FC Bayern München – Mainz 4:0 – Mit Dreierkette zum Viererpack
Zwei Mal in Folge musste der FC Bayern im Pokal bereits früh seine Sachen nehmen. Nun kam zur Pokal-Krise auch eine waschechte Krise bei den Leistungen hinzu. Nach drei 1:1-Niederlagen Unentschieden und mit einem spontan verpflichteten neuen Weltklasse-Außenverteidiger, sollte nun alles besser werden.
Falls Ihr es verpasst habt
Die Aufstellung
Julian Nagelsmann hatte eine waschechte Überraschung im Petto. Nein, nicht João Cancelos sofortiges Startelfdebüt sorgte für Verblüffung, sondern für wen und wo dieser spielte. Nicht Pavard, sondern der im neuen Jahr bessere Davies musste seine Sachen packen. Cancelo startete jedoch trotzdem rechts, weil Nagelsmann eine Dreierkette auspackte! Cancelos Pendant auf links hieß Coman, im Zentrum vertraute Nagelsmann erneut Musiala an Kimmichs Seite, der wiedergenesene Goretzka und enttäuschte Gravenberch blieben außen vor.
Der FSV Mainz 05 startete im 5-4-1 ohne den zuletzt gegen Bochum dreifach erfolgreichen Onisiwo.
1. Halbzeit
Der FC Bayern zeigte sich sofort formverbessert, konnte sich gut durch die Halbräume kombinieren. Mainz hielt zwar leidenschaftlich dagegen, war von der Formation allerdings auf dem falschen Fuß erwischt. Gleich drei Torschüsse kamen so in den ersten 15 Minuten zustande, mehr als in der gesamten zweiten Spielhälfte gegen Frankfurt. In der 17. Spielminute belohnten sich die Gäste dann auch. Der emsige Cancelo stellte rechts Aaron, der eigentlich den Weg zur Flanke fast einwandfrei abblockte. Doch da zeigte sich die Weltklasse des Portugiesen, den einen Moment fand er dann doch und zirkelte den Ball mit wunderbarem Effet auf den zweiten Pfosten, wo Choupo-Moting artistisch den Volley verwandelte.
Mainz 05 schmiss sich weiterhin in jeden Zweikampf, doch gegen nun immer besser aufspielende Münchener fehlte es ihnen an Qualität. Müller bediente halblinks im Strafraum Musiala, der noch ein paar kleine Schritte trabte, um dann das Spielgerät anstandslos zum Entsetzen Tom Bartels’ (“Warum ging das bei der WM nicht?”) in die lange Ecke zu legen (30’).
Das war es jedoch noch nicht, einen hatte Choupo-Moting nämlich noch im Köcher. Bei einem langen Ball auf ihn, zog er alle Blicke auf sich, legte die Kugel dann jedoch nicht nach hinten ab, sondern zidanesque mit der Ferse in der Luft auf den vorbeistürmenden Sané. Mainz war verblüfft, Sané erhöhte auf den 3:0-Halbzeitstand (43’).
2. Halbzeit
Obwohl Jamal Musiala leicht humpelte, verzichtete der FC Bayern zunächst auf Spielerwechsel. Startete der Rekordpokalsieger noch gut in diesen zweiten Spielabschnitt mit zwei guten Müller-Chancen, schien er im Nachgang immer mehr einzuschlafen. Gerade Upamecano machte schon in der ersten Hälfte einige haarsträubende Fehler, blieb sich damit auch in dieser Phase treu. Zudem gesellten sich de Ligt, Pavard und Cancelo dazu.
Nagelsmann reagierte in der 64. Minute mit einem holländischen Wechsel brachte Gravenberch und den Premiere feiernden Daley Blind für Müller und Upamecano. Sechs Minuten später gesellten sich Davies und Goretzka für Cancelo und Sané dazu. Die Wechsel nahmen Mainz den Wind aus den Segeln, ihre gute Phase war gebrochen und spätestens jetzt realisierte jeder im Stadion, dass der drei-Tore-Unterschied nicht mehr wettzumachen sei.
Einen hatten die Bayern allerdings noch im Köcher, die Bayern setzten sich am Strafraum fest, ehe Kimmich von halbrechts den Ball in die Mitte chippte, wo Davies ins Zentrum reingelaufen war und in bester Stürmermanier per Kopf versenkte (83’).
Nach einem wunderbar gewonnenen Dribbling Musialas, handelte sich Hack per taktischem Foul noch die Ampelkarte ein. Mehr geschah nicht mehr, mit einem souveränen 4:0-Erfolg zieht der FC Bayern ins Viertelfinale des DFB-Pokals ein.
Dinge, die auffielen
1. Dreiecke mit Dreierkette
Julian Nagelsmann kündigte am Tag zuvor noch an, ein paar kleinere Anpassungen selbst vornehmen zu wollen. Was sich nach minimalen Änderungen a la Linksverteidiger 3-Meter-zentraler anhörte, entpuppte sich als große Systemumstellung. Dreierkette hieß die Devise.
Wer bei der Hereinnahme eines weiteren Innenverteidigers jedoch die Devise “Safety First” befürchtete, durfte sich schnell entspannen. Davon zeugten schon die erwählten Flügelverteidiger, besser genannt Flügelstürmer: Kingsley Coman und João Cancelo.
