Eintracht Frankfurt 2:2 FC Bayern München (1:1)
Auf Seiten der Münchner fielen gleich mehrere Akteure angeschlagen oder verletzt aus; neben Martínez fehlten Ribéry, Bernat, Costa und Vidal. Auch Lewandowski benötigte eine Pause, saß aber zumindest auf der Bank. Erfreulicherweise stand jedoch Holger Badstuber wieder im Kader des Rekordmeisters.
Falls Ihr es verpasst habt:
Carlo Ancelotti war aufgrund der Verletzten fast schon dazu gezwungen, Mats Hummels und Jérôme Boateng erstmals gemeinsam starten zu lassen.
Alaba und Lahm vervollständigten die Viererkette vor Manuel Neuer. Im Mittelfeld setzte der Italiener auf Alonso, Kimmich und Thiago, während Arjen Robben im Angriff sein zweites Spiel von Anfang an bestreiten durfte. Coman ersetzte Ribéry und Müller rückte für Lewandowski in die offensive Zentrale.
Frankfurts Trainer Niko Kovac packte hingegen die Fünferkette aus. Vor Torwart Hradecky agierten mit Abraham, Hector und Vallejo drei Innenverteidiger. Chandler und Oczipka besetzten die Flügelverteidiger-Positionen, während Rebic, Huszti, Mascarell sowie Fabían eine Viererkette im Mittelfeld bildeten. Torjäger Alexander Meier komplettierte das 5-2-3-System des gebürtigen Berliners als alleinige Sturmspitze. Gegen den Ball wurde die Grundausrichtung zu einem massiven 5-4-1.
Frankfurt interpretierte sein System zunächst aber keinesfalls passiv oder defensiv. Die Kovac-Elf lief mit den drei Angreifern früh an und setzte den Aufbau der Bayern so schnell unter Druck, die ersten kleineren Durchbrüche konnte die SGE aber nicht zu Ende spielen. Die erste gefährliche Möglichkeit bot sich Rebic, nachdem Alonso ohne Bedrängnis einen Fehlpass spielte – der Kopfball ging jedoch direkt auf Manuel Neuer (7.).
Die Gäste bekamen die hektischen Anfangsminuten schnell in den Griff und die Eintracht zog sich etwas zurück. Quasi mit der ersten Gelegenheit erzielte der Rekordmeister sogar das erste Tor der Begegnung: nach langem Ball von Hummels auf Alaba war es Arjen Robben, der die Hereingabe des Österreichers sehenswert einschoss und so bereits sein zweites Saisontor erzielte (11.).
Nur vier Minuten später wäre diese Führung fast schon wieder Geschichte gewesen, doch Chandler setzte seinen Volley aus kürzester Distanz nur an den Pfosten und auch Fabián konnte den Abpraller nicht verwerten (15.). Den Frankfurtern bot sich in dieser Phase immer wieder Platz in den Zwischenräumen, den sie clever bespielten. Außerdem forcierten sie mit ihrem mutigen Pressing diverse lange Bälle der Bayern. Nach 20 Minuten hatte der Rekordmeister bereits 14 auf dem Konto; zwei mehr als der Gastgeber.
Das Spiel gab kaum Höhepunkte her und wenn, dann war es meist die Elf von Niko Kovac, die gefährlich wurde. Zwischen dem Treffer und der nächsten großen Gelegenheit der Münchner lagen ganze 17 Minuten. Hummels kam nach einer Ecke sträflich frei zum Kopfball, verzog aber um einige Meter (28.). Eintracht Frankfurt war insgesamt das leicht bessere Team und erarbeitete sich Chance um Chance; insbesondere über die Außenbahnen kamen viele gefährliche Flanken in den Strafraum von Manuel Neuer. Zielspieler Meier kam so zwei Mal gefährlich zum Kopfball, doch der verdiente Ausgleich blieb aus (33. und 35.).
Bayerns einzige Verbindungen nach vorne entstanden über lange Bälle; so auch in der 40. Minute, als Kingsley Coman mit Platz ins Zentrum ziehen konnte und mit seinem Distanzschuss nur knapp scheiterte. Den verdienten Ausgleich gab es noch vor dem Pausenpfiff. Alonso kam zu spät, Boateng hatte Pech, und so tauchte Huszti frei vor Neuer auf und erzielte das 1:1 (44.). Aus Münchner Sicht war dann endlich Halbzeit. Vielleicht war es die schwächste in der laufenden Saison.
Der zweite Durchgang startete, wie der erste zu Ende ging: fahrige Bayern und aggressive Frankfurter, die das Spiel gleich wieder an sich rissen. Ancelotti wechselte den schwachen Xabi Alonso aus und brachte dafür Renato Sanches, Thiago rückte auf die Sechser-Position. Der amtierende Meister wurde zu Beginn teilweise in die eigene Hälfte gedrückt, konnte sich jedoch das ein oder andere Mal befreien. Es war eine chaotische Anfangsphase.
