Nur 1:1 im Spitzenspiel – FC Bayern überzeugend, aber sieglos gegen Leverkusen

Daniel Trenner 28.09.2024

Bayern startete großartig in die Saison, doch seit Wochen versteifte sich mehr und mehr der Fokus auf Leverkusen und die darauf beginnenden Wochen der Warheit mit Duellen gegen Aston Villa und den VfB Stuttgart. Vincent Kompany verzichtete gänzlich auf jegliche Rotation und brachte die erwartete Startelf mit Gnabry statt eines Comans, Pavlović statt Palhinha und dem heimlich, still und leise sich wiederberappeltem Alphonso Davies. Wozu auch rotieren, wenn man gerade sieben Tage Pause hatte?

Auch Bayer Leverkusen brachte die in allen Punkten erwartete Aufstellung im 3-4-3. Die Zeiten des letzten Rückrunden-Duells, als beide damalige Trainer noch wild aneinander anpassten, waren vorbei.

FC Bayern München: Der Spielverlauf 

Bayern startete mit der breiten Brust der letzten Wochen in die Partie, presste überragend, sammelte Ballbesitz, war die dominantere, viel bessere Mannschaft.

Nur logisch also, dass Leverkusen mit seiner ersten Chance nach gut einer halben Stunde direkt in Führung kam. Pavlović spielte den vielleicht schwächsten Pass seiner noch immer jungen Profikarriere, setzte einen Rückpass ins Toraus, daraufhin passierte das, was passieren musste: Der Ball gelang in den Rückraum zu Robert Andrich, der verdeckt ins lange Eck abzog. Manuel Neuer konnte erst spät reagieren, musste mit einer schlussendlich nicht kommenden Abfälschung rechnen.

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Pavlović ließ sich indes nicht unterkriegen, egalisierte seinen Fehler mit einem Tor-des-Monats-Weitschuss.

Die zweite Hälfte fing gleich mit einem Knall an, aber Serge Gnabry konnte seine Doppel-Großchance nicht verwerten. Sonst blieb alles beim Alten: Bayern war die klar spielbestimmende Mannschaft, Leverkusen mit dem Spielstand zufrieden. Obwohl es die Bayern immer wieder versuchten, fiel das zweite Tor nicht. Man musste sich mit einem 1:1 am Ende zufrieden geben.

FC Bayern: Drei Dinge, die auffielen

1. Kompany-Ball kann auch Spitzenspiel

5:0, 9:2, 6:1, Bayerns letzte Wochen waren überragend. Doch die Gegner hießen auch nur Bremen, Zagreb, Kiel, Freiburg, Wolfsburg. Jeder Jubel und jedes Lob erfolgte hinter vorgezogener Hand, erst hatten Kompanys Bayern noch die Feuerprüfung abzulegen. Die kam heute und insgesamt kann trotz Punktverlustes ein positives Zeugnus ausgestellt werden: Bayerns Pressing war richtig griffig, Leverkusen kam überhaupt nicht zum atmen, Mitte der ersten Halbzeit betrug Bayerns benötigte Zeit um wieder in Ballbesitz zu kommen durchschnittlich unter 13 Sekunden, Leverkusen brauchte doppelt so viel. So konnte der deutsche Meister auch sein Spiel überhaupt nicht durchziehen, kam in der gesamten Partie zu zwei Abschlüssen mit insgesamt 0,07 bis 0,14 expected Goals, je nach Dienstleister.

Zuzüglich des großartigen Pressings folgte ein sauberes Positionsspiel, bei dem heute insbesondere der ständig ins Zentrum dribbelnde (und dabei mit seinen Bewegungen an Arjen Robben erinnernde) Guerreiro gesucht wurde. Was allerdings heute offenbar bewusst zurückgeschraubt wurde, war das gewollte Chaos in den Bewegungsabläufen. Diesmal switchte Kimmich nicht zwischen Sechser, Rechtsverteidiger und Halbstürmer innerhalb einer Minute, Davies war nicht auf einmal vogelwild vorderster Angreifer und den portugiesischen Rechtsverteidiger zog es zwar ins Zentrum, aber er war dann nicht gleichzeitig ab und an auch im linken Halbraum zu finden.

Man merkte dem Spiel durchaus an, dass auch das Trainerteam Kompany-Marić mit dem singulären Punkt zufrieden war, obwohl man die bessere Mannschaft war. Das letzte Risiko wurde gescheut, womöglich fehlte das organisierte Chaos deshalb.

