SV Werder Bremen – FC Bayern München 1:2 (0:2)
Falls ihr es verpasst habt:
Statistisch gesehen war das Spiel bereits vor dem Anpfiff entschieden: Seit 2014 wartete Werder auf einen Treffer gegen Bayern, seit 2010 auf einen Punkt. Dennoch gab Trainer Nouri die Devise aus, sich anders zu präsentieren als noch im Hinspiel, als die Grün-Weißen mit 0:6 in München untergingen.
Beim Blick auf die Aufstellung fehlten bei Werder zwei eigentliche Stammspieler. Kapitän Clemens Fritz musste mit einer Verletzung am Nacken passen, Flügelstürmer Fin Bartels, zuletzt offensiv gefährlichster Bremer Offensivspieler, nahm mit einer Erkältung zunächst auf der Bank Platz. Die defensive Formation setzte sich so aus Moisander, Sané und Veljkovic in der Innenverteidigung zusammen, flankiert von Garcia links und Bauer rechts. Im defensiven Mittelfeld rückte Delaney auf die Fritz-Position neben Junuzovic, Gnabry und Kruse flankierten Claudio Pizarro in der Sturmzentrale.
Auf Seiten der Münchner gab es im Vergleich zur Partie in Freiburg nur zwei Wechsel: Für den verletzten Vidal kam Joshua Kimmich zu seinem Comeback in der Startelf (erstmals seit Anfang Dezember), er nahm die zweite zentrale Mittelfeld-Position neben Alonso ein. Zudem durfte auf der linken Außenbahn wieder Ribery für Costa ran.
Die Bayern starteten in der vierten Minute mit einem ersten Distanz-Abschluss von Ribery in die Partie und versuchten im Anschluss daran, aus der gewohnten 4-2-3-1-Formation Druck auf das Bremer Tor zu entwickeln. Dies gelang jedoch nur mit Abstrichen, immer wieder fehlte es Genauigkeit und Inspiration im Mittelfeld. Da gleichzeitig Ribery extrem unauffällig agierte, landeten die meisten Bälle aus der Zentrale bei Robben, der in der Anfangsphase jedoch geschickt von der Werder-Verteidigung isoliert wurde.
Somit erinnerte das Ballbesitzspiel der Münchner an weite Teile der bisherigen Saison: Behäbig und ungenau agierten die zentralen Mittelfeldspieler, über Alaba und Ribery entstand zu selten Druck und Boatengs Laserpässe fehlten ebenso wie Thiagos ordnende Hand. Kurzum: Man verließ sich erneut auf eine Einzelaktion – und die kam.
Ribery dribbelte in der 30. Minute nach einem öffnenden Pass von Kimmich mit viel Tempo an der linken Strafraumkante entlang, legte dann in den Rückraum ab, wo Robben einlief und sehenswert zum 1:0 verwandelte. “Heldenfußball” wie aus dem Lehrbuch, der allerdings merklich für Ruhe sorgte. Die Bayern griffen nun gezielter an und gerade Robben riss immer wieder Lücken in die grün-weiße Defensive.
So auch kurz vor der Halbzeit, als Moisander den Niederländer unnötig mit dem Ellbogen foulte und somit Alaba eine herzliche Einladung zu seinem ersten Saisontreffer zukommen ließ. Der Österreicher, der aus dem Spiel heraus erneut keine gute Partie ablieferte, verwandelte aus etwa 20 Metern perfekt ins Kreuzeck und sorgte für die 2:0-Halbzeitführung.
War diese verdient? Definitiv. Auch wenn die Bayern über weite Teile der ersten 45 Minuten viele spieltaktische Fehler der letzten Wochen und Monate nicht abstellen konnten, entwickelten sie gerade über den starken Robben immer wieder Gefahr und belohnten sich mit einer soliden Führung. Gleichzeitig profitierte der FCB davon, dass die Bremer ihre wenigen Kontergelegenheiten nicht gezielt ausspielten.
