FC Bayern erneut 1:1 – Kimmich stoppt den Baumgart-Coup in letzter Minute
Falls Ihr es verpasst habt:
FC Bayern – 1. FC Köln: die Aufstellungen
Julian Nagelsmann vertraute jener Elf, die am Freitag im Auftaktspiel 1:1 in Leipzig spielte. Potentielle Startelfkandidaten wie Thomas Müller und Kingsley Coman mussten also erneut mit einem Bankplatz vorlieb nehmen. Auf jener Bank nahm auch Interims-Torwarttrainer Tom Starke Platz, der den beurlaubten Toni Tapalović vertrat.
Kölns Trainer Steffen Baumgart änderte die Elf, die Werder Bremen 7:1 geschlagen hatte, auf zwei Positionen. Für den angeschlagenen Hübers rückte Soldo in die Verteidigung. Im Mittelfeld spielte Olesen anstelle von Martel. Doppeltorschütze Steffen Tigges erhielt im Sturm erneut den Vorzug vor Neuzugang Davie Selke.
Erste Halbzeit: Skhiri schockt den FC Bayern früh
Baumgart being Baumgart: Der 1. FC Köln spielte gleich zu Beginn mutig nach vorne und ging in der dritten Minute in Führung. Chabot hatte Kainz Ecke an den langen Pfosten verlängert, wo Skhiri sich von Davies gelöst hatte und unbedrängt einschieben konnte.
Kölns weitere Offensivbemühungen konnte der FC Bayern nach der Anfangsphase meist unterbinden, hatte jedoch auch zweimal Glück, als die Kölner ihre Konterchancen nicht gut zu Ende spielten. Mit Ball taten die Münchner sich dagegen schwer. Mitte der Halbzeit kam Gnabry zu zwei Halbchancen (14. und 23. Minute). Ansonsten blieb die eigene Offensive weitgehend einfallslos.
Kurz vor der Halbzeit gelang es den Bayern, das Tempo anzuziehen. Choupo-Moting, Pavard nach einer Ecke und Goretzka kamen zu Abschlüssen. Zwingend war davon allerdings keiner.
Laut Sofascore erspielten die Bayern sich in der Halbzeit insgesamt 0,75 „Expected Goals“. Zu wenig, um den Rückstand aufzuholen. Und so ging es nach 45 Minuten mit einem Rückstand in die Pause.
Kimmichs später Ausgleich rettet einen Punkt
Diesmal reagierte Nagelsmann früher. Kingsley Coman und Ryan Gravenberch kamen zur zweiten Halbzeit für Serge Gnabry und Leon Goretzka. Auch Köln wechselte doppelt. Ljubičić und Martel kamen für Olesen und Huseinbašić.
Nagelsmanns Umstellungen und Ansprache schienen zu wirken. Erstmals in diesem Jahr spielte der FC Bayern wie der FC Bayern. Von Beginn an überzeugten die Roten mit druckvollem Spiel, Passstafetten und Ballgewinnen rund um den Kölner Strafraum sowie Pässen und Dribblings in den Strafraum.
Der “Effzeh” wehrte sich und kämpfte um jede Minute. Kölns Trainer Baumgart hatte bis zur 58. Minute bereits viermal gewechselt und schöpfte sein Kontingent in der 71. Minute komplett aus. Vielleicht die beste Veranschaulichung für den aufreibenden Kampf, den die Domstädter in der Allianz Arena darboten. Doch sie konnten das Unvermeidliche nicht verhindern, sondern nur hinauszögern.
Auch der FC Bayern brachte weitere Unterstützung von der Bank. Thomas Müller in der 68. und Mathys Tel in der 82. kamen für Musiala und Davies. Müller fügte sich gut ein. Seinen Kopfball hielt Schwäbe sehenswert. Es dauerte bis zur 90. Minute, ehe Kimmich mit einem Traumtor aus 30 Metern in den Winkel Schwäbe überwand. Kurz danach hätte Coman das Ergebnis fast komplett gedreht, doch es blieb beim 1:1-Unentschieden.
