FC Bayern zeigt im Testspiel gegen Salzburg Schwächen

Georg Trenner 13.01.2023

Im einzigen Testspiel nach der WM-Pause war RB Salzburg zu Gast am Bayern-Campus. Der österreichische Ableger des Bundesligagegners aus Leipzig sollte das Team des FC Bayern durch seine Spielweise auf den Auftaktgegner vorbereiten. Es wurde zu einer wilden Begenung, die in Phasen an ein denkwürdiges Testspiel vor acht Jahren erinnerte.

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FC Bayern – Red Bull Salzburg: die Aufstellungen

Neben den Langzeitverletzten schonte Bayern-Trainer Julian Nagelsmann auch die angeschlagenen Leon Goretzka, Matthijs de Ligt und Eric Maxim Choupo-Moting. Die Startelf stellte sich fast von alleine auf. 

Josip Stanišić, Benjamin Pavard, Dayot Upamecano und Alphonso Davies bildeten die Viererkette vor Neuer-Vertreter Sven Ulreich. Neben Joshua Kimmich spielte Ryan Gravenberch im Mittelfeldzentrum. Offensiv besetzte meist Thomas Müller das Sturmzentrum vor Jamal Musiala im Zehnerraum. Serge Gnabry über links und Leroy Sané über rechts komplettierten die Elf. 

Auf der Bank nahmen Neuzugang Daley Blind, Marcel Sabitzer, Kingsley Coman, Mathys Tel und eine Reihe von Jugendspielern Platz. 

Gästetrainer Matthias Jaissle setzte in Red-Bull-Tradition auf ein junges Team. Das Durchschnittsalter der Salzburger Startelf betrug 21,5 Jahre. 

Vertikale erste Halbzeit 

Die erste Halbzeit begann mit hohem Pressing und schnell überbrücktem Mittelfeld. Das führte phasenweise zu einem zerfahrenen Spiel, bot den Teams aber auch große Räume, wenn sie es schafften, die erste Pressingline zu überspielen. 

Aus einer solchen Situation heraus erzielte der FC Bayern in der neunten Minute das 1:0. Davies und Gravenberch entkamen der Pressingfalle, Gravenberch behauptete sich gegen mehrere Salzburger und trieb den Ball Richtung Tor der Salzburger, wo er Sané in halbrechter Position einsetzte. Von dort traf Sané sehenswert in den Winkel.

In der 16. Minute trafen die Gäste mit ihrer ersten Chance zum Ausgleich. Upamecano ging nach einem Kopfball auf Höhe der Mittellinie zu Boden. Nur Pavard blieb im Defensivzentrum, war aber zu weit weg vom Salzburger Mittelstürmer Koita. Pavard versuchte vergeblich, diesen ins Abseits zu stellen, aber Davies rückte zu spät heraus. Koita kam durch schob im 1-gegen-1 an Ulreich vorbei. 

Das Spiel blieb geprägt von einer enormen Vertikalität. Insbesondere Salzburg presste sehr hoch, gab danach das Mittelfeld komplett auf und zog sich gegebenenfalls tief an den eigenen Strafraum zurück. Immer wieder kamen Davies und Gnabry über die linke Seite durch und suchten im Zentrum Sané für Ableger. 

FC Bayern in der 2. Halbzeit  von Salzburg überrannt 

Nagelsmann hatte im Vorfeld angekündigt, den Test ernst zu nehmen und planmäßig nicht vor der 60. Minute zu wechseln. Entsprechend kam der FC Bayern unverändert aus der Kabine. 

Salzburg hingegen wechselte in der Pause alle zehn Feldspieler. Die neuen waren offensichtlich gut eingestellt und zogen das Spiel an sich. Zweimal konnte Ulreich klären, nach einer Ecke war er chancenlos. Nach Latte und Ulreich konnte Konaté den Ball im dritten Anlauf im Tor unterbringen (51. Minute). 

Vom Tor beflügelt zeigte Salzburg erstmals im Spiel Ballstafetten und legte sich den FC Bayern für einen weiteren Treffer zurecht.  Pavard köpfte in die Füße eines Salzburger. Kimmich und Stanišić griffen nicht entschieden ein, so dass Okafor zum 1:3 traf. 

