Shakhtar Donezk – FC Bayern 0:0

Steffen Trenner 17.02.2015

Falls Ihr es verpasst habt:

Viele Diskussionen hatte es in der Vorwoche über das Mittelfeld-Duo Schweinsteiger/Alonso gegeben – Guardiola brachte schließlich (etwas überraschend) beide von Anfang an. Weil Medhi Benatia aufgrund einer Muskelverhärtung nur zuschauen konnte, spielte Alaba als formeller linker Innenverteidiger in einer Viererkette. Ribéry rückte erstmals in der Rückrunde in die Startelf, Lewandowski blieb dafür zunächst draußen.

Es entwickelte sich von Beginn an ein sehr kontrolliertes, aber durchaus ruppiges Spiel mit wenigen Torszenen auf beiden Seiten. Die Gäste entwickelten aber im Vergleich etwas mehr Torgefahr und hatten vor allem nach schnellen Kombinationen über Robben, Götze und Müller 3-4 gute Szenen in Strafraumnähe.

Nach der Pause wurde das Spiel noch härter und zunehmend unansehnlich. Costa hätte für einen heftigen Ellbogenschlag gegen Ribéry Rot sehen müssen, bekam jedoch nur Gelb. Dafür erwischte es wenig später Xabi Alonso, der in seinem 100. Champions League-Spiel nach einem taktischen Foul Gelb-Rot sah (65.) und ein ohnehin schweres Auswärtsspiel so noch schwerer machte. Es war zwar erst sein drittes Foul – doch der Platzverweis lag nach mehreren riskanten Grätschen Alonsos irgendwie in der Luft. Guardiola reagierte prompt und brachte Badstuber und Lewandowski für Müller und Götze. Zwei Wechsel mit insgesamt wenig Wirkung. Auch in der Folge störten viele Fouls den Spielfluss. So blieb es bei einem insgesamt wohl gerechten 0:0-Unentschieden.

Drei Dinge, die auffielen:

1. Guardiolas kontrollierte Ausrichtung bringt Vor- und Nachteile

Als die Aufstellung der Bayern etwa eine Stunde vor dem Spiel bekannt gegeben wurde, durfte einmal mehr spekuliert werden. Guardiola überraschte durchaus mit dem Verzicht auf Lewandowski und auf einen zweiten Innenverteidger neben Boateng. Alonso als zentraler Innenverteidiger in einer Dreierkette? Rafinha und Alaba als Halbverteidiger? Am Ende wurde es die konservativste aller denkbaren Ausrichtungen. Guardiola versuchte seiner Elf mit einem für Bayern-Verhältnisse recht starren 4-1-4-1 Struktur zu geben. Alonso kippte im Spielaufbau tief ab, Schweinsteiger agierte als flexibler zentraler Mittelfeldspieler davor und sollte den Übergang zu den vier offensiv ausgerichteten Spielern vor ihm herstellen und selbst immer wieder in den Strafraum nachstoßen. Ähnlich wie dies bereits gegen Wolfsburg zum Rückrundenstart interpretiert wurde.

Die Wahl von Alaba (83% Zweikampfquote) als zweitem Innenverteidiger neben Boateng hatte wohl vor allem zwei Gründe. Badstuber scheinen zwei Spiele innerhalb von vier Tagen noch nicht zugetraut zu werden und der Österreicher war für Guardiola gegen die schnellen Offensivspieler der Hausherren offenbar das bessere Matchup als Dante.

Die klaren, kontrollierten Strukturen hatten positive und negative Effekte. Positiv war, dass Bayern über weite Strecken der Partie defensiv extrem wenig zuließ. Die gefürchteten Konter der Ukrainer prallten meist spätestens bei Boateng ab, der 6 effektive Klärungen und 3 abgefangene Bälle verbuchte (jeweils Bestwert). Negativ war, dass zum Beispiel Bernats offensive Qualitäten durch eine sehr zurückhaltende Ausrichtung verpufften. Auch ansonsten präsentierten sich die Münchner im Offensivspiel deutlich weniger fluid und spielfreudig und kamen so nur selten über gute Ansätze hinaus. Positionswechsel gab es meist nur zwischen Götze und Müller und durch die unterstützende Rolle von Schweinsteiger – ansonsten blies es zwar offensiv ausgerichtet, aber nicht mit der letzten Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit umgesetzt. Dass Donezk sich als defensiv gut strukturiertes und auch individuell zweikampfstarkes Team präsentierte, kam erschwerend hinzu.

Der Platzverweis gegen Alonso sorgte dann dafür, dass Bayern noch kontrollierter agierte. Zwar blieben sie die offensiv gefährlichere Mannschaft und rückten durchaus mutig heraus – nach Ballverlust überwog aber eindeutig die defensive Absicherung gegenüber dem riskanteren Gegenpressing. Defensiv zahlte sich das aus. Bis zum Schluss blieb Donezk bei nur einem Torschuss durch einen Freistoß und ansonsten insgesamt völlig ungefährlich.

Es wird sich erst nach dem Rückspiel zeigen, ob sich Guardiolas eher vorsichtiger Ansatz im Hinspiel auszahlen wird. Mit den Rahmenbedingungen im extrem kalten Stadion in Lemberg und der unklaren Form des Gegners im Vorfeld der Partie hat er durchaus Argumente auf seiner Seite. Guardiolas mit Nachdruck geäußerter Respekt vor dem Gegner war offenbar keine Floskel. Klar ist: Die Münchner werden in vier Wochen im Rückspiel deutlich mehr Risiko gehen müssen. Das 0:0 ist eine gefährliche Ausgangslage.

