2:2! Bayern verschenkt Sieg in Dortmund in letzter Sekunde
Falls Ihr es verpasst habt
Die Aufstellung
Julian Nagelsmann überraschte mit keiner einzigen Personalie, stellte exakt so auf, wie man es ohne Thomas Müller und Joshua Kimmich, der wenigstens auf der Bank saß, erwarten konnte. Das bedeutete Mazraoui und Gravenberch wichen wieder auf die Bank und erstmals diese Saison starteten Sabitzer und Goretzka gemeinsam. Vorne stürmte der gegen Pilsen sich wieder stärker präsentierte Serge Gnabry.
Die Aufstellung des BVB war da schon überraschender. Hummels war nach Erkrankung wieder fit und die Frage, ob Schlotterbeck oder Süle nehmen ihm spielen würde, beantwortete Terzic mit beide.
1. Halbzeit
Direkt zu Beginn gab es zwei gelbe Karten für Bayern-Spieler. War die gegen Marcel Sabitzer noch berechtigt, wirkte die Verwarnung de Ligts doch reichlich überzogen. Deniz Aytekin wollte offenbar direkt Punkte setzen. Es entwickelte sich ein Kampfspiel ohne Torchancen. Wenn überhaupt, war man nur theoretisch gefährlich. Zweimal versandete eine ansprechender Gegenstoß in einem Fehlpass Sanés.
Etwas überraschend entstand dann die Führung direkt aus dem ersten Torabschluss. Mané zog stringent in großen Schritten in den Strafraum, legte ab auf Musiala, der sich erst etwas verhaspelte, dann jedoch überlegt diagonal zurück auf Goretzka kam. Dessen verdeckter Flachschuss einschlug, der Ball schien haltbar, doch beim BVB spielte immerhin nur der Ersatztorwart (33.).
Was für ein Faktor der Torwart sein kann, zeigte sich gut zwei Minuten später auf der anderen Seite, als Moukoko frei an Neuer scheiterte.
Mit einem Foul von Bellingham an Davies ging es in die Kabine. Für den Bayern-Spieler ging es nicht mehr weiter, er wurde zur zweiten Halbzeit von Stanišić ersetzt.
2. Halbzeit
Bei diesem Wechsel blieb es aber nicht. Es kamen ebenfalls Kimmich und Coman für Sabitzer und Gnabry. Beim BVB kam Wolf für Hummels.
In der 53. Minute ging der FC Bayern mit 2:0 in Führung. Die Dortmunder kamen im Halbfeld schlecht ins Pressing und Musiala gelang es, einen Ball auf Sané durchzustecken. Dieser zögerte nicht und probierte es aus der Distanz. Meyer war noch dran, konnte den Einschlag aber nicht verhindern. Ein Treffer zum psychologisch wichtigen Zeitpunkt.
In der 63. Minute musste De Ligt vom Platz. Mazraoui kam. Pavard rückte ins Zentrum. Die letzte Kette bildete für die letzten 30 Minuten Stanišić, Upamecano, Pavard und Mazraoui. Am Drücker blieben zunächst aber die Bayern. Sané und Musiala vergaben kurz vor dem Wechsel eine Doppelchance.
Das Tor machte dann doch die Dortmunder. Ein tiefer Ball zog zunächst Pavard aus der Kette, anschließend gewann Upamecano das direkte Duell im Strafraum nicht eindeutig gegen Modeste, der behielt die Übersicht und fand Moukoko, der zum Anschluss traf (75.). Auch der Sechserraum hatte ein zu großes Loch.
In der 90. Minute forderte das intensive Duell seinen Tribut. Coman bekam nach einem klaren taktischen Foulspiel die Ampelkarte.
In den letzten Minuten konnten die Bayern sich nicht mehr befreien. Nach einem Einwurf und einer schlechten Klärung kam der Ball erneut in den Strafraum und Schlotterbeck flankte auf Modeste, der den 2:2 Endstand markierte.
Dinge, die auffielen
1. Wenig Glanz – viel Kampf
4:2 Torschüsse verzeichnete die Statistik nach 45 Minuten. Die Bayern kamen auf einen xG-Wert von 0,05. Beide Seiten hatten jeweils zwei gelbe Karten. Wer es positiv formulieren will: Es war ein intensives Spiel. Der Glanz Mitte der 10er-Jahre, den dieses Spiel ausmachte, ist gänzlich verloren gegangen. Dortmund beschränkte sich darauf, es den Bayern so schwer wie möglich zu machen. Den Münchnern fiel, sicherlich weil auch Müller und vor allem Kimmich fehlten, nichts ein. In den letzten Jahren lebte die Partie von der individuellen Klasse eines Haalands und Lewandowskis. Beide sind nicht mehr dabei, dadurch verlor das Duell zusätzlich an Reiz. Die kommenden Spielzeiten werden zeigen, ob es nur eine Momentaufnahme war, oder auch der Qualitätsverlust der Bundesliga an diesem Abend zu begutachten war.
2. Erst stabil, dann instabil
Den Bayern gelang es über viele Phasen der Partie, die von Dortmund erhofften Umschaltsituationen zu vermeiden. In der ersten Halbzeit zur Not zwar mit einem taktischen Foulspiel, aber bis auf zwei Halbchancen ließen die Bayern nichts zu. Das lag auch dran, weil sie nicht in das große Risiko gingen im Pressing, vielleicht auch nicht gehen mussten (siehe Punkt 1).
Gerade nach dem 2:0 verteidigten es die Münchner gut und überzeugten mit einem exzellenten Stellungsspiel (u.a. Pavard und Kimmich). Der BVB blieb von der 48. bis zur 75. Minute quasi ohne Abschluss. Mit dem Gegentor begann das große Zittern. Modeste hatte gegen Neuer den Ausgleich auf dem Fuß (82.). Mit dem Platzverweis von Coman standen die Bayern nur noch am eigenen Strafraum und kassierten fast folgerichtig den Ausgleich.
3. Ohne Kimmich keine Party – mit ihm alte Probleme
Ohne Kimmich fehlt es den Bayern vor allem an Kreativität in der ersten Halbzeit. In der zweiten Halbzeit gelang es ihm, das Spiel zu strukturieren und die Münchner waren wesentlich besser drin in der Partie und konnten folglich auch die Halbräume besser bespielen (siehe das zwischenzeitliche 2:0). Kurz vor dem Anschlusstreffer hat sich aber bereits angedeutet, dass die alten Probleme wieder da sind. Kimmich und Nebenmann Goretzka waren zum Teil zu offensiv und so klaffte vor dem 1:2 eine große Lücke im Zentrum. In den Schlussminuten zockte Kimmich, wie der Rest des Teams zu sehr auf das 1:3, anstelle klug die Uhr runter zu spielen. Zu viele Steckpässe führten zu unnötigen Ballverlusten und defensiven Sprints. Es bleibt also dabei – mit Kimmich auf der Sechs ist der FC Bayern offensiv viel besser, aber eben auch anfälliger.