Die ersten Chancen ergaben sich nach rund zehn Minuten. Coman traf aus aussichtsreicher Position nur den Pfosten, Frankfurt konnte den daraus resultierenden Konter nicht zu Ende spielen (55.). Bayern ließ sich von der Hektik komplett anstecken und verlor zeitweise die Kontrolle; das Spiel entwickelte sich zu einem Fehlpass-Festival.
In der 59. Minute gab es dann erstmals einen strukturierten Angriff der Bayern. Die schöne Kombination endete in einem Distanzschuss von Robben, den Hradecky jedoch klasse parierte. Wenig später scheiterte auch Kingsley Coman mit einer erneuten Großchance, als er alleine auf das Frankfurter Tor zulief. Die Gäste kamen in dieser Phase, vor allem auch an Sanches zu sehen, fast ausschließlich über den Willen und die Mentalität. Dass es dann ausgerechnet Mentalitätsmonster Joshua Kimmich war, der nach einer kuriosen Ecke die 2:1-Führung erzielte, verwundert da auch nicht mehr (62.).
Der chaotische Spielverlauf nahm damit aber kein Ende. Nach einem angedeuteten Kopfstoß gegen Sanches und anschließender Rudelbildung sah Huszti die Gelb-Rote Karte (65.), Kovac reagierte und brachte erst Hasebe für Rebic und wenig später Tarashaj für Hector. Fast zeitgleich wechselte auch Ancelotti zum zweiten Mal aus. Lewandowski betrat das Spielfeld und ersetzte den unglücklichen Coman (67. und 70.).
Frankfurt blieb trotz allem gefährlich, öffnete durch die nun offensivere Ausrichtung aber Räume. Die erste daraus resultierende Konterchance ließ Lewandowski aber liegen (74.). Ancelotti wechselte zum letzten Mal aus und brachte Rafinha für Robben (76.). Gerade als Bayern etwas Ruhe in die Partie kam, glich die Eintracht wieder aus. Einen Schuss von Chandler fälschte Fabián aus Abseitsposition ins Tor von Manuel Neuer ab (79.). Trotz dieser Fehlentscheidung war der Ausgleich aber erneut nicht unverdient. In der 82. Minute wäre sogar die Führung für den Gastgeber drin gewesen, aber der Ball segelte ins Aus. Die Bayern machten nicht mehr den Eindruck, als könnten sie dieses Spiel noch umdrehen. Trotz des Platzverweises bekamen sie die Überzahl überhaupt nicht auf den Platz.
In der Schlussphase gab es nochmal ein kleines Powerplay der Gäste. Lewandowski (86.) und Sanches (88.) waren jedoch nicht in der Lage, ein Tor zu erzielen. Es reicht wieder mal nicht und der Druck am Ende war zu wenig. Der FC Bayern konnte die Steilvorlage des gestrigen Spiels nicht nutzen und kam in Frankfurt nicht über ein 2:2 hinaus. Dieses Ergebnis war auch hochverdient.
3 Dinge, die auffielen:
1. Xabi Alonso komplett außer Form
Der Spanier offenbart seine Defizite immer mehr und kann seine Stärken nicht mehr ins Bayern-Spiel einfließen lassen. Selbst mit geringem Druck kann er zur Zeit nicht umgehen. Mehrere katastrophale Fehlpässe im Aufbau, zu tiefe Positionierungen in Ballbesitz und zu langsames Herausrücken im Gegenpressing charakterisieren sein Spiel in dieser Saison. Der aktuelle Alonso hat wenig mit dem der letzten Rückrunde gemein und das schadet der Kontrolle im Mittelfeld. In der ersten Halbzeit kamen nur 36 seiner 44 Pässe an. Mindestens drei seiner Fehlpässe luden die Frankfurter zu gefährlichen Chancen ein.
Zwar konnte der 34-Jährige vier Ballgewinne im ersten Durchgang verbuchen und bis dato 60% seiner Zweikämpfe gewinnen, aber die wichtigen verlor er zu oft. Auffällig war auch, dass sein Passspiel sehr horizontal war. Nur selten konnte er die erste Pressinglinie der Frankfurter überspielen, und so kam es zu längeren Phasen, in denen der FC Bayern nicht in die Hälfte des Gastgebers kam. Alonso muss sich in den nächsten Wochen steigern und mehr Verbindungen zu seinen Mitspielern kreieren. Thiago hat diese Position in den vergangenen Wochen deutlich besser bekleidet, gegen Frankfurt hingegen war sie ein ständiger Ausgangspunkt für Chancen des Gegners und das auch, als der 25-Jährige sie übernahm.
