1. FC Nürnberg – FC Bayern 1:1 (0:1)
1. Missglückte heavy rotation
„Fußball ist keine Mathematik“, mit diesem Satz beendete Karl-Heinz Rummenigge nach einem 2:2 der Bayern gegen die Bolton Wanderers im Jahr 2007 de facto die zweite Ära Hitzfeld in München. Der heutige Schweizer Nationaltrainer schonte in der Vorrunde der Euro League (des UEFA Pokals) einige Stammspieler und wechselte zudem Schweinsteiger, Ribery und den Doppeltorschützen Podolski aus. Wie falsch die Kritik von Rummenigge schon damals war, zeigen übrigens die Namen, die die Rotation von Hitzfeld damals umfassten. Gut, Christian Lell spielte für Phillip Lahm, aber ansonsten? In der Innenverteidigung verteidigten van Buyten und Lucio anstelle von Demicheles und während des Spiels brachte Hitzfeld Hamit Altintop, Toni Kroos und Luca Toni. Allesamt keine Vertragsamateure. Im Gegenteil: Beim FC Bayern wird von der Top-18 im Kader erwartet, dass sie bestimmte Mannschaften egal in welcher Zusammensetzung schlägt. Bolton zum Beispiel. Oder Nürnberg…
Genau deshalb fällt es schwer, Heynckes personelle Maßnahmen vor dem Nürnberg-Spiel zu kritisieren. Das Kalkül war klar. Spieler wie Rafinha, van Buyten und Tymoshchuk sollten einerseits dafür belohnt werden, dass sie in der bisherigen Saison geduldig ihre Reservistenrolle akzeptierten. Andererseits hoffte Heynckes auf die Portion extra Motivation bei diesen Spielern, die bei ihrer Chance von Anfang an zeigen sollten, dass sie den Anspruch haben in diese Mannschaft zu gehören. Bei Daniel van Buyten ging dieses Kalkül auf, bei Rafinha mit Abstrichen auch. Bei Anatolij Tymoshchuk überhaupt nicht. Der Ukrainer war der schwächste Mann auf dem Platz, gewann nur 9 seiner 19 Zweikämpfe und wirkte auch ansonsten eher wie ein Fremdkörper. Trotzdem muss Bayern dieses Spiel gewinnen. Der Fehler liegt also nicht im Kern bei der Rotation, sondern bei denjenigen, die sich nach der 1:0-Führung die Spielkontrolle entziehen ließen. Heynckes sollte also nicht von der Rotation abrücken, sondern stattdessen die Reservisten noch mehr in die Pflicht nehmen.
2. Heynckes scheut das Risiko mit zweitem Stürmer
Wenn Heynckes ein Vorwurf zu machen ist, dann der, dass er direkt nach der gelb-roten Karte gegen Gebhart, Pizarro positionsgetreu gegen Mandzukic wechselte. Das Spiel war ab dem Platzverweis vorherzusehen: Nürnberg würde mit zwei Viererketten vor dem Sechzehner die Räume brutal verengen und vorn mit einer Verlegenheits-Spitze auf einen glücklichen Konter hoffen. Genau so kam es – Bayern fehlte der Raum für Kombinationen. Die Folge war mit zunehmender Spieldauer immer mehr hohe Bälle in den Sechzehner der Clubberer, die von Pizarro irgendwie verarbeitet werden sollten. Auf der anderen Seite verteidigte die Viererkette dem Wortsinne nach zu viert!! gegen einen Nürnberger Stürmer. Vielleicht war es eine Lehre aus der vergangenen Saison, in der Bayern im Nachhinein damit haderte, in engen Spielen nicht zumindest einen Punkt festhalten zu können (Mainz, Hannover).
Dennoch wäre das Risiko gegen am Ende destruktive Nürnberger gering gewesen, wenn Heynckes mit Mandzukic und Pizarro als Doppelspitze die Präsenz im gegnerischen Strafraum erhöht hätte.
3. Der ex-Münchener
Markus Feulner wäre auch ohne sein Tor der auffälligste Nürnberger gewesen. Von Beginn an merkte man ihm die besondere Motivation gegen den ex-Club an. Feulner gehört zur großen Armada der Spieler, die den Durchbruch bei Bayern nicht schafften, aber dennoch eine sehr ordentliche Bundesliga-Karriere hinlegten. Immerhin 13 Bundesliga-Spiele absolvierte er für den FCB. Neben der Meisterschaft im Jahr 2003, zu der er in zehn Einsätzen zwei Torvorlagen beitrug, bleibt vor allem die A-Jugend-Meisterschaft 2001 in Erinnerung. Feulner war damals Kapitän einer talentierten Truppe um Philipp Lahm, Zvjezdan Misimovic und Piotr Trochowsk, die Bayer Leverkusen im Finale der A-Jugend-Meisterschaft mit 3:2 besiegte. Nach Stationen in Köln, Mainz und Dortmund scheint er seine Karriere in Nürnberg langsam ausklingen zu lassen. Das Spiel gegen Bayern war erst sein vierter Einsatz in dieser Saison. Nach der gestrigen Leistung wird Hecking in Zukunft wohl wieder verstärkt auf den 30-Jährigen setzen. Mit 11,9 Kilometern lief er die Zweitmeisten aller Spieler auf dem Platz. Er gewann zudem über 60% seiner Zweikämpfe. Feulner war Fixpunkt im guten Nürnberger Kombinationsspiel in der Phase zwischen der 25. und 70. Minute. Zudem organisierte er gemeinsam mit dem taktisch hervorragend ausgebildeten Timmy Simons von der defensiven Sechs aus das ansehnliche Pressing der Nürnberger. Der ex-Münchener war damit aus Nürnberger Sicht so etwas wie der „Man of the Match.“