Die Mannschaft formierte sich am ehesten in einem 3-1-4-2 (oder 3-1-4-1-1 sofern man in vorderster Reihe den Ziehspieler Choupo-Moting vom spielmachenden Thomas Müller trennen mag). Was diese Formation dem Rekordmeister am Meisten einbrachte, war vom Stand weg eine bessere Positionierung im Raum. Mit vielen Spielern im Halbraum bildeten sich ständig Dreiecke, spielend leicht konnte der FC Bayern sich permanent befreien. Mainzer Chancen nach erfolgreichem Pressing entsprangen eher individuellen, so genannten “unforced errors”.
Dazu suchten nun mehr Spieler den Weg in den Strafraum. Bei Cancelos und Kimmichs Flanken zum ersten, respektive letzten Treffer, befanden sich mehr als genug Köpfe und Füße in der Mainzer Box.
Individuell half diese Formation den Spielern ebenfalls. Thomas Müller zeigte seine beste Leistung seit Monaten, im Meer der sich ihm bietenden Passoptionen, ging er regelrecht auf. Musiala und insbesondere Sané zeigten ihr bestes Spiel im neuen Jahr. Choupo-Moting war selten spielfreudiger, wie seine magische Ablage zum 3:0 bezeugt.
Zur Geschichte des Spiels gehört jedoch auch, dass der Gegner von Julian Nagelsmanns Umstellung eiskalt erwischt worden war. Bo Svensson hatte offenkundig mit dem gewohnten 4-2-3-1 gerechnet, ordnete sein Team in derselben Formation ein, in der auch Eintracht Frankfurt den Bayern gut Paroli bot. Fortan wird Bayerns Dreierketten-System bekannt sein, einen solchen Überraschungseffekt, dürfte es nicht noch einmal geben.
2. João Cancelo
Mit einem breiten Grinsen beantwortete Bayerns erst dritter Portugiese bei seiner Premieren-Pressekonferenz noch, dass er selbstverständlich sofort für die Startelf bereit sei. Nagelsmann vertraute seinem Neuzugang und schmiss ihn sogleich auf das Feld. Die Leihgabe aus Manchester bedankte sich für das Vertrauen und riss das Spiel sofort an sich. Seine neuen Mitspieler suchten den rechten Flügelläufer von Beginn an, nahmen ihn immer mit. Cancelo glänzte hier mit klugem Spiel. Er spielte den Querpass, wann nötig und den Vertikalball, wenn möglich. Er traute sich ins Dribbling zu gehen, wann es Sinn machte und flankte selbst dann, als sein Trainer den Rückpass forderte.
João Cancelo entlastete sofort Joshua Kimmich, war quasi sein entlastender Achter im Spielaufbau, glänzte jedoch in der Rolle des klassischen Flügelläufers. Schon lange hat man beim FC Bayern keine bessere Flanke als Cancelos Vorlage zum 1:0 gesehen.
Bemerkenswert ist zudem sein Hang zum Außenristpass. Gewiss, seine Vorliebe zu dieser Pass-Art ist verbrieft, doch wie selbstverständlich er ständig zu diesem Effet-Werkzeug greift, ist einmalig. Selbst in den einfachsten Situationen, entscheidet er sich trotzdem anstandslos für den Außenspann.
Noch kommt hier auch nicht das Gefühl auf, dies geschähe einfach für die Galerie, wie der Außenrist eines gewissenen portugiesischen Europameisters, Ricardo Quaresma. Gegen Mainz waren Cancelos Außenspannpässe allesamt präzise und genau richtig dosiert. Ein wirklich einmaliger Fußballspieler, nicht nur für den FC Bayern.
3. Larifari bei 3:0-Führung
Müssen wir länger über die Larifari-Phase der Bayern im ersten Abschnitt der zweiten Spielhälfte sprechen? Das werden wir erst in einigen Wochen wirklich wissen. Grundsätzlich muss man beschwichtigend die Standarderklärungen anführen. Dass Bayern nunmal nicht alle drei Tage 90 Minuten konstant überzeugen könne, dass Bayern hier doch schon bereits hoch führte und dass die Tordifferenz in einem K.O.-Wettbewerb ja ohnehin irrelevant sei. All das stimmt und so werden wir erst mit dem Abschluss des Champions-League-Achtelfinals wissen, ob wir schon bei diesem DFB-Pokal-Spiel Schlimmeres hätten ahnen sollen.
Fest steht, Dayot Upamecano zeigte sein schwächstes Spiel seit Monaten, womöglich der Saison. Fest steht, auch de Ligt zeigte Schatten, trumpfte aber auch als Turm in der Schlacht auf. Fest steht, Kimmich zeigte lange Weltklasse, hatte aber auch schlimme Fehlpässe drin. Selbst der oben so gefeierte Cancelo verschickte zwei erschreckende Einladungen an die Mainzer.
Die Fehler der letzten beiden kamen bereits bei hoher Führung und am Ende ging ja auch alles gut. Sommer hatte zwar zu tun, doch für seine erste weiße Weste, brauchte er auch keine Unhaltbare von der Linie zu kratzen.
So muss man mit der Bewertung dieser 20-minütigen Phase wohl noch warten, gut war sie jedoch ganz sicher nicht.