Wirtschaftlicher Steckbrief vor dem Spiel gegen den FC Bayern: VfL Bochum

Anders als bei unseren früheren Vorschau-Artikeln soll es hierbei nicht primär um das Sportliche, sondern um die wirtschaftlichen Gegebenheiten der betrachteten Clubs gehen. 442 Millionen Euro statt Aufstellung 4-4-2. Hauptsponsor statt Hauptrivale. Weniger als eine detaillierte Finanzanalyse erwartet euch eine stichpunktartige Übersicht einer Reihe wesentlicher finanzieller Kennzahlen und wirtschaftlicher Gegebenheiten, wobei abschließend auch ein kurzer Ausblick auf das Sportliche noch einen Platz bekommen soll.

Die Eckdaten 

Das offizielle Gründungsjahr des „Verein für Leibesübungen“ (VfL) Bochum ist das Jahr 1848. Damit ist der VfL zwar der älteste eingetragene Verein in der Bundesliga, aber nicht der älteste Fußballverein, denn die Fußballabteilung kam erst im Jahr 1911 hinzu. Diese Fußballabteilung wurde 2017 in die „VfL Bochum 1848 GmbH & Co. KGaA“ ausgegliedert, an der der VfL Bochum e.V. 100% der Anteile hält. Geschäftsführer der KGaA ist der schweizer Betriebswirt Ilja Kaenzig, Geschäftsführer Sport ist noch bis Jahresende der ehemalige Bochumer Spieler Sebastian Schindzielorz, der den Verein dann verlassen wird. Der Präsident des e. V. ist Hans-Peter Villis.

Von den knapp 60 Jahren seit der Gründung der heutigen Bundesliga im Jahr 1963 hat der VfL Bochum 36 Jahre in der Bundesliga gespielt, vor dem aktuellen Aufstieg nach der Saison 20/21 zuletzt zwischen 2006 und 2010. In der ewigen Tabelle der Bundesliga schafft es der VfL Bochum damit auf Platz 13. Mit insgesamt sechs Abstiegen (geteilter dritter Platz) und sieben Aufstiegen (alleiniger dritter Platz) ist er eine der prägenden Fahrstuhlmannschaften der Bundesligageschichte. Vor dem ersten Abstieg aus der Bundesliga am Ende der Saison 92/93 waren die Bochumer lange als „die Unabsteigbaren“ bekannt.

Spielstätte ist das mit Baubeginn auf 1911 datierte Stadion an der Castroper Straße, das damit das zweitälteste Bundesligastadion nach dem Weserstadion von Werder Bremen ist (Baubeginn 1909). Das Stadion fasst knapp 28.000 Zuschauer, was in der Bundesliga Platz 17 hinter VfL Wolfsburg (30.000) und vor Union Berlin (22.000) bedeutet. Anders als bei vielen anderen Vereinen befindet sich das Stadion nicht im Eigentum des Vereins, sondern der Stadt Bochum, mit der der VfL einen langfristigen Nutzungsvertrag abgeschlossen hat. Der VfL Bochum hat 21.000 Mitglieder, womit er auf Platz 21 aller Fußballvereine in Deutschland liegt. Die Fans des VfL und des FC Bayern München pflegen seit 1973 eine Fanfreundschaft.

Die Finanzkennzahlen

Seit dem Geschäftsjahr 2017/18 veröffentlicht die DFL jedes Jahr im Zuge einer Verpflichtung zu mehr Transparenz eine Reihe wesentlicher Finanzkennzahlen der Bundesligavereine. Einige ausgewählte davon für den VfL Bochum sind (Angaben in €):

Der VfL Bochum stieg nach der Saison 2020/21 in die Bundesliga auf. Lag der Verein in der zweiten Bundesliga mit seinem Rohrergebnis und Personalaufwand noch im oberen Mittelfeld der Tabelle, so findet er sich in der ersten Bundesliga abgeschlagen auf dem letzten Rang wieder. Im Geschäftsjahr 2020/21 lag auf Platz 17 bei beiden Werten Union Berlin mit €69 Mio. beim Rohergebnis und €40 Mio. beim Personalaufwand bei ungefähr dem Doppelten des VfL Bochum. Mit einem Jahresverlust und einem negativen Eigenkapital von jeweils -€5 Mio. lag der Verein hingegen bei diesen Kennzahlen auf Platz 5 und 6 (!), was die prekäre wirtschaftliche Lage der Bundesliga in Zeiten von COVID-19 in nur zwei Zahlen anschaulich zusammenfasst. Deutlich wird dies auch in der Tatsache, dass der VfL in seinem ersten Bundesligajahr 20/21 weniger Umsatz gemacht hat als in jedem der letzten drei Zweitligajahre zuvor.

