FC Bayern ordnet Nachwuchsarbeit neu
Das neue Trainerteam in der Übersicht:
Amateure | Heiko Vogel (Cheftrainer), Danny Schwarz, Rainer Ulrich (Co-Trainer) |
U19 | Holger Seitz (Cheftrainer), Dirk Teschke (Co-Trainer) |
U17 | Tim Walter (Cheftrainer), Sebastian Dreier, Tobias Schweinsteiger (Co-Trainer) |
Vogel wird gleichzeitig neuer Leiter des junior teams unter dessen Dach U17 bis U23 zusammengeführt werden sollen. Eine Degradierung bedeutet das für den bisherigen Sportdirektor des Teams Michael Tarnat, der sich in Zukunft aber um die jüngeren Jahrgänge ab der U16 kümmern soll.
Klar ist: Der FC Bayern ist alles andere als zufrieden mit der Jugendarbeit in den letzten 2-3 Jahren. Mit Pierre Emile Hojbjerg und Gianluca Gaudino schafften zuletzt zwar zwei Profis den Sprung in den erweiterten Profikader, waren aber bisher kein fester Bestandteil der Mannschaft. Der letzte U19-Meistertitel gelang vor über 10 Jahren (2004). Der letzte U17-Titel liegt auch schon acht Jahre zurück (2007). Zwar sind Titel im Jugendbereich nicht mehr als Prestigeerfolge, trotzdem wuchsen aus erfolgreichen Jugendmannschaften meist auch gestandene Bundesliga-Spieler heraus. Rensing, Kraft, Lahm, Ottl, Schweinsteiger, Hummels, Kroos, Badstuber, Müller und Alaba sind dafür gute Beispiele. Auch in den deutschen U-Nationalmannschaften ist der FC Bayern aktuell eher wenig präsent. Bei der U21-EM ist nur Neu-Bayer Joshua Kimmich dabei. Bei der U20-WM spielt immerhin Florian Puchegger für Österreich. Bei der U19 EM sind Gaudino und Marco Hingerl im Kader. Bei der U17-EM im Mai war kein Münchner dabei. Auch das muss kein endgültiges Kriterium für gute oder schlechte Jugendarbeit sein – zumal auch weitere talentierte ausländische Spieler wie der Serbe Milos Pantovic im Kader der Jugendmannschaften stehen – auffällig ist es in einer Phase, in der viele mit einem größeren Umbruch im Profibereich bei FC Bayern rechnen dennoch.
Eine mögliche Ursache ist die hohe Fluktuation auf den Trainerpositionen der Jugendmannschaften seit 2012. Heiko Herrlich verließ den Verein jetzt nach relativ kurzer Zeit wie zuvor Marcus Sorg und Marc Kienle. Hans Jörg Butt, der nach seinem Karriereende langfristig im Jugendbereich eingebunden werden sollte, schmiss 2012 sogar schon nach wenigen Monaten das Handtuch. Scholl und ten Hag blieben auch nur jeweils zwei Jahre bei den Amateuren. Die Neuaufstellung im Nachwuchsbereich ist so sicher auch mit der Hoffnung auf personelle Kontinuität verbunden. Zumindest Heiko Vogel sollte in naher Zukunft keine größeren Ambitionen im Herrenbereich verfolgen und könnte den Nachwuchs wie Hermann Gerland, Werner Kern oder Kurt Niedermeier vor ihm über einen langen Zeitraum prägen.
Welche Rolle spielen die Amateure?
Die Verantwortlichen werden in den kommenden Monaten vor allem eine Richtungsentscheidung treffen müssen. Sollen die Amateure als Durchlauferhitzer für vielversprechende U19-Talente dienen oder nicht? Zuletzt zeichnete sich ab, dass die Münchner Verantwortlichen Einsätze in der U19-Bundesliga und der UEFA Youth League vorzogen. Dies kann durchaus als Paradigmenwechsel zu früheren Zeiten gesehen werden, als Spieler wie Schweinsteiger, Hummels, Kroos, Müller und Alaba schon mit 18 regelmäßig bei den Amateuren zum Einsatz kamen. Ein Grund für die veränderte Herangehensweise könnte der Abstieg in die Regionalliga sein. Zweifel über die fußballerische Qualität in der Liga sind durchaus angebracht, dennoch wäre es naheliegend unfertige Spieler wie Gianluca Gaudino oder Sinan Kurt gerade körperlich in der Regionalliga an Herrenfußball zu gewöhnen. Dass mit Heiko Vogel der Trainer der U23 nun auch für die jüngeren Jahrgänge zuständig ist, kann als Indiz gewertet werden, dass die Durchlässigkeit zwischen den Altersklassen in Zukunft wieder höher werden soll.
Klar ist aber auch: Der Sprung nach ganz oben zu den Profis ist gerade auf Grund der gestiegenen Erwartungshaltung beim FC Bayern deutlich größer als noch vor 5 oder 10 Jahren. Zur Entwicklung von jungen Spielern gehört deshalb letztlich auch immer der Mut des Profitrainers gewisse Risiken einzugehen, wie es van Gaal mit Müller oder Badstuber und Heynckes mit Alaba vorgelebt haben. Auch in der Kaderplanung müssen auf bestimmten Positionen strategische Planstellen für hochveranlagte Nachwuchsspieler geschaffen werden. Was echte Einsatzchancen in der Bundesliga bewirken können, zeigte zuletzt Mitchell Weiser, der sich innerhalb weniger Wochen quasi aus dem Nichts in den Fokus spielte und auf eine Vertragsverlängerung hoffen darf.
Mit dem geplanten Bau eines Jugendcampus an der Allianz Arena soll in den kommenden Jahren der nächste Schritt hin zu mehr Professionalisierung der Entwicklungsarbeit geleistet werden. Vor allem Matthias Sammer wird sich daran messen lassen müssen, ob es gelingt in den kommenden 5-10 Jahren die Eckpfeiler der nächsten Bayern-Generation selbst auszubilden. Die jetzt bekannt gegebene personelle und organisatorische Neuaufstellung im Jugendbereich wirkt zumindest auf den ersten Blick sinnvoll und positiv. Sie muss aber vor allem das Gütesiegel Nachhaltigkeit tragen, da Veränderungen im Jugendbereich sich erst perspektivisch und selten kurzfristig auszahlen.