FC Bayern Nachwuchs: Ausblick auf 2017

Justin Trenner 28.12.2016

Bereits 2006 erwarb der FC Bayern München e.V. einen Teil der Fürst-Wrede-Kaserne. Zuerst war das Gelände für sämtliche Nebenabteilungen des Vereins vorgesehen. Zahlreiche Hallen sollten entstehen, darunter eine 5000 Zuschauer fassende Halle für die erste Mannschaft der Basketballer. Doch die Planungen gestalteten sich schwierig.

Zum einen waren erhebliche Altlasten im Boden zu beseitigen, die durch die vorherige Kasernennutzung entstanden waren. Zum anderen verläuft die Stadtgrenze zwischen München und Oberschleißheim direkt über das Gelände. Für sämtliche Genehmigungen mussten also die Behörden zweier verschiedener Städte auf eine gemeinsame Linie gebracht werden. Im durchaus recht bürokratischen Deutschland keine so leichte Sache. Dadurch, dass die Genehmigungen sich so lange hinzogen, konnten die Planungen mehrfach überarbeitet werden und den aktuellen Bedürfnissen angepasst werden.

Als der FC Bayern 2006 das Gelände erwarb, war an der Säbener Straße der Erweiterungsbau, in dem sich heute unter anderem das Service Center und der Fanshop befinden, noch in der Planung. Das Nachwuchsleistungszentrum des FC Bayern war zudem in jener Zeit unangefochtene Nummer 1 in Deutschland und auch infrastrukturell auf dem Stand der Zeit. In den zehn vergangenen Jahren wuchs der Verein jedoch unaufhaltsam. Der Umsatz wie auch die Mitgliederzahl haben sich in etwa verdreifacht.

An der Säbener Straße sind mittlerweile zahlreiche provisorische Containerbüros aufgebaut, in denen Mitarbeiter untergebracht sind. Und auch beim Nachwuchsleistungszentrum hat der FC Bayern nicht nur sportlich Boden verloren. Angetrieben durch die TSG Hoffenheim und Rasenballsport Leipzig, die beide nicht nur Nachwuchsspieler mit finanziellen Angeboten in neuen Dimensionen köderten, sondern auch enorm viel Geld in die Infrastruktur investierten, haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Bundesligisten ihre Nachwuchsleistungszentren infrastrukturell ausgebaut.

Diesen immer größer werdenden infrastrukturellen Rückstand hat Matthias Sammer bereits in seinen ersten Monaten beim FC Bayern erkannt und die komplette Ausrichtung des Geländes auf ein Nachwuchsleistungszentrum forciert. Das führte zwar zu weiteren Verzögerungen, weil die Planungen nochmals überarbeitet und genehmigt werden mussten, stellt aber sicher, dass das neue Gelände perfekt auf die Bedürfnisse zugeschnitten ist.

So ist lediglich eine einzige Halle (B) aus den ursprünglichen Planungen übrig geblieben, dafür stehen künftig zwei Kunstrasenfelder und fünf Naturrasenfelder zur Verfügung. Zum Vergleich: An der Säbener Straße trainieren unsere Nachwuchsmannschaften derzeit auf drei Spielfeldern.

Im großen Akademiegebäude (C) sind nicht nur Kabinen und Büros untergebracht, sondern auch das Internat samt Mensa. Insgesamt sollen nach letzten Planungen rund 35 Wohnplätze für Spieler entstehen, das sind satte 20 mehr als zuletzt an der Säbener Straße. Im Vereinsheim (D) entstehen eine Gaststätte samt Biergarten, ein Fanshop, die Hausmeisterwohnung sowie weitere Büros. Auf dem mit (E) gekennzeichneten Feld wird ein Kunstrasenfeld für Technik- und Koordinationsübungen gebaut.

Zur Pflege des Areals entsteht außerdem ein Greenkeepinghof (F). Neben dem Jugendstadion (A) entstehen zudem zahlreiche Parkplätze (G). In diesem Stadion, welches Platz für 2500 Zuschauer bietet, werden die U19 und die U17 ihre Heimspiele austragen. Die Plätze 2 und 3 sind ebenfalls Teil des „öffentlichen Bereichs“ und für den Spielbetrieb vorgesehen, sie besitzen zudem eine gemeinsame kleine Tribüne.

