FC Bayern München – Hamburger SV 6:0 (3:0)

Felix Trenner 10.03.2018

Schon vor der Partie deutete sich wegen der Startformationen an, wie dieses Spiel aussehen würde.

Falls Ihr es verpasst habt:

Jupp Heynckes blieb gegen den HSV bei seiner Rotations-Richtlinie und wechselte erneut fast die halbe Mannschaft aus. Daraus ergab sich eine Viererkette mit Kimmich, Boateng, Hummels und Alaba, ein Mittelfeld mit Martínez und Vidal sowie einer offensiven Viererreihe aus Robben, Müller, Lewandowski und Ribéry.

Die Grundformationen beider Mannschaften. Hamburg reagierte bereits nach 25 Minuten.

Bis auf die verletzten Coman sowie Neuer und den erst kürzlich genesenen James bot Heynckes somit eine Art aktuelle A-Elf auf und bestätigte damit seine vor ein paar Wochen getätigte Aussage, der Stammformation Spielpraxis zu geben. Für Wagner, Rudy, Tolisso, Süle, Thiago und Bernat bedeutete dies einen Bank-Platz.

Die angesprochene Vierer-Offensivreihe sollte die defensiv eingestellte HSV-Mannschaft um den Strafraum herum binden. “Defensiv eingestellt” darf im Bezug auf die Startelf der Norddeutschen allerdings fast schon als Untertreibung gelten: Mit Santos, Papadopoulos, van Drongelen, Diekmeier sowie Jung und Walace auf der Doppelsechs und Sakai, nominell auf dem rechten Flügel, standen sieben Defensivspieler auf dem Platz. Kostic, Hunt und Schipplock bildeten die kleine Offensivabteilung.

Genau acht Minuten lang hatte diese kleine Division einen Anreiz, hoch zu stehen und gegen die Bayern-Kette zu pressen – dann kam Franck Ribèry und verwertete einen unglücklichen Fehlpass von Sakai gekonnt zum 1:0. Die frühe Führung sorgte für das, wofür eine frühe Bayern-Führung gegen den HSV immer sorgt: Panik. Und da Panik in Zweikämpfen im Strafraum ein schlechter Begleiter ist, hatte Robert Lewandowski beim 2:0 vier Minuten später leichtes Spiel und köpfte nach Kimmich-Flanke ein.

In der 19. Minute folgte Tor Nummer Drei, bei dem weder Boateng vor seinem perfekt gespielten langen Ball, noch Alaba bei seiner schönen Weiterleitung im Strafraum und nicht einmal Lewandowski bei seinem Abschluss gehindert wurden. Es bereitete einem fast schon Schmerzen, die passive, inkonsequente und komplett verunsicherte HSV-Defensive bei ihrem Versuch zu beobachten, irgendwie nicht unterzugehen.

Dabei sollte in der Folge eine Umstellung auf eine kompakte Viererkette helfen (Spoiler: Auch diese Maßnahme änderte nur wenig). Dass das 3:0 auch das Halbzeitergebnis war, lag vor allem an der etwas gemächlicheren Münchner Spielweise und einer nicht ganz optimalen Chancenverwertung.

Schon nach acht Minuten beendete Ribéry die Hamburger Träume.
(Foto: Guenter Schiffmann / AFP / Getty Images)

Auch in der zweiten Hälfte setzte sich die ruhige, konzentrierte Spielweise der Bayern fort. Neun Minuten lang kombinierten die Roten um den Strafraum herum – dann traf Arjen Robben zum 4:0 und sorgte für die erste nennenswerte Szene nach der Pause. Die weiteren: Tolissos Verletzung in der 62. Minute, die zu seiner Auswechslung führte, Thiagos Pfostentreffer nach schöner Kombination über links in der 66. Minute, Lewandowskis Großchance in der 75. und Ribérys wunderschönes Solo zum 5:0 in der 80. Minute.

Robert Lewandowski setzte den Schlusspunkt – mit einem verschossenen und einige Minuten darauf mit einem verwandelten Elfmeter. Ein 6:0 gegen den HSV über das es in der Analyse nur wenig zu sagen gibt. Wir versuchen es trotzdem in drei Dingen, die auffielen.

