FC Bayern Frauen: Gegen Freiburg ein(e) Asseyi im Ärmel

Justin Trenner 07.03.2021

Für die FC Bayern Frauen war die Partie in Freiburg ein erster wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg zum vierten Meistertitel. Es wäre zumindest keine allzu große Überraschung gewesen, hätte die Mannschaft von Jens Scheuer sich das Leben im Breisgau schwer gemacht. Schon im Hinspiel hatten die Bayern das eine oder andere Problem, am Ende entschied ein Standard das Spiel.

Seitdem haben sich die Bayern Frauen weiter gefestigt und immer noch keinen einzigen Punkt in der Liga abgegeben. Nicht nur fußballerisch, sondern insgesamt als Team sind sie stabiler geworden. Über die hohe individuelle Klasse hinaus ist es der Teamgeist, der diese Mannschaft besonders macht.

Das ist bis vor die Bildschirme zu spüren. Selbst Spielerinnen, die die Klasse für die erste Elf hätte, aber hinten dran sind, bringen sich mit 100 Prozent ein, sobald sie gebraucht werden. Die FC Bayern Frauen spielen unterhaltsamen, attraktiven und sehr erfolgreichen Fußball.

Falls Ihr es verpasst habt:

Ein bisschen Sorge gab es, dass die Mannschaft ihre hervorragende Leistung in der zweiten Jahreshälfte 2020 nicht ins neue Jahr transportieren kann. Rund sieben Wochen Winterpause hätten sie aus dem Rhythmus bringen können.

Tatsächlich aber scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Die Pause schärfte die Sinne und die Bayern kamen noch stärker in die Rückrunde. Dass der Auftakt beim Walddörfer SV Hamburg (Regionalliga) im Pokal mit 13:0 gelang, war keine große Überraschung. Und auch das 7:1 sowie das 7:0 gegen die Abstiegskandidaten Meppen und Bremen sind eher der Kategorie Pflichtaufgabe zuzuordnen.

Unter der Woche ging es dann aber für das Champions-League-Achtelfinale nach Kasachstan. Um dort gegen BIIK Kazygurt antreten zu können, brauchte es einen mehrstündigen Flug und ausreichend Zeit, um sich an die Zeitverschiebung zu gewöhnen. Es gelang und die Bayern knüpften an ihre vorherigen Leistungen an. Mit dem 6:1-Erfolg stehen sie trotz ausstehendem Rückspiel so gut wie sicher im Champions-League-Viertelfinale.

Gegen Freiburg: Von Beginn an keine Zweifel am Sieg

Nur wenige Stunden später ging es heute zurück in den Bundesliga-Alltag. Gegen eben jene Freiburgerinnen, die den Bayern das Leben im Hinspiel sehr erschwert hatten. Eine kompakt verteidigende Mannschaft, die, so viel war klar, so lange wie möglich die 0 halten möchte, um am Ende der Partie vielleicht Kapital aus den Reisestrapazen der Bayern schlagen zu können.

Doch es kam anders. Von Beginn an zogen die Münchnerinnen ihren Stil durch: Hohes Pressing, hohe Intensität, viel Tempo. Freiburg kam kaum zur Entlastung, verlor die Bälle nach wenigen Kontakten wieder.

Klara Bühl besorgte in der 6. Minute nach einem schönen Doppelpass mit Linda Dallmann die frühe Führung, die die Aufgabe sehr erleichtern sollte. Folglich spielten nur die Bayern, verpassten aber lange das zweite Tor. In der 37. Minute konnte Lea Schüller dann aber auf 2:0 erhöhen – erneut nach Dallmann-Assist. Im zweiten Durchgang dauerte es erneut sechs Minuten, bis Bühl die Vorentscheidung besorgte: Aus spitzem Winkel nahm sie dem Spiel jegliche Spannung.

Auch Dallmann, die eine starke Leistung zeigte, konnte sich in der 64. Minute in die Torschützinnenliste eintragen. Nach einer Ecke verwandelte sie sehenswert in den rechten Winkel. Das Spiel war nun endgültig gelaufen und die Bayern schalteten in den Verwaltungsmodus. Dass Freiburg kurz vor dem Ende per Elfmeter nochmal auf 1:4 herankam, sollte die erneut tolle Leistung nicht trüben. Zumal Viviane Asseyi bei ihrem Comeback nach Verletzung noch das fünfte Tor nachlegen konnte. In der Entstehung zwar ein Geschenk der Freiburgerinnen, aber eines, das ihr Selbstvertrauen geben wird.

Dinge, die auffielen:

1. Das Pressing wird immer stärker

Vielleicht ist die Arbeit gegen den Ball der größte Qualitätsunterschied zu den anderen Bundesliga-Mannschaften. Hier haben Scheuer, das Trainerteam und die Spielerinnen ganze Arbeit geleistet. Für Teams wie Meppen und Bremen ist dem Druck, den die Bayern auf ihre Gegnerinnen ausüben, sowieso kaum standzuhalten. Auch Freiburg ist „nur“ eine Mannschaft aus dem Bundesliga-Mittelfeld und war an diesem Nachmittag sichtlich überfordert damit. Nahezu bei allen Gegentoren machten sie leichtfertige Fehler.

