtsverteidiger könnte Kompany diese Ausrichtung auf der anderen Seite wiederholen. 

Oder Davies bleibt als offensiver Linksverteidiger – und Itō als linksfüßiger Innenverteidiger sichert die Außenbahn für ihn ab, wenn er nach vorne schiebt. 

Mit Stanišić wird ein ähnlicher Spielertyp als Gegenstück auf der rechten Seite im Kader stehen. Zwei defensive Außenverteidiger, zwei offensive Außenverteidiger, offensiver Links- und defensiver Rechtsverteidiger, offensiver Rechts- und defensiver Linksverteidiger, pendelnde Dreier- oder Viererketten: Für den neuen Trainer Vincent Kompany ergeben sich eine Fülle taktischer Optionen.

Mit den richtigen Spielern vor sich können Itō und Stanišić in dem Kontext wertvolle Rollenspieler für den FC Bayern werden. Rollenspieler, die der FC Bayern brauchen wird. Sollten Itō und Stanišić die erste Reihe bilden, könnte der Weg zurück an die nationale und internationale Spitze hingegen ein dorniger werden.

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