Drei Dinge, die auffielen:

1. Großartiger Müller

Es mag etwas untergegangen sein in letzter Zeit, aber Thomas Müller hat es seit einigen Monaten geschafft, die vielleicht größte Krise seiner Karriere komplett hinter sich zu lassen. Auch gegen den HSV zeigte Müller eine herausragend gute Leistung. Seine Spielweise als Raumfüller irgendwo zwischen Lewandowski, Robben und Ribéry ist derzeit der entscheidende Baustein im Münchner Angriffsspiel. Müller schafft es immer wieder, Überzahlsituationen zu kreieren und ist gleichzeitig als zweite Anspielstation im Strafraum unentbehrlich.

Dazu kommt der Müller-Faktor: Der Kapitän marschiert mit einer derart beeindruckenden Einstellung voran, dass niemand in der Mannschaft auf die Idee kommt, in irgendeiner Form nachzulassen. Ein Beispiel: Mitte der ersten Hälfte klärt der HSV in der Defensive einen Ball ins Seitenaus – und Müller? Rennt wild gestikulierend auf den Balljungen zu, um möglichst schnell die Überzahlsituation auszunutzen.

Diese Mentalität, in Kombination mit seiner spielerisch-taktischen Klasse und seiner derzeit herausragenden Form lassen Müller immer mehr zu dem entscheidenden Trumpf im Kampf um die großen Ziele der Saison werden. Dass der “Raumdeuter” seine Krise komplett hinter sich gelassen hat, ist die vielleicht beste Nachricht der bisherigen Bayern-Saison.

2. Genau richtige Dosierung

Für Spiele wie das am Samstag gegen den HSV gibt es theoretisch zwei Herangehensweisen. Option 1 wäre, die klare B-Elf spielen zu lassen, vielleicht ergänzt durch einige Talente aus dem Nachwuchs. Klar, das könnte zum Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung führen, hätte aber wohl auch gereicht, um den schwachen HSV zu schlagen.

Option 2 wäre, mit Vollgas auf ein hohes Ergebnis zu spielen. Pep Guardiola hätte das vermutlich getan und von seiner Mannschaft verlangt, eine durch die Bank perfekte Leistung abzurufen. Ohne Frage, für beide Varianten gibt es zur Genüge Argumente. Der Heynckes-Ansatz jedoch ist vermutlich die beste Kombination aus beidem.

Die Elf, die der routinierte Bayern-Trainer auf den Platz schickte, war über 90 Minuten fokussiert und auf den Punkt genau eingestellt. Es war eine rundum solide Vorstellung dieser Mannschaft – aber eben eine, die den effizienten Umgang mit den Ressourcen ermöglichte.

Eine Mannschaft so zu coachen, dass sie auf ihrem höchsten Niveau bleibt ohne sich zu verausgaben, ist eine Kunst – Jupp Heynckes hat am Samstag bewiesen, dass er sie beherrscht.

3. Eine schlechte Nachricht…

…haben wir doch noch: Der Hamburger SV wird, so der heiße Tipp der Miasanrot-Redaktion, am Ende dieser Saison absteigen. Das ist eine schlechte Nachricht für alle HSV-Fans (auch der Autor dieser Zeilen ist einer dieser armen Kerle), aber auch für die Bayern-Fans. Ob Düsseldorf, Nürnberg, Kiel, Bielefeld oder Regensburg – wer immer für den HSV in die Liga kommt, wird es dem FC Bayern schwerer machen.

Denn, so viel lässt sich festhalten: Leichter als die Heimspiele gegen den HSV war in den letzten Jahren kein Saisonspiel.

Bayern – Hamburg
Bayern Ulreich – Alaba, Hummels, Boateng, Kimmich – Martínez, Vidal (46. Tolisso (65. Rudy)), Müller – Ribéry, Lewandowski, Robben (63. Thiago)
Bank Wagner, Süle, Bernat, Starke
Hamburg Mathenia – Douglas, van Drongelen, Papadoupolos, Sakai, Diekmeier (26. Janjicic) – Walace (70. Vagnoman), Jung – Kostic, Schipplock, Hunt
Bank Hahn, Pollersbeck, Waldschmidt, Jatta, Salihovic
Tore 1:0 Ribéry (8.), 2:0 Lewandowski (12.), 3:0 Lewandowski (19.), 4:0 Robben (55.), 5:0 Ribéry (81.), 6:0 Lewandowski (90., FE)
Karten Gelb: Vidal (4.) / van Drongelen (28.), Santos (75.)
Schiedsrichter­ Christian Dingert, Tobias Christ, Timo Gerach, Arno Blos, Sascha Stegemann, Robert Kempter
Zuschauer 75.000