Georgia Stanway jubelt im Trikot der englischen Nationalauswahl nach einem Tor gegen Lettland. Sie hat die arme weit ausgebreitet und ein breites Lächeln im Gesicht.

FC Bayern verkündet ersten Transfer – und setzt ein kleines Zeichen

Justin Trenner 17.05.2022

Die 23-Jährige unterschreibt in München einen Dreijahresvertrag und zeigt sich schon jetzt begeistert von ihrem nächsten Karriereschritt: „Ganz ehrlich, ich bin so aufgeregt! Es fühlt sich einfach richtig an. Es fühlt sich toll an, die Neuigkeit und meine Begeisterung jetzt mit der Welt teilen zu können“, wird Stanway in der Pressemitteilung zitiert: „Ich kann es gar nicht erwarten, loszulegen und für einen so namhaften Klub zu spielen.“

Ein fast schon überschwängliches Statement, das man von einer trotz ihres jungen Alters schon erfahrenen Spielerin nicht erwarten muss. Nun ist Manchester City weder in England noch in Europa eine große Nummer. Die Bayern sind es in der Champions League aber auch noch nicht.

Dennoch ist die Verpflichtung der 29-fachen englischen Nationalspielerin ein kleines Statement. Es sei „ein großes Zeichen und positives Signal für die Liga, dass eine englische Spielerin sich für Deutschland und den FC Bayern entschieden hat“, sagte die sportliche Leiterin Bianca Rech zum Transfer.

https://twitter.com/FCBfrauen/status/1526540603776958465?s=20&t=jpybmBcmEu_JCqpPFn1eww

Georgia Stanway ist eine „flexible, torgefährliche Spielerin“

Stanway sei eine „flexible, torgefährliche Spielerin und zeichnet sich darüber hinaus durch ihre Mentalität aus“, analysierte die 41-Jährige. Tatsächlich kann die Engländerin fast jede Offensivposition bekleiden. Das wird ihr im Konkurrenzkampf bei den Bayern helfen. Denn je nachdem, für welche Grundordnung sich der neue Trainer oder die neue Trainerin entscheidet, wird sie mindestens zwei Positionen finden, auf denen sie ihre Stärken perfekt einbringen kann.

Diese liegen einerseits in der Dynamik, die sie einem Spiel geben kann. Stanway ist viel unterwegs, fordert viele Bälle und versucht immer, Druck auf das gegnerische Tor zu machen. Sei es durch Dribblings, kurze Kombinationen, eigene Abschlüsse oder Pässe in die Tiefe. Sie ist auf mehrere Arten torgefährlich und kann so Variabilität ins Bayern-Spiel bringen.

Hier beispielsweise durch einen überragenden Diagonalpass hinter die Abwehrkette:

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Oder hier durch einen ihrer berüchtigten Fernschüsse:

https://twitter.com/BarclaysFAWSL/status/1521933747230228482?s=20&t=rGVcgy0RvLk2oZFoI4c-1A

Sie bringt technisch alle Voraussetzungen mit, um es in München zu schaffen. Vor allem aber ist die Rekordtorschützin von Manchester City in der Lage, den Abgang von Lineth Beerensteyn und Viviane Asseyi zu kompensieren. Seit ihrem Dienstantritt 2015 mit nur 16 Jahren erzielte sie in 186 Pflichtspielen 67 Tore.

Mit der neuen Belastung durch die reformierte Champions League mussten die Münchnerinnen feststellen, dass es dem Kader gerade gegen Ende der Saison an Breite fehlte.

Stanway wird sich wohl zunächst als Herausforderin positionieren, die das Potenzial hat, die Stammspielerinnen rund um Klara Bühl, Sydney Lohmann und Linda Dallmann unter Druck zu setzen.

FC Bayern: Klare Positionierung durch jüngste Handlungen

Wie schon bei der Entlassung von Trainer Jens Scheuer lässt sich anhand dieses Transfers der eigene Anspruch des Klubs gut ablesen. Eine weitere Saison ohne Titel soll es nicht geben. Deshalb lässt sich die Neuverpflichtung als Signal an die Konkurrenz verstehen.

Zumal Stanway eine gewisse Grundhärte in der Zweikampfführung mitbringt, die den Bayern oftmals in großen Spielen gefehlt hat. Wenn Rech von „Mentalität“ spricht, dann dürfte sie neben der absoluten Leistungsbereitschaft auch die fast schon gefürchteten Tacklings der 23-Jährigen meinen.

In England machten sich viele Fans in den sozialen Netzwerken einen Spaß aus ihrem Abgang. Dennoch ist auch dort der Respekt vor dem FC Bayern zu spüren. Stanway hätte auch innerhalb der Liga wechseln können. Gerade bei den absoluten Top-Klubs Arsenal oder Chelsea, aber auch bei einer Vertragsverlängerung hätte sie wohl viel Geld verdient. Und Angebote soll es nicht nur von Bayern gegeben haben.

Dass Bayern sich diesen Transfer leisten kann und will, ist ebenfalls eine kleine Ansage. Gerade weil es der erste von voraussichtlich mehreren Wechseln ist. Klar ist dennoch, dass sich Stanway in München weiterentwickeln muss.