Trotzdem: Taktisch schieben die Bayern Frauen sehr clever heraus, zwingen ihre Gegnerinnen immer wieder zu diesen Ballverlusten. Es ist bemerkenswert, dass der Elfmeter der Freiburgerinnen trotz des mitunter sehr hohen Pressings erst das dritte Gegentor im 15. Spiel war. Es wird spannend zu sehen, ob sie insbesondere in der Champions League das Selbstvertrauen mitnehmen können. In den letzten Jahren schied man dort auch wegen mutloser und viel zu defensiver Ausrichtung aus – beispielsweise gegen Lyon im letzten Jahr.

2. Mit dem Ball gibt es Fortschritte

Wollte man in der starken Hinrunde ein wenig Kritik äußern, so konnte man auf die mitunter holprige Ballzirkulation im letzten Drittel verweisen. Die Bayern taten sich schwer damit, aus längeren Ballbesitzphasen einen tiefen Block zu knacken. Oft brauchte es Standards, einen Fehler der Gegnerinnen oder ein Traumtor, um ins Spiel zu finden.

In der Rückrunde wissen die Bayern Frauen bisher zu überzeugen. Spielerisch sieht das mitunter schon deutlich besser und leichtfüßiger aus. Auch gegen Freiburg zeigten die Münchnerinnen ein sehr variables Aufbauspiel – mal lang, mal kurz, in jedem Fall aber viel Bewegung zwischen den Linien. Über die Mitte gelangen einige sehenswerte Kombinationen und auf den Flügeln schafften sie es immer wieder, die Freiburgerinnen aus ihren Positionen zu ziehen und dann die tiefen Räume effizient zu bespielen.

Auch hier gilt aber, dass die letzten Gegnerinnen keine Gradmesser waren. Das Top-Spiel gegen Wolfsburg in der Hinrunde wurde zwar gewonnen, doch in vielen Phasen zeigten sich ein paar Probleme unter hohem Gegnerinnendruck. Gerade für die Champions League und die anstehende Schlussphase der Bundesliga-Saison wird es deshalb wichtig sein, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln, was das Spiel mit dem Ball angeht. Mahnen auf sehr hohem Niveau, aber eine Notwendigkeit, um den eigenen Ansprüchen gerecht werden zu können.

3. Variabilität im Kader

Ein ganz großer Trumpf ist in dieser Saison der extrem breit aufgestellt Kader der Bayern Frauen. Würde es nicht so gut laufen, könnte dieser sicher schnell zum Nachteil werden, aber in der aktuellen Situation genießt Trainer Scheuer die Luxusprobleme ganz sicher. Auch deshalb, weil die Spielerinnen sich allesamt voll reinhängen und keine Unzufriedenheiten nach außen getragen werden.

Gegen Freiburg kehrte mit Viviane Asseyi eine weitere Spielerin nach Verletzung zurück in den Kader. In der 66. Minute ersetzte sie die zuletzt bärenstarke Lea Schüller. Vor ihrer Verletzung war Asseyi eine absolute Leistungsträgerin, die mit ihrer Dynamik und ihrem Mut in der Offensive den Langzeitausfall von Giulia Gwinn mit auffangen konnte. Als sich auch noch Asseyi verletzte, hätte es schnell eng werden können.

Doch die Mannschaft fängt diese Rückschläge immer wieder auf und lässt nahezu keinen Qualitätsverlust zu. Dass Asseyi nach ihrer Rückkehr direkt ein Tor erzielt, passt da irgendwie ins Bild. Sie wird in den kommenden Wochen wieder eine wichtige Rolle einnehmen, davon ist auszugehen.

4. Mit Selbstvertrauen in die kommenden Aufgaben

Wie bereits angedeutet, war das nur das Warm-up für die kommenden Aufgaben. Noch im März geht es im Pokal nach Hoffenheim, ehe dann im April nach einer Länderspielpause die wichtigste Bundesliga-Phase beginnt: Nach dem Heimspiel gegen Hoffenheim am 18. April könnten die Auswärtsspiele in Potsdam (25. April) und in Wolfsburg (8. Mai) die Meisterschaft (vor)entscheiden. Aber auch anschließend bleibt es heiß: An den letzten beiden Spieltagen ist man zu Gast in Leverkusen, um am letzten Spieltag daheim gegen Eintracht Frankfurt zu spielen. Zwischendrin wird es noch das eine oder andere Champions-League-Spiel geben.

Bis dahin sind alle anderen Partien Pflichtaufgaben. Auch die gilt es allerdings erstmal in dieser souveränen Art und Weise zu lösen, wie die Frauen es in den letzten Wochen getan haben. Der Weg zum vierten Meistertitel nach 1976, 2015 und 2016 ist noch weit. Aber im Moment lassen die Bayern keine Zweifel daran, dass der Titel in diesem Jahr nach München geht. Denn in dieser Verfassung können sie sich auch bei diesem Spielplan nur selbst schlagen.