Die zweite Halbzeit durfte erneut Franck Ribery mit einer Offensivaktion eröffnen. Wunderbar eingesetzt von Müller wurde er wegen einer wenn überhaupt hauchzarten Abseitspositon zurückgepfiffen. Das vom Schiedsrichtergespann verhinderte (und wohl vorentscheidende 3:0) war der Initiator der wildesten Phase des Spiels: Nach einem Zuspiel von links ließ Kruse im Strafraum Alaba aussteigen und verwandelte über Neuer hinweg zum 2:1-Anschlusstreffer.
Eine knappe Minute später lag der Fokus wieder auf dem gegenüberliegenden Sechzehner, wo Lewandowski von zwei Gegenspielern in die Zange genommen wurde und ein Elfmeterpfiff zumindest vertretbar gewesen wäre. Es entwickelte sich ein Auf-und-Ab, das Werder eindeutig mehr zusagte als den Münchnern, die erst ab der 65. Minute wieder etwas mehr Kontrolle bekamen. Carlo Ancelotti überraschte in derselben Phase mit zwei risikoreichen Wechseln und brachte Sanches für Müller sowie Coman für Robben, der kurz vor seiner Auswechslung noch einen Elfmeter hätte bekommen können.
Werder schaffte es nach dem Anschlusstreffer den Druck auf die Bayern hochzuhalten und brachte gleichzeitig mit vielen Fouls Unruhe ins Spiel. Wie schon in der Vorwoche gegen Dortmund ließen sich die Bremer nicht unterkriegen. Auf der anderen Seite nahm Robbens Auswechslung sichtlich Drive aus dem Spiel. Coman tat sich verständlicherweise schwer, aus dem Nichts für Gefahr zu sorgen und auch Costa (in der 79. für Ribery gekommen) schaffte es nicht mehr, sich in das System einzufügen oder anderweitig für Gefahr zu sorgen.
Somit durchlebte die Mannschaft im zweiten Spiel nach der Winterpause die zweite hitzige Schlussphase und musste im Weserstadion am Ende auf Zeit spielen. Werder hatte zwar in der zweiten Halbzeit ein gutes Spiel gemacht, letztendlich aber mussten sich die Münchner selbst vorwerfen, die Spannung ins Spiel gebracht zu haben. Auf Dauer werden Auftritte wie der vom Samstag einiges an Kraft rauben und die hoch gesetzten Saisonziele gefährden.
Drei Dinge, die auffielen
1. Robben macht immer noch den Unterschied
Arjen Robben ist ein Mann für die wichtigen Spiele – das weiß man in München bereits seit seiner ersten Saison 2010. Seine vielleicht größte Entwicklung im Trikot des FC Bayern ist jedoch, dass er seit einigen Jahren in den unscheinbaren Spielen Woche für Woche den Unterschied macht. So auch gegen Werder Bremen.
Während die linke Seite der Münchner mit Ribery und auch der Rest des Teams einige Zeit brauchte, um sich auf dem Rasen im Weserstadion zurecht zu finden, war Robbens Wille und Durchsetzungsvermögen von Anfang an erfrischend anzusehen. Robben ist derzeit wohl der einzige Bayern-Spieler, der komplett losgelöst vom Rest der Mannschaft für Gefahr sorgen kann. Eine Qualität, die angesichts der momentan fehlenden Einbindung von Müller in offensive Kombinationen essentiell ist, um aus durchschnittlichen Spielen, wie dem am Samstag, drei Punkte mitzunehmen.
Was Robben zudem im Vergleich zu seinem Counterpart Franck Ribery auszeichnet: Er kann über 90 Minuten für Gefahr sorgen. Umso überraschender war es, dass Carlo Ancelotti zuerst dem Niederländer aus dem Spiel nahm, in einer Phase, in der Werders Offensive immer stärker wurde und sich dadurch Räume auf dem Flügel öffneten. Robbens Auswechslung zeigte gleichzeitig, dass ohne ihn sowohl spielerisch als auch mental entscheidende Elemente im Bayern-Spiel fehlen.