2. Die Systemfrage bleibt bestehen
Das System der Bayern darf weiter hinterfragt werden. Ancelottis größtes Problem bleibt die Struktur. Frankfurt bekam zu einfach Zugriff auf das Münchner Positionsspiel und konnte sich so Kontrolle im Mittelfeld erarbeiten. Weder Alonso noch Kimmich oder Thiago bekamen das Zentrum in den Griff. Meist reichte sogar ein langer Ball der Eintracht, um in die offenen Halbräume zu gelangen. Gegen den Ball wirkte die Mannschaft unsortiert, chaotisch und unorganisiert. Einzelne Spieler rückten wahllos heraus, es gab kaum Pressingfallen, die den Gegner in enge Zonen locken könnten, und bis auf Hummels und Boateng kam kaum ein Bayern-Spieler in die Zweikämpfe.
Der Ursprung dieser Probleme ist das derzeit katastrophale Positionsspiel. Spieler stehen auf einer Linie, behindern sich gegenseitig, oder sind bei Ballverlusten schlicht zu weit vom Gegenspieler entfernt. Wenn selbst eine Mannschaft aus dem Bundesliga-Mittelfeld so einfach hinter die Mittelfeldlinie des Rekordmeisters gelangen kann, sollte man sich grundsätzliche Gedanken machen. Trotz aller Ausfälle hat der FC Bayern genügend Qualität, um das besser zu lösen. Auch in Ballbesitz war die Positionierung des Kollektivs oft nicht gut. Es fehlte an Verbindungen zwischen Mittelfeld und Angriff. Müller hatte nach 30 Minuten nur 8 Ballkontakte (am Ende immerhin 38, aber das lag auch an der späteren Umstellung). Auch Coman und Robben fanden keinen richtigen Zugriff, weil sie kaum unterstützt wurden.
Die Kritik an Carlo Ancelotti wird in den nächsten Tagen und Wochen zunehmen, wenn er keine Lösungen findet. Die Problematik ist am System festzumachen und nicht mehr an der Form einzelner Spieler oder gar an Ausfällen. Es ist derzeit keine Weiterentwicklung zu erkennen und speziell auswärts gab es noch keine Partie, in der die Bayern restlos überzeugen konnten. 13 Abschlüsse hatten die Frankfurter, 14 der FCB. Nur 80% ihrer Pässe brachten die Münchner ans Ziel und im vorderen Drittel spielte man 50 Fehlpässe. Dieses Spiel ist als negativer Höhepunkt der Saison zu betrachten und eher ein Rückschritt zu den vergangenen Begegnungen als ein Fortschritt.
3. Mentalität und individuelle Qualität reichen nicht
Die Strukturprobleme des FC Bayern werden derzeit in fast jedem Spiel von der individuellen Qualität aufgefangen. Im gesamten Spiel gab es gegen Frankfurt maximal zwei oder drei gut durchdachte Angriffe, der Rest resultierte aus langen Bällen, Halbfeldflanken, oder Einzelaktionen. Man kann dieser Mannschaft bei aller Kritik die Einstellung nicht absprechen, sie nahm die harte Spielweise des Gegners an und zeigte so Nehmerqualitäten. Aber es reichte eben nicht. Das zweite Unentschieden in Folge unterstreicht alle Probleme, die wir in diesem Blog schon seit Wochen diskutieren.
Dabei geht es erst noch in die wichtigen Wochen. Mit Gladbach, Dortmund und Leverkusen warten allein in der Bundesliga viele schwierige Spiele auf die Elf von Carlo Ancelotti. Diese Teams schlägt man nur selten über individuelle Qualität und Willen. Der FC Bayern wird einiges hinterfragen müssen. Zwar ist man in der Liga weiter Tabellenführer, aber das liegt vor allem auch daran, dass hinter den Münchnern kein anderer Verein in der Lage ist, die wiedergefundene Menschlichkeit des Serienmeisters auszunutzen.
Eintracht Frankfurt – FC Bayern München 2:2 (1:1) | |
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Eintracht Frankfurt | Hradecky – Chandler, Abraham, Hector (70. Tarashaj), Vallejo, Oczipka – Fabián, Huszti, Omar, Rebic (67. Hasebe) – Meier (77. Hrgota) |
Bank | Lindner, Seferovic, Gacinovic, Tawatha |
FC Bayern München | Neuer – Lahm, Boateng, Hummels, Alaba – Kimmich, Alonso (46. Sanches), Thiago – Robben (76. Rafinha), Müller, Coman (66. Lewandowski) |
Bank | Ulreich, F. Götze, Badstuber, Green |
Tore | 0:1 Robben (10.), 1:1 Huszti (43.), 1:2 Kimmich (62.), 2:2 Fabián (78.) |
Karten | Gelb: Hector, Huszti, Chandler, Hradecky / Alonso, Hummels, Sanches, Lahm; Gelb-rot: Huszti |
Schiedsrichter | Bastian Dankert (Rostock) |
Zuschauer | 51.500 (ausverkauft) |