Real Madrid

Die Königlichen auf dem Weg zur Kaiserkrönung – Real Madrid in der Vorschau

Christopher Trenner 18.04.2014

Der Mythos des „weißen Balletts“ wird geboren

Spätestens seit den 50er Jahren ist der Ruf des „weißen Balletts“ legendär. Damals gelang es dem Klub durch geschickte Transferaktiviäten ein Team zu formen, was noch heute seines gleichen sucht. Um den Mittelstürmer Alfredo Di Stéfano formierte sich eine Truppe aus Weltstars wie Raymond Kopa und vor allem Ferenc Puskás. Das Team stellte im neu gegründeten „Europapokal der Landesmeister“, dem Vorläufer der Champions League, eine Siegesserie mit fünf Triumphen in Folge auf. Ein Rekord für die Ewigkeit. Unvergessen dabei bleibt der 7:3 Finalerfolg 1960 gegen Eintracht Frankfurt, bei dem Di Stéfano drei und Puskás vier Tore erzielten.

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Allerdings wirft der lange Schatten der Franco Diktatur ein finsteres Licht auf die Erfolge von Madrid. Unter anderem hatten die Katalanen unter der Herrschaft Francos zu leiden. Kein Wunder, dass das Duell mit der „Nationalmannschaft Kataloniens“, dem FC Barcelona, immer ein besonderes Duell ist, schließlich war Real Madrid der Lieblingsklub des Diktators. Am 17. Februar 1974 gelang dem FC Barcelona ein 5:0 Erfolg in Madrid. Wie wichtig Fußball für die Gesellschaft sein kann, verdeutlicht der kleine Vers des großen katalanische Schriftsteller Manuel Vázquez Montalbán. Er kommentierte diesen hohen Sieg folgendermaßen:

„1:0 für Barcelona, 2:0 für Katalonien, 3:0 für Sant Jordi, 4:0 für die Demokratie, 5:0 gegen Madrid.“

An jenem Tag, so empfanden es Millionen im Land, setzte der Niedergang der faschistischen Diktatur ein.

Die Durststrecke in Europa – und die Geburtstunde ‚der Galaktischen‘

Gleichzeitig setzte eine europäische Durststrecke für Madrid ein, die von 1966 bis ins Jahr 1985 anhielt. Erst Mitte der 80er konnte Madrid an die Glanzzeiten von damals anknüpfen und den UEFA Cup gewinnen. Richtig an die europäische Spitze setzte man sich allerdings erst wieder Mitte der 90er Jahre. Im Jahre 1998 stand Real Madrid im Finale der Champions League. Als Favorit ging allerdings Juventus Turin ins Finale. Doch dem damaligen Trainer Jupp Heynckes gelangen einige taktische Kniffe, die die gefürchtete Offensive von Juventus nicht zur Geltung kommen ließ. Am Ende setzte sich der Klub aus Madrid mit einem 1:0 Erfolg nach 30 Jahren wieder die europäische Krone auf. Auch in den Jahren 2000 gegen Valencia und 2002 gegen Leverkusen, konnte man sich den Titel sichern. Der Mythos der „Galaktischen“ war geboren. Das Team um Zidane und Figo konnte Zuschauer sprachlos machen.

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Spätestens in dieser Zeit verfestige sich die Rivalität mit dem FC Bayern München. Immer wieder kreuzten sich damals die Wege, auch begünstigt durch den Modus von Vor- und Zwischenrunden in der immer ‚größer’ werdenden Champions League. Unvergessen für viele Bayernfans ist noch immer die höchste europäische Heimniederlage von Real Madrid. Am 29. Februar 2000 gelang den Münchnern ein 4:2. Scholl, Effenberg, Fink und Paulo Sergio begründeten den Ruf der „La bestia negra“ – die schwarze Bestie. Das klingt brutal, ist aber gar nicht so gemeint. Als schwarze Bestie werden in Spanien Klubs oder Personen bezeichnet, gegen die man nicht gewinnen kann. Wohlmöglich lag dies auch am Rückspiel am 8. März 2000, dass der FC Bayern sogar 4:1 gewinnen konnte. Wieder Scholl, Elber und zwei Tore von Zickler bescherten Lothar Matthäus einen gebührenden Abschied nach New York. Im Halbfinale kreuzten sich erneut die Wege, doch damals setzte sich Madrid mit 3:2 (2:0 Hinspiel, 1:2 Rückspiel) durch. Ein Jahr später gelang dem FC Bayern auf dem Weg zum Triumph 2001 die Revanche.