Der FC Bayern zeigte in der zweiten Halbzeit eine klare Steigerung und ein dominantes Spiel. Es war die vielleicht beste Hälfte des noch jungen Jahres. Sie reichte, um den Rückstand zu egalisieren. Für einen Sieg waren es zu wenige klare Chancen, und so geht das Unentschieden in Ordnung.
Dinge, die auffielen
1. Jamal Musiala hängt in der Luft
Es war keine Szene für die Highlight-Zusammenfassung, als Benjamin Pavard in der 15. Minute aus dem Halbfeld in den Kölner Strafraum flankte. Und doch war die Szene bezeichnend. Pavard entschied sich nämlich für die Flanke statt für den Pass auf Musiala. Dieser war circa fünf Meter entfernt im Strafraum anspielbar und forderte vergeblich den Ball.
Genau jene Situationen gehören zu Musialas großen Starken: in Engen im Strafraum angespielt werden, dort ins Dribbling oder in den Doppelpass gehen. Doch der FC Bayern und sein Jungstar kommen 2023 nicht in jene Situationen.
Bereits gegen Leipzig hatte er kaum Kontakte in “Zone 14” und nur einen im Leipziger Strafraum. Zum Vergleich: Sein Saisonschnitt liegt bei sieben Ballkontakten im gegnerischen Strafraum, während es in guten Spielen auch mal zehn oder elf sind. Regelmäßig sind es genau diese Szenen, die in Chancen und Toren für den FC Bayern münden.
Auch gegen Köln kam er in der ersten Halbzeit nur zu einem dieser gefährlichen Kontakte. In der zweiten Halbzeit steigerte er sich, musste letztlich aber für Müller weichen.
Liegt es an ihm? An den Mitspielern, wie in der Szene mit Pavard? An einer anderen Ausrichtung des FC Bayern? Oder an den Anpassungen der Gegner? Die Ursachenforschung sollte beim FC Bayern höchste Priorität genießen.
2. WM-Blues beim FC Bayern…
Alle elf Spieler der Startelf des FC Bayern spielten beim Winterturnier in Katar. Vom 1. FC Köln war nur Ellyes Skhiri bei der WM dabei. Ein Unterschied, den man nicht ignorieren kann.
Joshua Kimmich hatte offen darüber gesprochen, wie schwierig es für ihn sein würde, das WM-Aus der deutschen Mannschaft zu verarbeiten. Bei anderen Spielern dürfte es ähnlich aussehen. Und so sammeln sich beim FC Bayern aktuell Spieler mit einer erfolgreichen WM, Spieler mit einer enttäuschenden WM und als dritte Gruppe jene Spieler ohne WM-Teilnahme. Es ist erwartbar, dass es einige Woche dauern wird, die Spieler auf ein Level zu bringen.
Die Formkrise und die Punktverluste sind in der Bundesliga verschmerzbar. In der Champions League wären sie es nicht. Der Countdown läuft. In drei Wochen ist Valentinstag. Der FC Bayern wird diesen in Paris im Parc des Princes verbringen. Wenn die Mannschaft dort keine sehr unromantische Überraschung erleben will, muss sie sich aus dem Tief herausarbeiten.
In anderen Wettbewerben bleibt noch weniger Zeit. Nächste Woche geht es im Achtelfinale des DFB-Pokals nach Mainz. Bereits am Samstag kommen die gefährlichen Frankfurter nach München.
3. …oder zu viel Hollywood?
Der WM-Blues ist eine mögliche Erklärung für die bisherige Formkrise. Nicht die einzige.
In den letzten Tagen beherrschten Transfers und Transfergerüchte, Diskussionen um die Rolle und Zukunft der Kapitäne Müller und Neuer, Fashion Week, Freistellung von Tapalović und Hoeneß im Doppelpass die Nachrichten des FC Bayern. Ein Hauch vom FC Hollywood früherer Tage wehte durch die Säbener Straße.
Nagelsmann tat gut daran, den Nebengeräuschen im Interview kein großes Gewicht zu schenken. Und doch fühlt es sich aktuell an, als brodele es beim FC Bayern. Die Eindrücke können täuschen. Eine sportliche Erfolgsserie wäre wahrscheinlich das einfachste und beste Mittel für mehr Ruhe.