Die Amateure werden weiter ihre Heimspiele in der „Hermann-Gerland-Kampfbahn“ austragen. Zuverlässig will das bis heute keiner sagen, die Planungen ändern sich da wohl auch teilweise noch, aber nach dem letzten mir bekannten Stand werden die Amateure auch an der Säbener Straße bleiben. Irgendwo gibt es gezwungenermaßen einen „Cut“, der verhindert, dass Spieler einfach problemlos auf dem gleichen Gelände bei der nächsthöheren Mannschaft trainieren können.

Das Problem bringen zwei Gelände, die an komplett unterschiedlichen Ecken der Stadt liegen, nun einmal mit sich. Wo dann diese Trennlinie genau gezogen wird, ist eine schwierige Entscheidung, die sicher wohlüberlegt sein muss.

Das Zentrum muss mit Leben gefüllt werden

Mit dem Bau des Nachwuchsleistungszentrums investiert der FC Bayern rund 70 Millionen Euro in Steine. Doch das beste Nachwuchsleistungszentrum wird auch ohne gutes Konzept nicht funktionieren. Dass der FC Bayern da jedoch auf einem guten Weg ist, haben wir in der Halbjahresbilanz dargelegt. Die zahlreichen Änderungen, die in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht wurden, tragen immer mehr Früchte in Form von fast durchgehend konstant starken Jahrgängen.

Hier gilt es für die Verantwortlichen künftig, noch an Feinheiten zu arbeiten und weiterhin die Mannschaften konsequent Jahr für Jahr zu verstärken. Dazu gehört wohl ein künftig noch aggressiveres Agieren auf dem Transfermarkt, hier war der FC Bayern in den vergangenen Jahren nicht nur im Vergleich zu den Neulingen Hoffenheim und Leipzig, sondern auch im Vergleich zu Traditionsvereinen wie Schalke und Dortmund sehr zurückhaltend. Dazu gehören mittlerweile auch immer öfter Ablösesummen, die sich später aber meist durch Ausbildungsentschädigungen selbst dann zurückzahlen, wenn der Spieler es nicht beim eigenen Verein schafft.

Ganz sicher nicht ewig die Gesamtleitung beibehalten wird Wolfgang Dremmler, der 2012 kurzfristig für Jörg Butt einsprang. Er äußerte bereits vor langer Zeit in einem Fangespräch, dass seine Zeit begrenzt sei. Unter seiner Leitung erreichte der FC Bayern erstmals mit drei Sternen die höchstmögliche Wertung in der Zertifizierung des Nachwuchsleistungszentrums. Dremmler absolviert auch am Wochenende ein enormes Pensum, nahezu kein Nachwuchsspiel an der Säbener Straße findet ohne ihn als Zuschauer statt.

Ganz im Gegensatz zu Heiko Vogel, der als sportlicher Leiter nur recht selten bei den Spielen der ihm zugeteilten Mannschaften U16, U17 und U19 zu sehen ist. Im Interview bei bfv.tv äußerte Uli Hoeneß zuletzt, dass Heiko Vogel eingesehen hätte, dass die Doppelfunktion Trainer der Amateure und sportlicher Leiter nicht optimal ist. Es liegt also nahe, dass Heiko Vogel in der kommenden Saison nur noch einen der beiden Posten bekleiden wird, dem er sich dann mit voller Hingabe widmen kann. Immer noch bei zahlreichen Jugendspielen sind Jürgen Jung und vor allem Michael Tarnat zu sehen, die vor einem knappen Jahr auf eigenen Wunsch die Nachwuchsabteilung des FC Bayern verließen.

Auch auf den Trainerpositionen wird die sportliche Leitung sicherlich analysieren, ob man auf jeder Position den passenden Trainer hat. Die Spielidee, nämlich dominant mit viel Ballbesitz zu agieren und hohes Pressing zu spielen, setzt nicht jede Mannschaft konsequent um. Wichtig wird es auch sein, die guten Trainer zu halten. Das gilt vor allem für U17-Trainer Tim Walter, der seit seinem Wechsel vom Karlsruher SC vor 18 Monaten hervorragende Arbeit leistet. Er erhält im Frühjahr seine Fußballlehrerlizenz und wird mittelfristig zweifellos Angebote bekommen, im Herrenfußball zu arbeiten. Eine gewisse Rotation wird es trotzdem auch auf den Trainerpositionen weiterhin geben.