Die Neuausrichtung – mit Christiano Ronaldo zurück zur alten Stärke

Seit nun mehr über 10 Jahren wehrt die internationale Durststrecke von Real Madrid, diese schmerzt besonders, da der große Konkurrent FC Barcelona in der Zwischenzeit drei Mal (2005, 2009 und 2011) die Champions League gewinnen konnte. Am 1. Juni 2009 wurde Florentino Pérez zum neuen Präsidenten gewählt. Pérez hatte den Klub bereits zwischen den Jahren 2000 und 2006 geleitet und will den Klub wieder zur alten Stärke zurück führen. In Madrid findet ein richtiger Wahlkampf um den Posten des Präsidenten statt. Pérez hatte damit geworben eine zweite Generation der „Galaktischen“ aufzubauen. So wurde Kaká für eine Ablösesumme von 65 Millionen Euro vom AC Mailand verpflichtet und wichtiger noch Cristiano Ronaldo für die Rekordsumme von 94 Millionen Euro von Manchester United geholt. Des Weiteren wurden u.a. Karim Benzema, Xabi Alonso und Álvaro Arbeloa unter Vertrag genommen. Zudem wurde auf der Trainerposition ein „Welt-Star“ verpflichtet – José Mourinho. Dieser nannte sich fortan „The Only One“ statt „The Special One“. Mourinho konnte zwar mit Madrid den Pokal und die spanische Meisterschaft gewinnen. Aber den große Traum vom Gewinn der Champions League konnte er nicht erfüllen.

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Ein mal mehr stand der FC Bayern im Weg. Im Halbfinale 2012 schaltete der FC Bayern die Star-Truppe aus. Das Hinspiel gewannen die Roten durch ein Tor in der Nachspielzeit von Mario Gomez mit 2:1. Ribery brachte die Münchner früh in Führung, doch Özil konnte in der 53. Minute ausgleichen. Der Heimerfolg ebnete den Weg ins „Finale Dahoam“. Doch zwei schnelle Tore von Christiano Ronaldo im Rückspiel verwandelten das Santiago Bernabéu in einen Hexenkessel. Erst ein Elfmetertor von Arjen Robben sicherte die Verlängerung. Diese brachte Badstuber und Gustavo die dritte gelbe Karte – und damit eine Sperre fürs Finale ein, aber ansonsten keine Entscheidung. Folglich entschied das Elfmeterschießen. Nachdem Manuel Neuer zwei überragende Schüsse von Ronaldo und Kakà von der Linie kratzte, sah der FC Bayern schon wie der sichere Sieger aus. Doch Toni Kroos und Philipp Lahm vergaben die Entscheidung. Diese besorgte dann Bastian Schweinsteiger, nachdem Ramos den Ball über das Tor geschossen hat. Noch heute wird der Ball des spanischen Innenverteidigers gesucht.

