Kämpfende Bayern ziehen Wölfen den Zahn – VfL Wolfsburg – FC Bayern München 1:2
Drei Tage nach der kovačigsten Leistung seit über einem Jahrzehnt, hatte es der FC Bayern zum Jahresabschluss ausgerechnet mit dem Großmeister selbst zu tun. Dabei war die Performance gegen den VfB Stuttgart eine Leistung, die Niko Kovač selbst seinen Bayern nie beizubringen vermochte, denn der FC Bayern siegte hochüberlegen und verdient mit nur 37% Ballbesitz und einer Fehlpassquote von knapp einem Viertel.
Grund genug für den Cheftrainer also, seine Aufstellung an keiner einzigen Stelle zu verändern. Zugegeben, vielleicht trug der Umstand, dass ihm bis auf Choupo-Moting und Tel wortwörtlich keine gleichsam gestandene, wie fitte Spieler übrig blieben, seinen kleinen Teil dazu bei.
Verändern tat sich lediglich die Grundformation. Im Gegensatz zum 4-4-2 gegen Stuttgart, war es heute wieder mehr das klassische 4-2-3-1, wobei Pavlović tiefer als sein Pendant Guerreiro agierte. Wolfsburg begann in einem sehr klaren 5-3-2.
VfL Wolfsburg vs. FC Bayern München: Der Spielverlauf
Das Spiel gegen den VfB Stuttgart entpuppte sich als der erwartete Ausrutscher. Gegen Wolfsburg stand man früh wieder bei gewohnten 70% Ballbesitz. Hektisch wurde es in den ersten 25 Minuten trotzdem oft. Svanberg etwa konnte früh alleine auf Neuer durchstarten. Aber auch dem FC Bayern fielen einige Torchancen vor die Füße. Kane nach einem Freistoß, eine Mehrfachgelegenheit mit letztendlichem Weitschuss Guerreiros und einem Müller-Kopfball an die Querlatte. Die nächste Chance sollte aber endlich auch den Weg ins Netz finden. Müller zog von rechts mit links und viel Effet den Ball zum Tor, Musiala schraubte sich in die Luft und nickte wuchtig ein (33.).
Die Halbzeit endete mit zwei Weitschusstoren auf beiden Seiten. Zunächst legte Kane einen Müller-Ball wohlüberlegt mit der Innenseite aus gut 25 Metern genau in den Knick, dann machte Arnold es ihm nach. Aus halblinker Position drosch er mit dem Spann auf den 1. Pfosten. Neuer sprang schlecht und musste den Ball passieren. Mit 2:1 für den FC Bayern ging es in die Pause.
Nicht nur die Seiten wurden nach der Unterbrechung gewechselt, das ganze Spiel war wie ausgetauscht. Wolfsburg presste nun früh, ging giftig in jeden Ball und rang dem FC Bayern komplett die Spielkontrolle ab. Abseits von zwei Gegenstößen, kam der Tabellenzweite überhaupt nicht mehr vor Casteels. Einzig den Abschluss verpassten die Wolfsburger komplett. Obwohl sie den FC Bayern zwangen 45 Minuten lang am eigenen Strafraum zu verteidigen, blieb der gefährlichste Abschluss ein weiterer Weitschuss Arnolds, den Neuer diesmal einwandfrei parierte.
So rettete der FC Bayern die 1:2-Führung über die Zeit und konnte nun ein ruhiges Weihnachtsfest mit 4 Punkten Rückstand hinter Leverkusen und einem Spiel weniger angehen.
VfL Wolfsburg vs. FC Bayern München: Das fiel auf
Nach anfänglichem Chaos, konnte der FC Bayern erfolgreich einen tiefstehenden VfL Wolfsburg hintenreindrücken und hielt den Druck bis zum Seitenwechsel hoch. Geht man mit einer Zwei-Tore-Führung in die Halbzeit, kann man von einer fast perfekten Spielhälfte sprechen.
Das späte Gegentor offenbarte sich jedoch als Vorbote zu einer völlig unterschiedlichen zweiten Halbzeit. Wolfsburg kam über den Kampf ins Spiel zurück und fesselte den Meister lange Zeit in der eigenen Hälfte. Zu diesem Zeitpunkt hatte der FC Bayern zu wenig Ruhe im Spiel. Es fehlte an Passstärke und Robustheit in den ersten beiden Dritteln. Aleksandar Pavlović als einziger “Schwamm”, der ruhig einen Ball halten kann, ist da zu wenig, zumal de Ligt als ruhigster Passspieler unter den Innenverteidigern, aus einer Verletzung kommend, erst eingewechselt werden musste.
