Hannover 96 – Immer gern Zuhause

Jan Trenner 25.11.2012

Meine Gefühle vor dem Spiel waren sehr gemischt. Im Hinterkopf schwebte noch die Partie beim Club und auch die schwierige Auswärtsreise nach Valencia. Das 1:1 Unentschieden war dabei nicht einmal der Ursprung meiner Sorgen, sondern das müde Auftreten und die mangelnde Kreativität. Soll das wirklich nur an Reisestrapazen und dem brutalen Gegnern gelegen haben? War das einfach nicht unser Abend? Brauchen wir vielleicht ab und zu einen Dämpfer und erlauben uns den zur Zeit einfach bei unkritischen Spielen? Ich weiß es nicht und dementsprechend verwirrt war meine Gefühlslage noch in der U-Bahn und beim Gang über die Esplanade.

Wir stiegen, noch im Gespräch über unsere Erwartungen, die lange Treppe in den Oberrang hinauf und redeten uns gegenseitig etwas Mut zu. »Heute kommt eine Trotzreaktion«, »Hannover liegt uns, denk an das 7:0«, »Das sind Techniker & keine brutalen Gegner« und ich stellte kurz vor Anpfiff noch eine wagemutige These auf: »Heute macht Martínez sein erstes Tor. Mit dem Kopf!«. So weit hergeholt war das – am Tag danach betrachtet – überhaupt nicht und auch die Vermutung meines Begleiters »bis zur 3. Minute fällt unser Tor« war fast richtig. Hätte ich gestern mit Sportwetten angefangen, wäre mein Kontostand heute um einiges höher. So freuten wir uns wie Schneekönige auf unseren Plätzen hinter den TV-Kommentatoren. Einige Punkte zum Spiel möchte ich gern teilen.

Allianz Arena TV Kommentatoren

Besonders gefreut haben mich die beiden Debüttreffer für Dante und Martínez. Ersterer schien trotz einiger Chancen noch etwas »Ladehemmung« gehabt zu haben und hat diese gestern hoffentlich abgelegt. Seine Rolle in der Innenverteidigung spielt er mit Bravour und besonders wichtig: mit dem nötigen Selbstbewusstsein eines Bayernprofis.
Inzwischen dürfte es allen Lesern aufgefallen sein wie sehr ich unseren spanischen 40 Millionen Mann bewundere. Seinen Einstieg in die bayrische Torschützenliste mit einem Fallrückzieher zu feiern ist nur gerecht, aber für mich war er nicht deswegen bester Spieler auf dem Platz. 44 von 46 (96%) Pässe erfolgreich gespielt, 17 gewonnene Zweikämpfe und zweitbeste Laufleistung (10.71km) zeigen wie aktiv er war. Dabei sind es nicht nur die Szenen mit Ball, in denen er stark aufspielte, sondern die vielen guten Bewegungen um Räume zu besetzen und Lücken zu schließen. Oft störte er Angriffe der Hannoveraner früh und entschärfte damit Situationen bevor überhaupt Gefahr entstehen konnte. Er behauptete und gewann Bälle im Mittelfeld und räumte das ein oder andere Mal gut ab. Die Dreiergruppe Dante – Badstuber – Martínez sorgen für genug Sicherheit um Alaba und Lahm oft nach Vorn Freiraum zu schaffen. Schweinsteiger und Kroos bekamen Ruhe und die Außenbahnen Platz. Das Zusammenspiel wirkte perfekt und aufgrund des Spielstandes und unserer Plätze konnte ich in Ruhe einige taktische Bewegungen beobachten. Spielverlagerung beschreibt das wie immer sehr gut und ausführlich. An die exemplarisch aufgeführte Szene im Schaubild kann ich mich noch sehr gut erinnern.

Trotz direkten Drucks von Hannovers Doppelspitze auf die beiden bayerischen Innenverteidiger mussten diese ihren Torhüter nur zu 15 Pässen einbinden – ein klares Zeichen dafür, dass die Bayern gegen den eigentlich intendierten Druck souverän wirkten: Schweinsteiger, Martínez und teilweise auch Kroos liefen sich zwischen den drei Reihen der Hannoveraner immer wieder gut frei und konnten in diesen Räumen die Bälle erhalten und weiterspielen.

Als finale Einschätzung unserer Hintermannschaft muss ich einfach Breitnigge zitieren. Er hat die Sache wieder einmal auf den Punkt gebracht.

Javier Martinez lieferte, wie gesagt, für mich sein bestes Spiel im Bayern-Trikot ab.

Die Viererkette ließ kaum gefährliche Aktionen des Gegners zu. Besonders stark: Dante und Alaba. Solide: Lahm. Erneut noch nicht in alter IV-Form: Badstuber (leider).

Unsere Offensivkräfte gefielen mir besonders aufgrund des Zusammenspiels mit ihren Hinter- oder Nebenpartnern. Ich konnte keine Abhängigkeit von Ribery sehen, weil Lahm und Müller gut agierten und sich gegenseitig freie Räume schaffen konnten. Alaba und Ribery sorgten auf Links für Wirbel, Mandzukic war defensiv sehr stark und Toni Kroos verdient mit einem Seitfallziehertor und zwei Assists einfach nur ein großes Lob. Lässt er nun noch seinen Durch-die-Haare-streichen Reflex bleiben, bin ich wirklich zufrieden! Beim Kommentar zu Mario Gomez halte ich es wie der Bayernblog: großartig, einfach ein Torjäger. Hoffentlich findet er schnell und dauerhaft zu seiner Topform.

Was bleibt nun?

Erneut erlebte ich einen grandiosen Nachmittag mit dem FC Bayern im Spiel gegen Hannover 96. Wir zeigten eine gute Reaktion und die zuletzt fehlende Kreativität. Außerdem feierten wir zwei Debütanten. Nun ist es wichtig das Topspiel gegen Dortmund so weit aus dem Kopf zu bekommen, dass man sich auf 3 Punkte in Freiburg konzentrieren kann. Die Phrase »von Spiel zu Spiel denken« war in dieser Saison noch nie so wichtig wie in der kommenden Woche.

So wie gegen Hannover darf es gern weitergehen. Die Fans stimmten gestern Nachmittag schon ein »Deutscher Meister wird nur der FCB an«. Ich möchte das gern am letzten Spieltag singen, auf geht’s!

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