2. Pavlović mit floskelhaftem Spiel

Eine alte Fußballweisheit besagt: Je unnötiger die Ecke, desto wahrscheinlicher das Tor. Die Fußballgeschichte ist voller kurioser Geschichten. Papierkügelchen, miese Annahmen und natürlich: Fehlpässe. Einen schlechteren Rückpass hat das eigentlich so ballsichere Münchener Eigengewächs im Profi-Bereich noch nie gespielt. Und so kam es, wie es kommen musste: Die einzige Leverkusener Ecke der ersten Halbzeit führt zum einzigen Leverkusener Schuss, führt zum einzigen Leverkusener Tor. Mickrige 0,04 expected Goals sammelte Leverkusen in der ersten Hälfte. Allesamt aus diesem Schuss. Aber manchmal reicht das ja aus.

Aleksandar Pavlović ließ sich derweil nicht unterkriegen und kam mit einer weiteren Floskel zurück: Verschuldet ein Defensivspieler ein Gegentor, macht dieser umso wahrscheinlicher das ganze mit einem Tor wieder wett. Kommentatoren rufen dann immer das ausgelutschte “Ausgerechnet!”, es gehört aber zu den absoluten Klassikern der Spielverläufe, so häufig wird es bestätigt.

Pavlović machte das ganze mit einem alles überragenden Sonntags- (oder eher: Sonnabends-) Schuss wieder gut. Aus 30 Metern nahm er einen Ball volley mit dem Spann und brachte auch viel Außenrist mit, Hrádecký kam nochmal dran, konnte es aber nicht stoppen. Ob Xabi Alonso insgeheim lächeln musste? Die Allianz Arena hatte fast ein identisches Tor nämlich bereits einmal gesehen: Am 26. August 2016 beim ersten Spieltag Carlo Ancelottis (dem berüchtigten Fessel-Ablegungs-Spiel) stoppte Alonso einen eigentlich geklärten Ball und jagte ihn fast exakt genau wie nun Pavlović in den Winkel.

3. Wackelkandidaten überzeugen

Man muss einmal festhalten: Die Wackelkandidaten haben heute überzeugt. Alphonso Davies wird gerne etwas zu kritisch gesehen. Schlechte Spiele werden gerne zu hundsmiserablen gemacht, gute zu dürftigen. Heute war er großartig und zeigte in einem Top-Spiel wie viel er dieser Mannschaft geben kann. Keine Aussetzer im Passspiel, aufmerksam im Zulaufen der Räume und keinerlei einfachen Zweikampfverluste. Zur Belohnung wurde nicht er, sondern sein (ebenfalls gutes) Außenverteidigerpendant ausgewechselt, als Kompany mit Laimer einen Rechtsfuß in den letzten Minuten bringen wollte. Davies unterstrich die tolle Leistung, indem er sogleich ein großes Kämpferherz zeigte und einen sicheren Einwurf für Leverkusen mit einer Grätsche an den Gegenspieler zu einem Ballgewinn für die eigene Mannschaft verwandelte.

Bei Dayot Upamecano waren die Fragezeichen nicht nur vor dem Spiel, sondern auch währenddessen groß. Als er früh vom dürftigen Referee verwarnt wurde, schillerten bei nicht wenigen schon die Alarmglocken. Dunkle Erinnerungen an unnötige Platzverweise wurden laut, insbesondere da er es nun mit dem Koloss Boniface zu tun hatte. Upamecano ließ sich allerdings nicht beirren und kam gar nicht in die Nähe eines Platzverweises, so ist dieses Thema abgehakt und man kann stattdessen sein tolles Gesamtspiel betrachten: Dieser “Koloss” nämlich war das heute überhaupt nicht. Kim, aber eben vor allem Upamecano meldeten Boniface und die Leverkusener Offensivkräfte komplett ab.

Eigentlich schienen die Kompany-Bayern durchaus Abwehrlücken zu haben in den letzten Wochen, doch selbst Leverkusen konnte sie überhaupt nicht aufdecken. Im Normalfall kassiert man heute kein Gegentor.

https://twitter.com/georgxhaas/status/1840096441621991569

Die Daten zum Spiel:

Tore: 0:1 Andrich (31.), 1:1 Pavlović (39.)
Gelbe Karten: Upamecano (23.), Alonso (24.), Andrich (33.), Wirtz (57.), Grimaldo (71.)
Aufstellung FC Bayern München: Neuer – Guerreiro (Laimer, 78.), Upamecano, Kim, Davies – Kimmich, Pavlović, Olise (Sané, 78.), Musiala, Gnabry (Coman, 65.) – Kane (Müller, 86.)
Aufstellung Bayern 04 Leverkusen: Hrádecký – Tapsoba, Tah, Hincapie – Frimpong, Xhaka, Andrich, Grimaldo (Belocian, 90.), Terrier (Adli, 58.), Wirtz (Palacios, 90.) – Boniface (Tella, 78.)

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