“Ohne starken Robben kein Champions-League-Sieg” hieß es bereits in der Ära Guardiola. Unter Ancelotti deutet immer mehr darauf hin, dass nun auch “Ohne Robben keine Meisterschaft” gilt.
2. Kimmich und Alonso funktionieren
Carlo Ancelotti hatte sich in der letzten Woche zurecht dafür kritisieren lassen müssen, dass ein angeschlagener Vidal anstelle eines fitten Kimmichs gegen Freiburg auflaufen durfte. Gegen Bremen bekam der 21-Jährige nun zum ersten Mal seit Anfang Dezember wieder die Chance in der Startelf – und nutzte sie.
Kimmich erfüllte seine Aufgabe neben Alonso hervorragend. Acht Balleroberungen und fünf Ballgewinne zeigen, dass er es schaffte, Thiagos Fähigkeit, Angriffe zu unterbinden wieder ins Bayern-Spiel zu bringen und Alonso somit den Freiraum zu gewähren, den er für sein Aufbauspiel braucht. Kimmich spielte 22 Pässe im offensiven Drittel, einige davon als hervorragende Vertikalbälle und ergänzte auch in dieser Hinsicht den klar defensiver orientierten Alonso.
In gewisser Hinsicht ist der Unterschied in der Spielweise zwischen Kimmich und Alonso größer als zwischen Vidal und dem Spanier, was der Mannschaft insofern weiterhilft, als dass die unterschiedlichen Spielertypen für merklich mehr Variabilität sorgen. Kimmich hat gegen Werder Bremen viele Argumente dafür geliefert, dass er im Moment mehr beitragen kann als Arturo Vidal – die Frage ist, ob Ancelotti das genauso sieht.
3. Wechsel mit Fragezeichen
Der Bayern-Trainer steht zu seinem Wort – soviel steht fest. Bereits vor dem Spiel hatte Ancelotti angekündigt, dass Kingsley Coman die ersten Minuten nach seiner langen Verletzung sammeln würde und dies tat er auch. Es bleibt allerdings die Frage, ob der Italiener seinem Schützling mit der Einwechslung einen Gefallen getan hat.
Denn der junge Franzose wirkte in den knapp 25 Minuten, die er auf dem Feld verbrachte, komplett überfordert und konnte nichts zum Spiel beitragen. Der Wechsel für Arjen Robben, bis dahin mit Abstand stärkster Münchner, sorgte somit in erster Linie für Konfusion, anstatt den gewünschten Effekt (Spielzeit für einen rekonvaleszenten Spieler) zu erzielen.
Ähnliches galt für Douglas Costa, der überraschend spät für den in der zweiten Halbzeit enttäuschenden Ribery ins Spiel kam. Der Brasilianer ist in seiner Zeit in München nicht wirklich dadurch aufgefallen, ein überragender Einwechselspieler zu sein – und tat das auch am Samstag nicht. Ein früherer Wechsel, etwa inmitten der größten Druckphase der Bremer um die 55. Minute herum, in der sich gerade auf der linken Seite viele Räume auftaten, wäre womöglich sinnvoller gewesen.
SV Werder Bremen – FC Bayern 1:2 (0:2) | |
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SV Werder Bremen | Wiedwald – Veljkovic, Sané, Moisander – Delaney – Bauer (71. Bartels), Gnabry, Junuzovic, Garcia (81. Kainz) – Pizarro (19. Eggestein), Kruse |
FC Bayern München | Neuer – Lahm, Martínez, Hummels, Alaba – Alonso, Kimmich – Robben (66. Coman), Müller (62. Sanches), Ribéry (79. Costa) – Lewandowski |
Bank | Ulreich – Rafinha, Bernat, Friedl |
Tore | 0:1 Robben (30.), 0:2 Alaba (45.+1), 1:2 Kruse (53.) |
Karten | Gelb: Bauer, Garcia, Junuzovic, Veljkovic / Coman |
Schiedsrichter | Sascha Stegemann (Niederkassel) |
Zuschauer | 42.100 (ausverkauft) |