Das Losglück brachte nun beide Mannschaften wieder im Halbfinale zueinander. Madrid, dass im Vorjahr an Dortmund gescheitert war, hat die Konsequenzen gezogen und sich von Mourinho getrennt und nochmals auf dem Transfermarkt investiert. Mit Rekordverdächtigen 163,5 Mio. Euro gab Madrid gefühlt soviel Geld aus wie nie zuvor. Mit Bale sollte der verwaiste rechte Flügel belebt werden. Zudem wurden mit Illarramendi und Isco zwei junge spanische Talente für rund 30 Mio. Euro verpflichtet. Aber auch in Madrid sitzt das Geld nicht mehr so locker. So stehen den 163,5 Mio. Euro Ausgaben 114,5 Mio. Transfereinnahmen gegenüber. Vor allem der Verkauf von Özil zum FC Arsenal (50 Mio. Euro) und der Verkauf von Gonzalo Higuaín zum SSC Neapel (37 Mio. Euro) brachten ordentlich Geld in die Kassen. Trainer der neuen Truppe ist Carlo Ancelotti und Zinédine Zidane fungiert als Sportdirektor. Doch der Saisonbeginn verlief durchwachsen. Bale, dessen Transfer sich Wochenlang hinzog, kam mit einer Verletzung in Madrid an. Zudem konnte Ancelotti seine Vorstellungen nicht von Beginn an umsetzen. So stand Real bereits nach dem 10. Spieltag mit den Rücken an der Wand. Das Derby gegen den damaligen Tabellenzweiten Atlético Madrid wurde mit 0:1 verloren, zudem reichte es gegen FC Villarreal nur zu einem 2:2. Durch die Niederlage gegen den FC Barcelona hatte Madrid schon 6 Punkte Rückstand auf den Tabellenführer. Im Anschluss daran, setzte aber eine Siegesserie ein, die gepaart mit Schwächen der Erzrivalen Atlético und Barca Madrid, am 25. Spieltag zum Tabellenführer führten. Allerdings verlor man auch den zweiten Classico mit 3:4 und im Anschluss daran in Sevilla, sodass gegenwärtig Atlético als lachender Dritter die Tabelle in Spanien anführt. Die Meisterschaft wird wohl erst in den kommenden Wochen entschieden, wobei die Clubs aus Madrid wohl den Titel unter sich ausmachen.

In der Königsklasse gab sich der Club aus Madrid bisher kaum Blöße. In der Gruppenphase wurden 5 von 6 Spielen gewonnen. Im Achtelfinale besiegte man den FC Schalke mit 9:2 (6:1 und 3:1) und auch im Viertelfinale besiegte man den zweiten deutschen Vertreter Borussia Dortmund relativ souverän. Vor allem der 3:0 Hinspielerfolg brachte Madrid dem Traum des 10. europäischen Tititels näher. Das weiße Ballett konnte sich sogar eine schmachvolle 0:2 Auswärtspleite in Dortmund leisten, wobei man durchaus dankbar über die mangelnde Chancenverwertung der Borussia seien konnte.

Der taktische Ausblick

Den Erfolg manifestiert zuletzt ein 4-3-3 bzw. 4-4-2 System. Im Tor spielt in der Champions League noch immer Casillas. Die Abwehr bildeten zuletzt Pepe und Ramos. Als linker Außenverteidiger läuft Coentrão, an dem der FC Bayern vor Jahren mal intensiv interessiert war, auf. Dieser ersetzte den zuletzt verletzten Marcelo. Als Rechtsverteidiger hat sich mittlerweile Carvajal einen festen Platz gesichert. Dieser wurde preisgünstig aus Leverkusen zurückgeholt. Die Abwehr ist in der Summe sicherlich gut, allerdings offenbart sie hin und wieder Schwächen. 32 Gegentore in 33 Ligaspielen sind jedenfalls keine Glanzleistung. Insbesondere wenn man die Schere zwischen guten und durchschnittlichen Clubs in Spanien vor Augen hat. Auch in der Champions League sind 9 Gegentore in 10 Spielen kein überragender Wert. Dies mag daran liegen, dass die Dreierkette im Mittelfeld mit Alonso, Modric und Isco doch sehr offensiv besetzt ist. Vor allem wenn man bedenkt, dass Ronaldo und Bale nicht gerade für ihre Defensivleistungen in den Geschichtsbüchern stehen. Dennoch sollte der zuletzt immer stärker werdende Modric beachtet werden. Durch den Kreuzbandriss von Khedira kam dieser ins Team und kann so langsam an seine Leistungen, die er in England gezeigt hat, anknüpfen. Besonders leidvoll musste dies Borussia Dortmund erfahren. So leitete Modric zwei von drei Toren durch schnelle Ballgewinne im Mittelfeld ein.

