FC Bayern: „Noch kein fertiges Produkt“ – Alexander Straus erklärt seine Pressing-Idee
„Natürlich ist es frustrierend, wenn man in Wolfsburg verliert“, sagte Bayern-Spielerin Sarah Zadrazil auf der Pressekonferenz vor dem nächsten wichtigen Spiel in der Champions League: „Wir waren phasenweise echt dran, dass wir etwas mitnehmen.“ Auch Alexander Straus bestätigte dieses Gefühl: „Es war ein Spiel mit gemischten Emotionen.“
Der große Unterschied lag aus seiner Sicht darin, dass Wolfsburg aus relativ wenig Expected Goals zwei Tore gemacht hat und Bayern aus ähnlich vielen erwartbaren Toren nur eines. Laut Opta lagen die beiden Teams kaum auseinander. Mit 1,0 zu 0,9 xG lag Wolfsburg demnach knapp vorn.
„Natürlich sind beide Tore durchaus Qualität, bei dem von Pajor hatten sie etwas Glück, aber sie kriegen sehr wenige Chancen gegen uns und treffen“, erklärte der 47-Jährige: „Das haben wir nicht gemacht.“ Sein Team müsse effizienter und klarer vor dem Tor sein. Das Expected-Goals-Modell von Wyscout sieht die Münchnerinnen sogar bei „ungefähr 1,5 xG“ und Wolfsburg bei 0,61 xG, wie Straus erzählte. Es sprang aber eben nur das Tor von Klara Bühl heraus, das der Trainer nach der Partie bei Magenta Sport als „Angriff der Partie“ bezeichnete.
„In vielen Phasen waren wir nah dran“, zeigte sich der Norweger dennoch positiv: „Trotzdem hätten wir punkten sollen.“ Er betonte abermals, dass sich das Team in einem Entwicklungsprozess befinde.
Alexander Straus: Da muss der FC Bayern „besser werden“
Miasanrot.de hakte nach und rückte die Arbeit gegen den Ball in den Mittelpunkt: In der Bundesliga erlauben die Bayern ihren Gegnerinnen derzeit durchschnittlich 12,6 Pässe pro Sequenz im Spielaufbau, ehe eine Defensivaktion erfolgt. Ein ziemlich hoher Wert, mit dem sie ligaweit aktuell auf dem neunten Platz stehen. Außerdem haben die Münchnerinnen bisher erst 48 hohe Ballgewinne erzeugen können (Platz 10).
Auf die Frage nach seiner generellen Spielidee ohne Ball und ob es das Ziel sei, in Zukunft häufiger und konstanter so hoch zu pressen wie in der Schlussphase gegen Wolfsburg, gab Straus eine sehr ausführliche Antwort. „Ich denke, Sie packen Ihren Finger dort auf eine Sache, an der wir arbeiten müssen und wo wir besser werden müssen“, erklärte der ehemalige Trainer des SK Brann: „Ich kenne die Zahlen. Es ist ein aufbauender Prozess, auf den wir uns in unterschiedlichen Phasen fokussieren.“
Man versuche, das Pressingspiel zu optimieren und „manchmal funktioniert es, manchmal eben nicht.“ Außerdem schränkte er ein, dass einige Gegnerinnen bisher kein hohes Pressing erlaubt hätten, „weil sie sehr früh mit langen Bällen agiert haben. Dann wäre es nicht klug, viele Spielerinnen nach vorn zu schieben.“ Man müsse den richtigen Moment dafür finden.
Trotzdem sei die Idee gegen den VfL Wolfsburg eine andere gewesen, als zunächst zu erkennen war. „Wir haben das sehr gut gemacht in den letzten 20 bis 30 Minuten“, lobte Straus: „Das war der Plan von Beginn an, aber das hat nicht geklappt.“
Alexander Straus: „Hybridvariante“ im Pressing des FC Bayern
„Unabhängig vom System, von der Struktur und von welcher Seite man presst, braucht es immer Anstrengung, um zu pressen, du musst die Räume schließen“, analysierte er. Man müsse noch besser darin werden, nach vorn zu schieben. Man versuche, eine Hybridvariante aus Zonenverteidigung und Frau-gegen-Frau-Verteidigung zu finden und es gehe darum, die richtigen Momente abzupassen, in denen von der ersten in die zweite Variante gewechselt wird.
