Spieler des Jahres: Arjen Robben

Steffen Trenner 23.12.2014
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Spieler des Jahres: Arjen Robben

Es war der sechste Elfmeter im Champions League-Finale 2001. Es stand 2:2, doch der FC Bayern stand nach dem verschossenen Elfmeter von Paulo Sergio bereits gehörig unter Druck. Zlatko Zahovič trat an und Kahn lenkte den halb hoch geschossenen Ball um den Pfosten. Marcel Reif schrie einfach nur „Kahn!“, um nach einer kurzen Pause nachzulegen: „Kahn… Oliver Kahn… Wer sonst? WER SONST?“ Oliver Kahn war neben Stefan Effenberg die prägende Figur der Hitzfeld-Ära, die durch den Champions League-Triumph gekrönt wurde. Etwas mehr als 10 Jahre später gibt es wieder einen Spieler, der eine Ära maßgeblich geprägt hat. Einer, der an allen großen, aber auch allen schlimmen Momenten der vergangenen 4-5 Jahre entscheidend beteiligt war. Einer, der auch im Jahr 2014 Momente erzeugte, die Marcel Reif mit der gleichen Frage wie bei Kahn hätte versehen können. Nur, dass es dieses Mal heißen müsste: „Arjen Robben… Wer sonst? WER SONST?“

Der Niederländer hat das vielleicht konstanteste Jahr seiner Karriere hinter sich. Er verweist nach unserer Umfrage bei Twitter und Facebook die mitnominierten Manuel Neuer und Jerome Boateng auf die Plätze 2 und 3. Arjen Robben, der bei vielen anderen Auszeichnungen allzuoft übersehen wurde, ist unser Spieler des Jahres 2014.

Der konstanteste Robben aller Zeiten

Zwischen 2009 und 2013 absolvierte Robben allein in der Bundesliga nur knapp 57 Prozent aller möglichen Partien. Kleinere und größere Verletzungen – immer wieder auch muskuläre Probleme – verhinderten einen regelmäßigen Spielrhythmus. Im Jahr 2014 blieb der 30-Jährige fast vollständig von längeren Verletzungen verschont. In der Rückrunde der Saison 2013/2014 spielte Robben in 16 von 17 möglichen Rückrunden-Spielen und stand zudem in jedem Champions League und DFB-Pokalspiel auf dem Platz. In der Hinrunde der laufenden Saison absolvierte er 13 der 17 möglichen Bundesliga-Partien und 5 von 6 Champions League Begegnungen. 20 Pflichtspieltore und 12 Assists gelangen dem Niederländer im Jahr 2014. Gerade in der Hinrunde der laufenden Saison drehte Robben dabei mächtig auf. Er dominiert beinahe alle wesentlichen der Offensivstatistiken der Bundesliga.

10 Tore in der Bundesliga bedeuten Platz 2 in der Torjägerliste. 0,8 Tore pro Partie bedeuten den geteilten ersten Rang mit Alex Meier von Eintracht Frankfurt. 4,5 Mal pro Spiel oder alle 18 Minuten schießt Robben aufs Tor. Ebenfalls der absolute Bestwert in der Bundesliga. Ähnliche Werte erreicht der Flügelstürmer in der Champions League. Mit einem Torschuss pro 19 Minuten belegt er hier einen Platz in den Top-10. 4,6 erfolgreiche Dribblings pro 90 Minuten in der Liga bringen ihn laut whoscored.com auf Platz 4. Bei den „key-passes“, also den Pässen, die direkt zu einem Schuss aufs Tor führen belegt Robben mit 3,3 Schlüsselpässen pro 90 Minuten Rang zwei hinter Kevin de Bruyne. All das zeigt: Robben hat sich in veränderter Rolle unter Guardiola zu einem allround Offensiv-Monster entwickelt. Robben ist heute der einzige Bundesliga-Spieler, der selbst mehr Tore schoss (66), als sein Team Gegentreffer kassierte (65).

Weiterentwicklung unter Guardiola

Die spielerische Weiterentwicklung begann fraglos nicht erst unter Guardiola, aber sie ist heute so sichtbar wie vielleicht noch nie. Während ihn van Gaal noch als klassischen nach innen ziehenden Flügelstürmer einsetzte, der (gerade defensiv) viele Freiheiten genoss und sich unzählige Dribblings und Anläufe leisten konnte, setzte schon unter Heynckes eine schleichende Metarmorphose ein. Zunächst vor allem sichtbar in seiner deutlich verbesserten Defensiv-Arbeit. Schon in der Endphase unter Heynckes durfte Robben aber auch stärker auf dem Feld rotieren, tauchte mal im Zentrum, mal auf dem linken Flügel auf. Unter Guardiola ist dieses Wechselspiel noch natürlicher geworden.