Hier gilt es, freiwerdende Stellen mit talentierten jungen Nachwuchstrainern zu besetzen, die Feuer und Flamme für die Aufgabe beim FC Bayern sind.

Auch das fünfte Jahr in Folge werden die Bayern Amateure den Sprung aus der Regionalliga Bayern in die 3. Liga nicht schaffen. Jede dieser fünf Spielzeiten hat seine eigene Geschichte, warum es am Ende nicht reichte, die bekannteste ist zweifellos der Patzer von Lukas Raeder in der 93. und letzten Saisonminute 2013/14.

Bedeutung der Amateure stärken

Ob die Amateure allerdings in den Folgejahren die Klasse in der 3. Liga hätten halten können, wäre sowieso fraglich gewesen. Mit den Jahrgängen 96 und 97 kamen zuletzt doch eher wenig Qualität nach oben. Das grundlegende Rezept muss also sein, dass aus dem eigenen Nachwuchs wieder konstant hohe Qualität nachrückt, damit punktuelle externe Verstärkungen ausreichen, eine gute Rolle in der 3. Liga zu spielen. Hier befindet sich der FC Bayern auf einem guten Weg.

Ein wenig Sorgen bereitet hingegen die immer deutlicher werdende Schwierigkeit, eigene Talente im Verein zu halten. So verließen mit Michael Eberwein (zu Borussia Dortmund) und Marco Hingerl (zum SC Freiburg) aus dem Jahrgang 1996 sowie Dominik Martinovic (Jahrgang 1997, zu Rasenballsport Leipzig) und Marco Stefandl (Jahrgang 1998, zum VfB Stuttgart) in den vergangenen Jahren gleich vier Spieler den Verein, die allesamt eine Verstärkung für die Amateure dargestellt hätten. Und nun scheint mit Adrian Fein das nächste hochkarätige Talent einen Abschied vom FC Bayern zu erwägen, er verhandelt Medienberichten nach mit der TSG Hoffenheim.

Mir persönlich fehlen hier bei fast allen Spielern die Informationen über die Gründe für den Wechsel, lediglich bei einem lag es angeblich an den Gehaltsforderungen. Hier ist eine grundlegende Analyse nötig, warum wir fast schon reihenweise Verstärkungen für die Amateure aus dem eigenen Nachwuchs verlieren. Dabei bewährten sich die Amateure zuletzt durchaus auch als hervorragendes Sprungbrett in den Profifußball.

Bestes Beispiel dafür ist zweifellos Alessandro Schöpf, der zwei Jahre bei den Amateuren spielte und nun Stammspieler bei Schalke 04 ist.

Die Forderung des ein oder anderen Fans, die Amateure analog zu einigen anderen Teams abzuschaffen, kommt immer wieder. Stattdessen soll auf Leihen gesetzt werden. Dennoch hat sich der FC Bayern bewusst gegen eine Abschaffung entschieden. Leihen sind mitnichten ein Allheilmittel.

Einen Verein zu finden, bei dem ein Spieler während der Leihe eine optimale Entwicklung samt ausreichend Spielpraxis nehmen kann, ist sehr schwierig. Gerade das Beispiel Julian Green zeigt, wie schnell im heutigen Trainerkarussel der nächste Verantwortliche da ist, der mit dem Spieler gar nichts mehr anfangen kann. Die Amateure als Drittligist mit einer Mannschaft, die die Spielidee des FC Bayern spielt, wirken da als deutlich bessere Lösung.

Eine Lösung, bei der junge Spieler früh hochklassig lernen müssen, Verantwortung zu übernehmen. Und eine Lösung, die sicherstellt, dass die besten Talente weiterhin regelmäßig bei unseren Profis auf höchstem Niveau trainieren können. Nicht zuletzt sind die Amateure mittlerweile auch bei Verpflichtungen von Talenten immer wieder ein wichtiges Entscheidungskriterium. In der Sky Doku zum Nachwuchszentrum von Rasenballsport Leipzig beispielsweise erklärte Juniorennationalspieler Gino Fechner, dass die Abschaffung der Amateure des VfL Bochum für ihn ein entscheidendes Kriterium war, den Verein zu verlassen.