Trotzdem schränkte er ein, „dass da nicht viele Teams sind, die weniger Chancen gegen sich bekommen.“ Tatsächlich stellen die Bayern laut Opta mit zwei Gegentreffern und 2,9 xGA derzeit eine der besten Defensivreihen der Liga. Keiner hat weniger Gegentore und nur Frankfurt kommt mit 2,7 auf weniger xGA.
Zumal man bereits gegen Wolfsburg und Frankfurt auswärts gespielt habe, bekräftigte der Nachfolger von Jens Scheuer sein Argument. „Es geht um Kontrolle, aber auch um Kontrolle in den richtigen Zonen des Spielfelds“, erklärte Straus: „Wir können nicht einfach verrückt sein und so viel rennen, dass wir es am Ende bezahlen. Wir müssen eine Struktur haben und wir müssen Kontrolle über die entsprechenden Räume haben.“
Ein weiterer nicht unwesentlicher Aspekt sind zudem die Spielerinnen. „Für mich geht es immer um die Spielerinnen“, so der Bayern-Coach: „Wenn sie komfortabel genug sind, tun wir es. Wenn sie das nicht sind, müssen wir auf Sicherheit gehen und vorsichtig sein, was die Höhe unseres Pressings angeht.“ Man sei eben „noch kein fertiges Produkt.“
FC Bayern: Georgia Stanway ist eine „Kämpferbiene“
Ebenfalls noch nicht fertig ist die Abstimmung im Mittelfeld bei den Bayern. Gerade gegen Wolfsburg gab es defensiv die eine oder andere größere Lücke im Zentrum, die den Wölfinnen Raum für gefährliche Angriffe boten. Ein Grund dafür könnte sein, dass sich die neue Konstellation in der Schaltzentrale erst noch finden muss.
Sarah Zadrazil spielt dort seit dieser Saison mit Neuzugang Georgia Stanway zusammen, während Lina Magull weiter nach vorn gerückt ist. Das Zusammenspiel mit der Engländerin laufe aber schon „sehr gut“, sagte Zadrazil auf Nachfrage von Miasanrot.de. Stanway sei „eine Spielerin, die einen guten Offensivdrang hat, auch eine Kämpferbiene, so ein bisschen wie ich.“
Man ergänze sich im Mittelfeld dementsprechend gut. Zumal Magull weiterhin in der Nähe sei. „Ich glaube, dass wir generell sehr gut aufgestellt sind, nicht nur im Zentrum, aber wir haben im Zentrum super Spielerinnen.“
Ihre Rolle habe sich durch die Ankunft von Straus und Stanway aber kaum verändert: „Ich habe immer noch die Rolle, die defensive Balance zu halten, so wie letzte Saison.“
FC Bayern vor Duell mit Benfica: „Sehr gefährlich“
Weiter geht es am Donnerstagabend gegen Benfica (Donnerstag, 21.00 Uhr, DAZN, auch kostenlos auf YouTube). Die Portugiesinnen verloren vor gut einer Woche mit 0:9 gegen den FC Barcelona. Sich nur auf dieses Ergebnis zu fokussieren, sei aber „sehr gefährlich“, mahnte Straus. Schon in der vergangenen Saison machte Benfica den Bayern das Leben schwer. Im Auswärtsspiel gab es damals ein 0:0.
„Am Ball sind sie stark und stellen uns vor eine große Aufgabe“, kündigte der Trainer an: „Sie werden eine größere Herausforderung als Rosengard sein, weil sie uns attackieren werden. Das hat Rosengard nicht getan.“
Wie schon häufig zuletzt forderte Straus deshalb, dass sein Team das Spiel mit dem Ball kontrolliert und das Tempo bestimmt. Benfica werde ebenfalls versuchen, viel Ballbesitz zu haben. Aber eine Sache ist eben auch klar: „Wir müssen unser Pressing richtig aufziehen.“