Stanway muss an ihrer Selbstbeherrschung arbeiten

Bei aller gesunden Härte muss sie ihre Zweikampfführung verbessern. Zwar wird sie vornehmlich in offensiven Räumen agieren, aber in der Arbeit gegen den Ball wird von ihr höchstwahrscheinlich viel abverlangt werden. Auch als Offensivspielerin kann sie sich die vielen naiven und überharten Fouls, für die sie bekannt ist, nicht leisten. Sie muss an ihrer Selbstbeherrschung arbeiten, dann kann sie mit gesunder Härte ein wichtiges Puzzleteil für das Bayern-Pressing werden.

https://twitter.com/atafball/status/1446825848473100291?s=20&t=rGVcgy0RvLk2oZFoI4c-1A

Es ist aktuell nicht damit zu rechnen, dass die Münchnerinnen einen neuen Trainer oder eine neue Trainerin verpflichten, der oder die keinen aktiven und offensiven Ansatz vertritt. Ein Grund für die Trennung von Scheuer dürfte die häufige Passivität in großen Spielen gewesen sein.

Aktuell ist noch nicht absehbar, wer den 43-Jährigen beerbt. Gerüchte gab es um Inka Grings, die mit dem FC Zürich jüngst den Schweizer Pokal gewann. Zwei Aspekte sind aber durchaus fraglich: Erstens ist die Spielanlage der Schweizerinnen recht ähnlich zur jetzigen des FC Bayern. Viel Flügelspiel, aktives Pressing, durchaus ballbesitzorientiert.

Das muss nicht zwingend ein Ausschlusskriterium sein. Scheuer scheiterte nicht zwingend an seiner Grundidee, sondern eher an der Umsetzung in den entscheidenden Momenten. Zweitens hat Grings aber mehrfach betont, dass sie gern in den Männerfußball möchte. Sie hat erst in diesem Jahr bei Zürich unterschrieben, wäre sie überhaupt bereit für diesen Schritt?

Stephan Lerch ist vom Markt, ein anderer Hoffenheimer Favorit?

Ein Name der ebenfalls kursierte, war Stephan Lerch. Es gab sogar schon erste konkretere Gerüchte, dass Bayern an ihm dran sei. Der 37-Jährige trainierte bis zum vergangenen Sommer die Frauen des VfL Wolfsburg und wäre mit seinem offensiven und selbstbewussten Ansatz sicher eine gute Lösung. Andererseits war man in Wolfsburg, ähnlich wie jetzt in München in Bezug auf Scheuer, nicht ganz zufrieden mit der Entwicklung des Teams.

Spätestens seit Dienstag dürfte der Name aber eh nicht mehr so oft fallen. Lerch übernahm letztes Jahr die U17 der TSG Hoffenheim. Der Klub verkündete nun, dass der Fußballlehrer zur U19 aufrücken werde.

Ein dritter Name, der im Umfeld des Klubs immer wieder fällt, ist Gabor Gallai. Der 42-Jährige ist ebenfalls in Hoffenheim tätig, trainiert dort seit 2020 das Frauenteam – mit Erfolg. Hoffenheim hat mehrfach unter Beweis gestellt, dass sie fußballerisch und taktisch einen der attraktivsten Ansätze in der Bundesliga haben.

Vor allem das Positionsspiel des Teams ist beeindruckend. Zwar wurde Hoffenheim etwas enttäuschend nur Fünfter in dieser Saison, aber das hatte auch Gründe, die mit dem Trainer wenig zu tun haben. So verlor die TSG wichtige Schlüsselspielerinnen. Gallai scheint dennoch bereit für den nächsten Schritt zu sein. Rech lobte das Team im Februar noch, sagte im Interview mit 1&1: „Ich ziehe meinen Hut vor der Leistung“, die die TSG vor allem auch in der Champions League gezeigt hätte.

Stanway ist nur der Anfang: Großangriff der Bayern?

Ein erster Wink mit dem Zaunpfahl oder einfach ganz normales Lob? Das werden die kommenden Tage wohl zeigen. In jedem Fall wird der FC Bayern sich schnell um einen Scheuer-Ersatz bemühen müssen. Eine Kaderplanung am Trainer oder an der Trainerin vorbei ist oft suboptimal. Zwar wird der Klub genaue Vorstellungen davon haben, wohin die Reise strategisch gehen soll. Doch die Meinung des Trainerteams sollte dennoch eine gewichtige Rolle spielen.

Nach all den Abgängen, die zuletzt verkündet wurden, ist der Stanway-Zugang ein erstes Aufbruchssignal. Mit der Engländerin bekommt man ein erstes Gefühl davon, was der Klub in der kommenden Saison plant. Im oben erwähnten Interview sagte Rech übrigens auch, dass alle Spielerinnen nach England wollen. Jetzt wollte mal eine aus England nach Deutschland – und keinesfalls eine unbedeutende Spielerin.

Die Ansprüche der Bayern sind gewachsen. Und das Budget gibt anscheinend einiges her. Während der VfL Wolfsburg mit der Kaderplanung schon fast durch ist, stehen die Vizemeisterinnen nun am Anfang. Es wird ein richtungsweisender Sommer am Campus. Je schneller das Team steht, das es im kommenden Jahr besser machen soll, desto besser.

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