Was hinten manchmal nicht so sattelfest erscheint, wird durch die Offensive zumeist kompensiert. 94 Tore in der Liga markieren den ersten Platz. Ronaldo führt in der Liga mit 28 Toren in 27 Spielen die Torjägerliste an. Auf Platz vier platziert sich Benzema mit 17 Toren und Bale steuerte nach seinen Anlaufschwierigkeiten mittlerweile auch schon 14 Tore zum Erfolg der Königlichen bei.

Doch aktuell ist auch bei Madrid etwas mehr Sand im Getriebe. Das mag an der mysteriösen Verletzung von Christiano Ronaldo liegen. Offiziell wird von einer „Reizung der Patellasehne“ gesprochen. Diese zog er sich beim Rückspiel gegen den FC Schalke 04 zu. Zunächst wurde Ronaldo zwar hin und wieder in der Liga geschont. Aber beim wichtigen Champions League Hinspiel gegen Borussia Dortmund stand der Portugiese wieder auf dem Platz. Doch seit dem Rückspiel sitzt er nur noch auf der Bank, bzw. sogar auf der Tribüne, wie unlängst beim Pokalfinale gegen den FC Barcelona (2:1). Die Verletzung scheint doch hartnäckiger als gedacht. Ob er gegen den FC Bayern spielen kann, ist unklar. Wie wichtig Ronaldo ist, zeigt ein Blick in die Statistik – aktuell führt er die Torjägerliste der Champions League mit 14 Toren in 8 Spielen an. Zum Vergleich – der FC Chelsea, einer der vier Halbfinalisten, hat lediglich 18 Tore insgesamt erzielt. Der Erfolg von Madrid hängt natürlich nicht nur an Christiano Ronaldo. Aber er ist gegenwärtig der beste Individualist in der Teamsportart Fußball. Ihn für 180 Minuten aus dem Spiel zu nehmen – und selbst dabei noch aktiv Chancen zu kreieren ist wohl die schwierigste Aufgabe für Pep Guardiola.

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Gleichzeitig überraschte Ancelotti im Pokal gegen den FC Barcelona mit einer sehr defensiven Grundausrichtung im 4-4-2 System und konnte so den Ausfall des Weltfußballers 2013 mehr als kompensieren. Diese Spielweise sorgte für enge Räume und führte dazu, dass Barcelona sein gefürchtetes Pass- und Kombinationsspiel kaum aufziehen konnte. Des Weiteren konnte Madrid aber auch gezielt pressen und durch schnelles umschalten Chancen herausspielen. Das 1:0 und der 2:1 Siegtreffer gegen Barcelona waren im Prinzip schnelle Vorstöße nach einem Ballgewinn im Mittelfeld. Diese (teilweise) ‚destruktive‘ Spielweise bereitete auch dem FC Bayern zuletzt gegen Manchester United und Borussia Dortmund arge Probleme. Es mag zwar sein, dass Real nicht derart effektiv verteidigen kann wie die beiden anderen Champions League Halbfinalisten Atletico und Chelsea, aber eine solide Grundordnung gepaart mit ihren offensiven Einzelakteuren, kann den FC Bayern vor arge Probleme stellen. Ein Weiterkommen des FC Bayern – und der dritte Finaleinzug hintereinander, kann nur gelingen, wenn die Individualisten bei Real geschickt am Spielen gehindert werden und die Mannschaft des Rekordmeisters sich selbst Chancen erspielen kann. Es wird zudem wichtig sein, dass man im Gegensatz zu Borussia Dortmund bereits im Hinspiel mindestens ein Auswärtstor erzielt. Ansonsten rückt die Kaiserkrönung der Münchner in weite Ferne.