Deutsche Meisterinnen! Die FC Bayern Frauen krönen eine starke Saison
Das Spiel an sich, es war wenig spektakulär. Zu Beginn wirkten die Münchnerinnen noch etwas nervös. Frankfurt kam nicht zu großen Chancen, immer wieder aber zu Abschlüssen. 15 Minuten lang schien es so, als hätten die Roten ein bisschen weiche Knie. Ob sie zu diesem Zeitpunkt schon wussten, dass Wolfsburg früh in Führung gegangen war?
Für den Moment war aber wenig passiert. Ein Unentschieden, das war schon vor Anpfiff klar, würde reichen, um den Titel zu gewinnen. Verlassen wollten sich die Bayern aber nicht darauf. Und so entschlossen sie sich in der 17. Minute dazu, die Nervosität abzulegen. Mit einem herausragenden Spielzug zeigten sie abermals in dieser Saison, warum sie an der Tabellenspitze stehen. Initiiert von Linda Dallmann, die nach einer Steil-Klatsch-Kombination Tempo aufnehmen konnte, erreichte der Ball schließlich Lea Schüller im Strafraum. Die wiederum hielt nicht blind drauf, sondern legte klug zurück, wo Dallmann schon wieder lauerte. Bayerns Nummer 10 blieb cool und brachte ihre Mannschaft in Führung.
Von da an ging alles etwas leichter. Frankfurt lief nur noch hinterher, die Bayern ließen den Ball souverän laufen, während sich Dallmann zunehmend als Spielerin des Spiels hervortat. Schon in der 25. Minute war es wieder die Spielmacherin, die mit einem flachen Abschluss auf 2:0 erhöhte.
Frankfurt schien nun gebrochen, konnte das Ergebnis aber in die Pause retten. Im zweiten Durchgang kamen die Gäste nochmal kurz, aber spätestens mit dem Eigentor von Kapitänin Laura Störzel war das Spiel gelaufen (54.). Ab diesem Zeitpunkt war es nur noch ein Warten auf den Abpfiff und die Feierlichkeiten.
Der Spielverlauf gab Trainer Jens Scheuer schließlich noch die Möglichkeit, Simone Laudehr einen wohlverdienten Abschied zu geben. Für die Schlussviertelstunde durfte die Legende nochmal im Sturm ran. Ein Tor war ihr nicht mehr vergönnt, dafür brach Lea Schüller nach einem Pass von ihr nochmal durch und traf zum 4:0. Noch während des Jubels pfiff Schiedsrichterin Katrin Rafalski die Partie ab. Von da an gab es kein Halten mehr.
Dinge, die auffielen
1. Die Bedeutung der Schale
Wer in die Gesichter der Spielerinnen geschaut hat, der weiß, was dieser Titel für sie und den Klub bedeutet. Als Bianca Rech und die gesamte sportliche Leitung vor 2 Jahren einen Vier-Jahres-Plan aufstellten, hatten sie sich vermutlich nicht erträumt, dass sie so schnell die Hände an die Schale bekommen. Zu dominant war der VfL Wolfsburg in den letzten Jahren, zu weit war man selbst weg. In dieser Saison haben sie es aber erstmals seit dem letzten Titelgewinn 2016 geschafft, über eine gesamte Saison Spitzenniveau zu zeigen und zu halten. Kritische Momente wie nach der 2:3-Niederlage gegen Hoffenheim oder dem Pokalaus in Wolfsburg konnte das Team wegstecken. Die Meisterschale ist die hochverdiente Belohnung einer großartigen Saison.
2. Die Bedeutung der Kaderplanung
Wegweisend für den Titelgewinn und den großen Erfolg in der Champions League war auch die Kaderplanung von Bianca Rech und ihrem Team. Trotz einiger Abgänge, die auf dem Papier nur schwer zu kompensieren waren, haben die Bayern es geschafft, nochmal mehr Qualität in den Kader zu bekommen. Obwohl Spielerinnen wie Giulia Gwinn, Jovana Damnjanović, Viviane Asseyi und viele andere immer wieder, oder gar über weite Strecken der Saison ausfielen, hat die Mannschaft sich fast nie anmerken lassen, dass etwas fehlt. Nahezu alle Neuzugänge sind sofort eingeschlagen und die Kaderbreite war schließlich ein Schlüssel für die beeindruckende Konstanz in der Liga.
3. Die Bedeutung des Teamspirits
Auch weil das Team insgesamt eine geschlossene Einheit war. In den letzten Jahren gab es immer wieder auch Stimmen aus dem Umfeld, die den Zusammenhalt auf und neben dem Platz in Frage gestellt haben. In dieser Saison passte kein Blatt zwischen die Spielerinnen, das Trainerteam und die Führungsetage. Egal ob Ergänzungsspielerinnen oder Stammspielerinnen, alle arbeiteten gemeinsam am großen Ziel, Wolfsburg an der Spitze abzulösen. Man musste nicht sonderlich nah dran sein an der Mannschaft, um zu spüren, wie eng sie in der Coronazeit zusammengewachsen ist. Ein solcher Teamspirit, insbesondere wenn der Kader so breit aufgestellt ist, ist extrem selten im Fußball. In dieser Saison war das über alle anderen Gründe hinaus wohl der entscheidende Faktor.
4. Die Bedeutung für die Zukunft
Das wirklich Schöne am Titelgewinn ist aber, dass er kein Schlusspunkt ist. Die Mannschaft ist hochtalentiert und verfügt über einen guten Mix aus erfahrenen Spielerinnen und jungen Talenten. In der kommenden Saison wird man auf der einen oder anderen Position sicher noch nachjustieren. Der Transfer von Top-Spielerin Saki Kumagai ist bereits ein Indiz. In der Champions League und in den direkten Duellen mit Wolfsburg gab es durchaus noch Luft nach oben. Dinge, die es nach der wohlverdienten Party in den kommenden Tagen und Wochen zu analysieren gilt. Anschließend wird dieses Team, davon ist auszugehen, Lust auf mehr bekommen. Der Meistertitel ist deshalb als Auftakt zu werten. Als Auftakt in eine neue Ära des Frauenfußballs beim FC Bayern München.
5. Die Bedeutung von Simone Laudehr
Okay, für eine Spielerin ist es dann doch ein ganz besonderer Schlusspunkt. Simone Laudehr hat dem Frauenfußball in den letzten Jahren sehr viel gegeben. Sie ist eine der Spielerinnen, die die Entwicklung des Sports im vergangenen Jahrzehnt entscheidend mitgeprägt haben. Deshalb ist es kaum zu hoch gegriffen, sie als Legende des Frauenfußballs zu bezeichnen. Ihre Erfolge sprechen für sich. Da ist es fast schon absurd, dass dieser Meistertitel der erste in ihrer Karriere ist. Sie gewinnt ihn nicht mehr als Stammspielerin, aber als wichtiger Bestandteil einer Mannschaft, die Spielerinnen wie sie im Alltag gebraucht hat. Mit ihrer Erfahrung, ihrer Moral und ihrer Einstellung hat sie das Team gepusht – und sich diesen Meistertitel als Abschied verdient. Dass sie mit Abpfiff nochmal eine Torvorlage gegeben hat, rundet diesen historischen Tag der FC Bayern Frauen ab.
In den kommenden Tagen wird es noch eine tiefergehende Saisonanalyse geben. Bis dahin soll der großartige Erfolg erstmal im Mittelpunkt stehen. Chapeau und herzlichen Glückwunsch an die Frauen des FC Bayern!