Nur noch selten wie zum Beispiel beim 7:1 gegen Rom agiert Robben als klassischer Rechtsaußen, der mit Anlauf kommt. Robben spielt zentraler, ist involvierter und auch passorientierter als noch zu Beginn in München. Es gab viele, die ihm Probleme mit Guardiolas Spielweise prophezeiten. Zu oft würden seine Dribblings das Tempo verschleppen und den Spielfluss stören. Zu wenig sei sein Egoismus und seine vielen Abschlüsse mit Guardiolas Spielidee vereinbar. Viele Kritiker und Experten müssen heute konstatieren, dass sie sich getäuscht haben. Robben hat sein Spiel weiterentwickelt ohne an Gefährlichkeit und Durschlagskraft einzubüßen – auch weil Guardiola ihn durch variable Positionierungen mehr Situationen in Tornähe ermöglicht, die er nicht durch ein aufwändiges Dribbling ohne einen Tempolauf selbst einleiten muss.

Wembley verändert alles

Fraglos hat diese Entwicklung viel mit dem 25. Mai 2013 zu tun. Das Champions League-Finale in Wembley war auch für Robben der definierende Moment seiner Karriere. Mit einem Spiel veränderte sich sein komplettes fußballerisches Vermächtnis. Ein Jahr nach dem Drama in München und einem erbärmliche Pfeifkonzert in der Allianz Arena beim Freundschaftsspiel gegen die Niederlande, hatte Robben endgültig alles gedreht. Mit seinem Siegtreffer zum 2:1, bei dem er sein Tempo, seine Geschmeidigkeit und seine Technik voll zur Geltung brachte, begann für den Fußballer Arjen Robben irgendwo auch eine neue Zeitrechnung.

Er, der zuvor häufig als wütender, missverstandener durchaus egoistisch veranlagter Querkopf auftrat, schien auf einmal wie befreit. Er, der es immer allen beweisen wollte, musste auf einmal niemandem mehr etwas beweisen. Seitdem schwebt Robben irgendwie gelassen, aber gleicheitig ehrgeizig und gefräßig wie zuvor in die Endphase seiner Karriere. Es scheint heute undenkbar, dass sich Robben mit einem Mitspieler, um die Auführung eines Freistoßes oder gar Einwurfes streiten könnte – von einem Konflikt, um zwei Elfmeter gegen Mainz und Pilsen im Herbst 2013 mal abgesehen. Wenn Robben heute einmal von Müller oder Ribéry in aussichtsreicher Position übersehen wird, winkt er nicht mehr ab, sondern weist freundlich, aber bestimmt auf seine bessere Positionierung hin. In Interviews vermutet er nicht mehr hinter jeder Frage eine Falle, sondern erlaubt regelmäßig gelöst einen Einblick in seine Gedankenwelt. 14 Mal wurde Robben im Jahr 2014 ausgewechselt. Probleme gab es damit anders als früher eigentlich nie.

Besondere Momente 2014

Robben war neben seiner starken Gesamtperformance auch 2014 ein Mann für besondere Momente. 3 Tore beim 5:1 gegen Schalke im März. 2 Torbeteiligungen beim emotionalen 3:1-Heimerfolg gegen Manchester United im CL-Viertelfinale. 2 Torbeteiligungen beim wichtigen 2:1-Sieg am 1. Spieltag gegen Wolfsburg. Zwei Tore beim 7:1 gegen Rom im Oktober, bei dem Robben eine überragende Leistung zeigte. Der späte Siegtreffer zum 2:1 gegen Dortmund am 10. Spieltag der laufenden Saison und zum Schluss der späte Siegtreffer gegen Mainz am 17. Spieltag am vergangenen Wochenende.

Der absolute Höhepunkt blieb aber auch im Jahr 2014 einem Finale vorbehalten. Wie schon 2013 hieß der Gegner Dortmund. Dieses Mal im DFB-Pokalfinale. Wieder brachte Robben sein Team auf die Siegerstraße, als er nach aufopferungsvollem Spiel in der in der 107. Minute eine Flanke von Boateng zum 1:0 über die Linie drückte. Es war wieder so ein Moment, indem einem die Worte von Marcel Reif in den Sinn kamen… „Wer sonst? WER SONST?“. Und irgendwie gilt dies nach diesem Jahr auch für die Wahl zum Miasanrot Spieler des Jahres.

Arjen Robben. Wer sonst?