Aufgrund der – wie für Fußballvereine typisch – nicht unerheblichen stillen Reserven im Spielerkader ist der VfL Bochum trotz des negativen Eigenkapitals nicht in einem insolvenzrechtlichen Sinne überschuldet. Zur Sicherung seiner Liquidität nahm er allerdings im GJ 20/21 ein KfW-Darlehen von €7 Mio. auf.

Der Vergleich zum FC Bayern

Im direkten Wirtschaftsduell beider Vereine zeigt sich die ganze Spannbreite der Wirtschaftskraft der Bundesligavereine. Der Umsatz des FC Bayern beträgt mehr als das 20-Fache des VfL, dasselbe gilt für den Personalaufwand. Im Kader der Bayern gibt es ungefähr fünf Spieler, die im Jahr alleine mehr verdienen, als der gesamte jährliche Personalaufwand des VfL Bochum beträgt.

Der VfL Bochum hat ein negatives Eigenkapital, während der FC Bayern mit 72% Eigenkapitalquote (= Eigenkapital/Gesamtkapital) hinter der TSG Hoffenheim (86%) und knapp vor dem SC Freiburg (70%) einen überaus gesunden zweiten Platz der Liga belegt. Die Situation des VfL ist aufgrund der hohen stillen Reserven nicht prekär, aber auf Dauer sollte der Verein wieder ein positives Eigenkapital anstreben.

Vorne liegt der VfL Bochum hingegen bei den Ausgaben für Berater, für die er mit einem Drittel der Ausgaben von Union Berlin den mit Abstand geringsten Betrag der Liga aufwendet. Der FC Bayern im Vergleich hat im Geschäftsjahr 20/21 26 Mal so viel für seine Berater ausgegeben.

Hauptsponsor, Ausrüster, TV-Gelder

Hauptsponsor des VfL Bochum ist seit der Saison 22/23 das Wohnungsunternehmen Vonovia SE, das dem Verein jedes Jahr ungefähr €2,5 Mio. überweisen soll und bereits seit 2016 Namensgeber des „Vonovia Ruhrstadion“ ist, wofür noch weitere Beträge an den VfL fällig werden. Vorgänger war das niederländische Unternehmen für Arbeitsschutzkleidung Tricorp, dessen Sponsoring sich auf ungefähr €600.000 pro Jahr belaufen haben soll. Mit diesen €2,5 Mio. pro Jahr sortiert sich der VfL hinter Mainz 05 mit geschätzten €4 Mio. und dem SC Freiburg mit €3 Mio. auf dem letzten Platz 18 ein. Zum Vergleich: Der FC Bayern erlöst von seinem Hauptsponsor Telekom ungefähr €50 Mio. pro Jahr, das 20-Fache des VfL Bochum.

Ausrüster ist ebenfalls seit der aktuellen Saison der japanische Sportartikelhersteller Mizuno, der damit neu in den deutschen Trikotsponsoring-Markt einsteigt und den elfjährigen Partner Nike ablöst. Der genaue Sponsoringbetrag ist unbekannt, dürfte sich nach meinen Schätzungen aber in der Nähe von €500.000 pro Jahr bewegen. Damit ist der VfL auch in dieser Kategorie Tabellenletzter der Bundesliga hinter Union Berlin, die von Adidas ungefähr €700.000 erhalten sollen. Die Bayern kassieren von Adidas jedes Jahr €60 Mio.

Aus den Ausschüttungen der TV-Zentralverteilung der DFL erhält der VfL Bochum in der laufenden Saison planmäßig €33 Mio., was im Ranking aller Bundesligavereine Platz 18 noch hinter den Aufsteigern Werder Bremen mit €36 Mio. und Schalke 04 mit €37 Mio. bedeutet. Im Vergleich zum Tabellennachbarn Schalke werden die höheren Einnahmen aus der nationalen TV-Vermarktung (blau) durch die geringeren aus der internationalen (rot) negativ überkompensiert. Die Bayern streichen aus der Ausschüttung der DFL in der laufenden Saison gut €96 Mio. ein.

Der VfL Bochum ist damit also in einigen wesentlichen Einnahmekategorien die abgeschlagene arme Kirchenmaus der Bundesliga und von den Bayern zwischen dem Dreifachen (TV) und dem 120-Fachen (Ausrüster) entfernt.