Wenig später folgte auch beim FC Bayern ein Massenwechsel. Ab der 63. Minute lief das Team in folgender Formation auf: Johannes Schenk – Lovro Zvonarek, Tarek Buchmann, Daley Blind, Paul Wanner – Kimmich, Marcel Sabitzer – Yusuf Kabadayi, Arijon Ibrahimović, Kingsley Coman – Mathys Tel.

Die Wechsel wirkten und Bayern kam zurück ins Spiel. Ibrahimović und Coman stellten mit einem Doppelpack auf Unentschieden. Zunächst hatte Buchmann angedribbelt und auf Ibrahimović gepasst, der von außerhalb des Strafraums abschloss. Anschließend legte Tel von der Grundlinie zurück für Coman, der aus 14 Metern flach ins Eck verwandelte. 

Der spielfreudige Tel traf in der 88. Minute nach einem Dribbling zur Führung, die jedoch nur eine Minute Bestand hatte. Okafor traf zum 4:4-Endstand. 

Dinge, die auffielen

1. Viel Arbeit für Nagelsmann 

Fast überschwänglich hatte Bayerntrainer Nagelsmann das Trainingslager in Katar gelobt. Atmosphärisch mag es zutreffen, doch sportlich machte der FC Bayern an diesem Abend noch keinen Champions-League-reifen Eindruck. 

Dabei hätten die Münchner in dieser Phase der Vorbereitung weiter sein müssen als der Gegner. Während für den FC Bayern in sieben Tagen das erste Pflichtspiel ansteht, bleiben den Österreichern noch drei Wochen und ein Trainingslager Zeit. 

Der FC Bayern schaffte es zu selten, dem Spiel eine eigene, kontrollierende Spielidee aufzudrücken. In der ersten Halbzeit waren die Bayern zwar überlegen und auch das Gegenpressing griff, aber ein offener Schlagabtausch kann gegen RB Salzburg kaum der Matchplan von Julian Nagelsmann sein. Ein Zentrum mit Kimmich, Gravenberch und Musiala müsste mehr aktive Spielkontrolle ermöglichen.

2. Personalengpass in der Defensive 

Manuel Neuer und Lucas Hernández fehlen lange, Noussair Mazraoui zumindest mittelfristig. Die Verletztenliste ist bekannt. Gegen Salzburg fehlte zudem de Ligt. Neuzugang Blind braucht laut Nagelsmann noch Zeit. Zeit, die er im Sommer auch de Ligt gab, um sich zu integrieren. 

Alle Abwehrspieler haben zudem die Weltmeisterschaft im Kopf, insbesondere bei Pavard ist unklar, in welcher mentalen Verfassung er aktuell ist. Viel passieren darf nicht mehr, will man nicht mit Stanišić oder Buchmann um Titel spielen müssen. 

Im Tor sieht es Stand jetzt noch knapper aus. Die erste selbstgewählte Deadline für einen Neuzugang (Trainingslager) ist verstrichen, die zweite in Form des Bundesligastarts naht. Nagelsmann hatte angedeutet, dass der Neuzugang keine Nummer eins sein müsse. Es wäre eine mutige Entscheidung des FC Bayern, nur einen Ersatz als neuen Torhüter zu verpflichten.

3. Rollensuche für Thomas Müller 

In Abwesenheit von Choupo-Moting begann Müller als Mittelstürmer. Es war nicht sein Spiel. Müller lief auch in der Vergangenheit sowohl beim FC Bayern als auch in der Nationalmannschaft immer wieder im Sturmzentrum auf. Nachdrücklich empfehlen konnte er sich in der Rolle nie. Mathys Tel versprühte in 30 Minuten mehr Torgefahr und Energie als Müller in den 60 davor. 

Auf der “Zehn” hat Jamal Musiala ihm den Rang abgelaufen. Außen ist der Konkurrenzkampf mit Gnabry, Sané, Coman und voraussichtlich ab Ende Februar auch wieder mit Sadio Mané ohnehin intensiv. 

Stand jetzt braucht es Fantasie, um ihn in der ersten Elf zu sehen. Doch Thomas Müller wäre nicht Thomas Müller, könnte er mit solchen Konkurrenzsituationen nicht umgehen oder sogar gestärkt daraus hervorgehen.