Zumal es uns beim FC Bayern auch nicht am Geld mangeln sollte, jede nur erdenkbare Möglichkeit zu ergreifen, Talente zu fördern, auch wenn in der ein oder anderen Saison der Amateure mal keine Kandidaten für unsere eigenen Profis dabei sind.

Ziel: Alle drei Jahre ein Talent

Uli Hoeneß hat es im Interview mit bfv.tv ausgedrückt. Langfristig wird erwartet, dass das neue Nachwuchsleistungszentrum Ergebnisse hervorbringt. Dieses Ziel definierte Hoeneß mit „alle drei Jahre ein Spieler für die Profis hervorbringen“. Das war sicher eine etwas plakative Aussage und sollte lediglich symbolisch eine gewisse Erwartungshaltung darstellen.

Vielmehr wird man schlicht im Jahr 2030 bilanzieren wollen, dass es in den 13 Jahren seit Eröffnung des neuen NLZ vier oder fünf Spieler nach ganz oben geschafft haben, so wie es in den letzten 13 Jahren mit Alaba, Müller, Badstuber und Kroos klappte. Die Grundvoraussetzung, damit das klappen kann, nämlich eine deutlich höhere, konstante Qualität in den einzelnen Jahrgängen, scheint auf einem guten Weg. Dass diese Jahrgänge in der U16-U19 dann noch mit Toptalenten aus In- und Ausland verstärkt werden, dürfte in Zukunft wohl noch viel mehr forciert werden. Und dass diese Talente dann bei den Bayern Amateuren in der 3. Liga schon früh im hochklassigen Herrenfußball lernen, die Spielweise des FC Bayern durchzusetzen und auch in einer Mannschaft Verantwortung zu übernehmen, ist der Idealzustand.

Damit es ein selbst ausgebildetes Talent bei unseren Profis schaffen kann, ist allerdings noch eine letzte Voraussetzung zu erfüllen. Kein Spieler kann sich durch eine geschlossene Tür zwängen. Es ist die Aufgabe der Verantwortlichen, einen kleinen Türspalt zu den Profis stets aufzulassen und nicht auch noch erfahrene Profis als Ersatzspieler vom Ersatzspieler zu verpflichten. Das erfordert natürlich einen gewissen Kompromiss, den man machen muss und den der ein oder andere Fan als „Schwachstelle“ im Kader bezeichnen wird. Aber er wird notwendig sein, um auch künftig eigene Nachwuchsspieler hervorbringen zu können. Wichtig ist genauso, dass die Erwartungshaltung der Fans an junge Spieler angemessen ist.

Als ein David Alaba im März 2010 vom Frankfurter Fenin schwindlig gespielt wurde und die 1:2 Niederlage verschuldete, war das Geschrei derer groß, die ihm die nötige Klasse absprachen. Die Geschichte von David Alaba ist jedoch bekannt. Der Einsatz junger Spieler, von deren Talent man überzeugt ist, ist zwar ein Risiko, aber ein lohnenswertes. Sie werden sich nur dann zur Weltklasse entwickeln, wenn man ihnen Zeit für diese Entwicklung gibt und sie dabei unterstützt. Von Vereins- wie auch von Fanseite.

Die Erwartungen sind genauso groß wie die Vorfreude auf die Zukunft der Nachwuchsarbeit. Für mich gibt es beim FC Bayern in den nächsten Jahren kein spannenderes Thema als diese Entwicklungen mitzuverfolgen. Die Tendenz stimmt, die Infrastruktur stimmt ab Juni/Juli, Zeit für ein bayrisches Motto: „Pack mas o!“

Das war der vorletzte Teil der Winterserie über unsere Nachwuchsarbeit. Im letzten Teil wollen wir alle eure Fragen beantworten. Zur besseren Darstellung am besten via Twitter an @miasanrot mit dem Hashtag #Nachwuchsfragen. Wenn ihr kein Twitteraccount habt, postet die Frage als Kommentar unter diesen Beitrag.