FC Bayern – Miasanrot-Adventskalender, Nummer 17: Klara Bühl
Ein Gastbeitrag von Tobias Hahn.
22. März 2022, es läuft die 83. Spielminute in der Allianz Arena. Paris St. Germain führt mit 2:0. Aus Sicht der Bayern ein unglückliches Ergebnis. Schließlich erspielte sich der FC Bayern die größeren Chancen, scheiterte zweimal am Pfosten. Abschlüsse aus guter Lage wurden geblockt. Die Gegentore fielen nach Standardsituationen, die nicht gut verteidigt wurden.
In der 83. Spielminute gab es dann aber Freistoß. Halbrechts, nahe des Sechzehners. Es sollte eine Premiere werden. Klara Bühl zog nicht etwa mit Gefühl den Freistoß über die Mauer, sondern jagte den Ball mit Wucht ins Eck der Torhüterin. Die damals 21-Jährige Außenspielern war die erste Torschützin für den FC Bayern in der Allianz Arena. Und die Allianz Arena scheint ihr zu liegen. Beim furiosen 3:1-Erfolg über den übermächtigen FC Barcelona Anfang Dezember war es wieder Bühl, die den Führungstreffer in der Allianz Arena erzielte.
Identifikationsfigur bei den FC Bayern Frauen und im Nationalteam
Der Frauenfußball hat in den letzten Jahren eine großartige Entwicklung genommen. Angefangen mit dem neuen Format der UEFA Women’s Champions League, über die ersten Spiele in den großen Stadien, bis hin zur Europameisterschaft im Sommer. Dort gelang der Damenauswahl das, was die Männer seit Jahren vermissen lassen. Leidenschaft, Kampf, spielerische Klasse und eine damit verbundene Identifikation als Fan mit der Mannschaft.
Nicht nur bei der Nationalmannschaft, sondern auch beim FC Bayern begeistert mich dabei Klara Bühl am meisten. Die ehemalige Freiburgerin spielt mit so viel Kreativität, erzeugt aber gleichzeitig so viel Durchschlagskraft, dass es immer wieder Spaß macht ihr zuzuschauen.
Meist agiert sie über den linken Flügel, wurde bei den Bayern aber auch schon rechts eingesetzt. Aufgrund ihrer Beidfüßigkeit kann sie auf beiden Seiten ohne Probleme für Gefahr sorgen. Generell ist ihr linker Fuß der etwas stärkere. Für viele Abschlüsse, wie beispielsweise auch den Freistoß gegen Paris, nutzt sie ihren linken Fuß. Doch auch mit rechts kann sie für Gefahr sorgen, was sie im Rückspiel in Parc des Princes beim Führungstreffer unter Beweis stellte.
Der Vergleich mit Arjan Robben schägt Haken
Neben ihrer Abschlussstärke ist es aber vor allem ihr Dribbling, das bemerkenswert ist. Bühl gelingt es regelmäßig mit einfachen Methoden ihre Gegenspielerin ins Leere laufen zu lassen, um anschließend zu beschleunigen oder direkt zum Abschluss zu kommen. Noch habe ich keinen besseren Vergleich gefunden, jedoch erinnert sie mich manchmal ein bisschen an Arjen Robben. Auch der Niederländer benötigte keine ausgefallenen Übersteiger, um am Gegner vorbeizukommen. Vielmehr ging es darum den Gegner aus der Balance zu bringen und im richtigen Moment einen Haken zu schlagen.
Während Robben seine Bewegung von der rechten Seite nach innen gefühlt ständig durchführte, hat Bühl ein etwas größeres Repertoire. Insbesondere ihre Haken mit dem Ball zeugen von hoher Spielintelligenz und einer guten Technik. Meist steht sie der Verteidigerin in diesen Momenten leicht diagonal gegenüber, führt den Ball mit rechts und macht Anstalten mit rechts ins Lage Eck zu schießen. Gerade im Sechzehner ist die Verteidigerin folglich zögerlicher, will sie doch keinen Elfmeter verursachen. Bühl nutzt nun eine kleine Schussfinte, bringt die Verteidigerin aus der Balance und zieht den Ball mit rechts im Bogen auf ihren linken Fuß. Da sie sich dabei den Ball leicht vorlegt und nicht mehr eng am Fuß führt, kann sie sofort mit links abschließen. Dieser recht einfache Trick ist unglaublich schwer zu stoppen, da Bühl bewusst versucht auf das Verhalten der Verteidigern zu achten. Egal ob von rechts oder links, zum freien Abschluss kommt sie mit Hilfe ihrer Bewegung immer.
Klara Bühl – Die Straßenfußballerin
Doch das ist nicht das Einzige, was mich an ihrer Spielweise begeistert. Klara Bühl hat für mich immer den Flair einer Straßenfußballerin. Sie bewegt sich clever, nutzt unkonventionelle Hackentricks als Weiterleitung und lässt sich auch bei rauerer Gangart nicht aus der Balance bringen. Gerade ihr Passspiel scheint sich stets weiterzuentwickeln. Steckpässe auf ihre Offensivkolleginnen würden ihr Offensivrepertoire weiter verfeinern. Ziehst du als Flügelspielerin nach innen, fokussiert sich die Defensive sehr stark auf dich. Dieser Fokus sorgt dafür, dass deine Mitspielerinnen mehr Platz haben. Folglich sorgen Schussfinten und anschließende Pässe für jede Menge Gefahr. Gelingt es Bühl auch hier noch einen weiteren Schritt zu machen, ist sie für mich eine der besten Flügelspielerinnen weltweit.
Der Frauenfußball lässt sich nicht mit dem Fußball der Herren vergleichen. Das Spiel ist anders. Das liegt unter anderem wohl daran, dass die Strukturen bis vor kurzem noch nicht so professionell waren wie im Männerfußball, an vielen Stellen wahrscheinlich immer noch nicht sind. Anders als bei den Herren entwickelt sich dadurch aber kein raues, umkämpftes Spiel, sondern ein Spiel, das mehr auf Technik setzt. Die neuen Ansätze und das andere Spiel machen für mich den Frauenfußball so interessant. Spielerinnen, wie Klara Bühl tragen zu dieser rasanten Entwicklung bei. Hoffen wir, dass die Nationalspielerin uns auch in den nächsten Jahren noch beim FC Bayern begeistert.