Transfers

Die Transfers zur Saison 22/23

Die namhaftesten Zugänge des VfL Bochum zur Saison 22/23 sind Konstantinos Stafylidis von der TSG Hoffenheim, Lys Mousset als Leihe von Sheffield United, Jannes Horn vom 1. FC Köln und Kevin Stöger von Mainz 05. Die Ablösesumme für alle Transfers des VfL zusammen beläuft sich laut transfermarkt.de auf €750.000. Leihgebühren werden typischerweise nur schlecht erfasst.

Die namhaftesten Abgänge sind Armel Bella-Kotchap zu Southampton, Maxim Leitsch zu Mainz 05, Sebastian Polter zu Schalke 04 und Milos Pantovic zu Union Berlin. Alle Transfers zusammen haben den Bochumern €15 Mio. an Einnahmen eingebracht, wovon allein €10 Mio. auf Bella-Kotchap entfallen (Southampton).

Die drei wertvollsten Spieler im aktuellen Kader der Bochumer sind die Leihe Lys Mousset von Sheffield United (€6 Mio.), die Leihe Ivan Ordets von Dynamo Moskau (€5 Mio.) und der vormalige Mainzer Gerrit Holtmann (€4,5 Mio.). Der gesamte Kaderwert des VfL Bochum beträgt gut €45 Mio., was ungefähr 5% des Kaderwerts der Bayern (€870 Mio.) und dem Einzelwert des zehntwertvollsten Spielers der Bayern Lucas Hernandéz (€50 Mio.) entspricht.

Die Spieler mit dem höchsten Jahresgehalt beim VfL, zu denen unter anderem Manuel Riemann, Gerrit Holtmann und Neuzugang Lys Mousset zählen, verdienen laut Medienberichten im Wesentlichen unterhalb von €1 Mio. pro Jahr. Für Beträge dieser Höhe schnüren sich selbst die Kaderplätze 20 bis 25 der Bayern kaum die Schuhe.

Transferflüsse zwischen dem VfL Bochum und dem FC Bayern

Transfers vom FC Bayern in Richtung VfL Bochum gab es in der Geschichte der Bundesliga erst drei: Max Eberl 1994, Uwe Gospodarek 1995 und Peter Grünberger 1983. In entgegengesetzter Richtung wechselte nur „Hubschrauber“ Vahid Hashemian im Jahr 2004 direkt vom VfL Bochum zum FC Bayern München. Aus dem aktuellen Kader der Bayern ist Leon Goretzka beim VfL Bochum ausgebildet worden.

Sportliche Fakten rund um die Begegnung VfL Bochum vs. FC Bayern

In der Bundesliga haben der FC Bayern und der VfL Bochum insgesamt 77 Mal gegeneinander gespielt. 51 Mal gewann der FC Bayern, 10 Mal der VfL Bochum und 16 Mal lautete das Ergebnis Unentschieden. Insgesamt fielen bei allen Begegnungen 185:82 Tore zugunsten der Bayern.

Den einzigen Auswärtssieg der Bochumer gab es vor über 30 Jahren am 6. Spieltag der Saison 91/92 mit 0:2, den höchsten Heimsieg vor knapp 50 Jahren am 15. Spieltag der Saison 74/75 mit 3:0. Den letzten Sieg der Bochumer gab es erst in diesem Februar am 22. Spieltag der vergangenen Saison mit 4:2. Im Aufeinandertreffen davor am 5. Spieltag gab es mit 7:0 den höchsten Sieg der Bayern in der Geschichte der Bundesliga-Duelle beider Clubs.

Für das kommende Wochenende in Bochum sind auf Bochumer Seite Holtmann, Stafylidis, Soares, Horn und Goralski verletzt, bei den Bayern ist es nur der ehemalige Bochumer Leon Goretzka. Die Bochumer haben ihre ersten beiden Bundesligaspiele der Saison verloren und werden die dritte Niederlage in Folge abwenden wollen, während die Bayern versuchen werden, ihren dritten Sieg in Folge einzufahren.

Das 4:2 für Bochum im letzten und 0:7 für die Bayern im vorletzten zählen zu den bemerkenswertesten Aufeinandertreffen beider Vereine in der gemeinsamen Bundesligageschichte. Das Feld für eine spannende, torreiche Begegnung an diesem Wochenende scheint also bereitet. Anstoß ist am Sonntag um 17:30 Uhr MESZ. Viel Spaß!

Bitte lasst uns in den Kommentaren wissen, wie euch dieser Pilotartikel gefallen hat und ob wir daraus eine feste Serie machen sollen! Wir freuen uns über sachdienliches Feedback.