Joshua Kimmich wird doch noch benötigt
In den vergangenen Wochen mehrten sich einmal mehr die Stimmen, Joshua Kimmich möge doch bitte zurück auf die Rechtsverteidigerposition gehen. In absentia zeigte sich aber, was dem FC Bayern ohne Kimmich fehlt. Dem FC Bayern fehlte heute sein ruhiger Spielaufbau, wie sein (manchmal zu) hitziger Kampfgeist. Dem Duo Pavlović und Guerreiro fehlt es in jedem Fall an körperlicher Präsenz.
Tuchels Umstellung
Thomas Tuchel erkannte dies und stellte daher nach knapp einer Stunde entscheidend um. Er opferte den vorher vorne gutspielenden Thomas Müller und brachte mit de Ligt einen weiteren kantigen Innenverteidiger. Der Holländer brachte mehr Physis, aber eben auch Passsicherheit. Die Wölfe blieben in der Folge zwar weiterhin tonangebend, der Zahn war ihnen mit dieser unattraktiven Umstellung jedoch weitgehend gezogen. Bayern kam nun besser raus, hatte wieder mehr Umschaltmomente. Da diese nicht genutzt wurden, musste man zwar bis zur letzten Sekunden voll Kämpfen, viel einfielen tat Wolfsburg indes nicht.
Spieler des Spiels: Thomas Müller
Zum ersten Mal seit Monaten konnte Thomas Müller endlich einmal zwei Spiele hintereinander beginnen und die bis 25 verlängerte 25 zahlte zurück. Auf seiner klassischen Spielmacherposition eingesetzt, zeigte Müller eine Halbzeit lang ein echtes Müller-Spiel. Er schmiss sich in jeden Zweikampf, hielt die Bälle fest, wich auf die Flügel aus, um zu überlagern und natürlich: Er assistierte. Gegen Wolfsburg gleich doppelt. Die Flanke auf Musiala zeigte gleich zwei seiner unterschätzten Skills: Seinen linken Fuß und seine Flankenfähigkeit. Vor allem aber zeigte die Szene abermals sein Gespür, hier komplett auf links auszuweichen.
Sein zweiter Assist war in seiner Schlaksigkeit aber noch mülleriger. Beim Versuch den Ball von Upamecano zu kontrollieren, verliert er ihn gleich mehrfach um ein Haar an Zesiger, hält ihn und den Fokus jedoch auf sich aber doch so lange, bis Kane sich freigestohlen hatte.
Anfang der zweiten Halbzeit ging er wie der Rest des Teams mit unter, wodurch seine Auswechslung als 34-Jähriger nur logisch war bei Tuchels Formationsänderung.
Enttäuschung des Spiels: Weitschussabsicherung beider Teams
Zwar ist natürlich grundsätzlich jedes Gegentor die Konsequenz irgendeines Fehlers, doch gerade Weitschusstore fallen nur, wenn der Druck entscheidend vom Schützen ablässt.
Wobei Kanes 2:0 auch noch ein ziemlich geniales Element eines (nicht gemachten) Laufwegs enthielt: Nach Upamecanos weitem Ball auf Müller, stürzen alle Spieler mit dem Gesicht zum Wolfsburger Tor. Die große Kunst des Verteidigens besteht hier, die Stürmer dabei nicht aus den Augen zu verlieren, während die große Kunst des Stürmens darin besteht, auf genau diesen Moment zu lauern. Kane tut es hier zunächst einmal allen anderen gleich, merkt dann jedoch, dass Vranckx nicht mehr auf ihn achtet und bleibt einfach stehen. So ist er dann ungedeckt und hat die Zeit und den Raum für das notwendige Ballkontrollieren und Zielen.
Arnolds 1:2 hingegen ist mehr die klassische Fehlerkette bei einem Weitschuss. Guerreiro wird zu simpel hergespielt, Pavlović ist dann zu weit von Arnold weg. Schlussendlich muss man allerdings auch über Neuer hier reden. Der Schuss ist im Endeffekt zu platziert, um von einem Torwartfehler zu sprechen, Neuers Torwartaktion ist aber eben fehlerhaft. Er kommt nicht richtig in den Sprung – fällt fast schon in die Parade. Und am Ende muss er hier auch Übergreifen.
Die Daten zum Spiel beim VfL Wolfsburg:
Tore: 0:1 Musiala (33.), 0:2 Kane (43.), 1:2 Arnold (45.+1)
Gelbe Karten: Zesiger (13.), Pavlović (20.), Majer (46.), Baku (59.), Thomás und Guerreiro (beide 90.+1)
Aufstellung VfL Wolfsburg: Casteels – Bornauw, Jenz, Zesiger (Rogerio, 46.) – Baku (Cerny, 84.), Vranckx, Arnold, Maehle, Svanberg, Majer (Tomás, 52.) – Wind
Aufstellung FC Bayern München: Neuer – Laimer, Upamecano, Kim, Davies – Pavlović, Musiala (Choupo-Moting 90.+3), Guerreiro, Sané, T. Müller (de Ligt, 63.) – Kane