2. Fragezeichen hinter Schweinsteigers Rolle

Es war das Top-Thema der vergangenen Tage und nach dem Auftritt gegen Donezk wird die Diskussion über die Co-Existenz von Schweinsteiger und Alonso sicherlich weitergehen. Die Diskussion, ob die beiden erfahrenen und hochdekorierten Mittelfeldspieler „zusammen spielen können“ erübrigt sich eigentlich. Die Frage ist aber schon, ob Guardiola insbesondere Schweinsteiger mit einer Rolle wie am Dienstag-Abend nicht seiner Stärken beraubt. Am Samstag glänzte der Vizekapitän gegen den HSV auf der Sechs mit seinem besten Saisonspiel. Er hatte das Spiel vor sich, kurbelte an, stoppte Gegenstöße mit robustem Einsatz. Gegen Donezk hatte Schweinsteiger das Spiel so gut wie nie vor sich. Er lief viel und durchaus klug in die gefährlichen Räume am Sechzehner, musste Bälle durch seine hohe Positionierung aber meist mit dem Rücken zum Tor und hohem Gegnerdruck verarbeiten. Schweinsteiger hatte zur Halbzeit nicht einmal 30 Ballkontakte, nur Thomas Müller hatte noch weniger. Auch die Passquote (72%) fiel gegen den Rest des Teams deutlich ab. Bis zum Schlusspfiff steigerte er sich auch durch den Positionswechsel auf die Sechs nach Alonsos Platzverweis immerhin auf 70 Ballkontakte und fast 80 Prozent Passquote.

Auf der anderen Seite gewann Schweinsteiger auch in der hybriden Rolle bis zu Alonsos Platzverweis viele Zweikämpfe (10 ingsesamt), hatte die meisten Torschüsse (2) und war insgesamt an mehreren gefährliche Szenen im Strafraum (2., 19., 42., 49.) beteiligt. Er findet also auch in dieser Rolle durchaus Wege seinem Team zu helfen, allerdings war ihm das Unbehagen mit der veränderten Positionierung auf dem Feld durchaus anzumerken. Für das Rückspiel gegen Donezk in vier Wochen hat sich das Thema erst einmal erledigt. Schweinsteiger dürfte durch Alonsos Sperre auf der Sechs gesetzt sein. Trotzdem stellt sich die Frage über die Rollenverteilung von Schweinsteiger und Alonso nun Woche für Woche. Alonso den Platzverweis anzukreiden greift zu kurz. Trotzdem ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Spanier trotz nur dreier Fehlpässe und immerhin 14 gewonnenen Zweikämpfen aktuell nicht spritzig und handlungsschnell genug wirkt. Guardiola wird auch über das in der Winterpause andiskutierte Jobsharing zwischen den beiden Führungsspielern auf der Sechs nachdenken müssen.

3. Kratzen, beißen, kämpfen

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35 Fouls. 6 Gelbe Karten. Eine Gelb-Rote Karte. Dazu mindestens fünf bis zehn nicht geahndete Fouls. Ungewohnt hohe Werte für ein Spiel des FC Bayern, zumal die Münchner selbst mit 20 gepfiffenen Fouls rekordverdächtig oft hinlangten. Es gibt zwei Möglichkeiten dies zu bewerten. Die positive Variante ist, dass sich die Guardiola-Elf wehrte, sich nicht den Schneid abkaufen ließ und mehrfach Konter durch energische Fouls unterband. Die negative Variante ist, dass sich die Gäste von der ruppigen Gangart der Orange-Schwarzen anstecken ließen und zudem in mehreren Szenen zu spät kamen und zu Fouls gezwungen wurden. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo in der Mitte.

Bayern wirkte von Beginn an sehr aggressiv. Dass selbst Götze Gegenspieler wegschubste, kann als Beleg dafür gelten. Trotzdem wird Guardiola in der Nachbereitung adressieren, dass die vielen Fouls insgesamt den Spielfluss extrem störten und so für eine hohe Zerfaserung des Spiels sorgten. So etwas spielt in der Regel immer dem Gegner in die Karten. Dass der Rekordmeister nun schon den zweiten Platzverweis in fünf Rückrundenspielen kassierte, ist ebenfalls ein Trend, der sich nicht fortsetzen sollte. Vor allem Schweinsteiger (5 Fouls) und Boateng (3 Fouls) fielen erneut mit riskanten Grätschen auf. Guardiolas Vorgaben sind hier sicher andere.

Shakhtar Donezk – FC Bayern 0:0
Shakhtar Donezk Pyatov – Srna, Kucher, Rakytskyy, Shevchuk – Fernando, Fred – Douglas-Costa (78. Marlos), Taison (84. Wellington) – Alex Teixeira – Luiz Adriano (89. Gladkyy)
Bank  Kanibolotskyi, Kryvtsov, Azevedo, Ilsinho
FC Bayern Neuer – Rafinha, Boateng Alaba, Bernat – Schweinsteiger, Xabi Alonso – Robben, Müller (70. Badstuber), Götze (75. Lewandowski), Ribéry
Bank Reina, Starke, Dante, Rode, Weiser
Tore  /
Karten Gelb: Srna, Costa, Fred / Schweinsteiger, Boateng, Rafinha / Gelb-Rot: Xabi Alonso
Zuschauer  30.000
Schiedsrichter Alberto Mallenco (Spanien)

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