Auf Wiedersehen, Twitter
Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Zumal es auch intern in der Redaktion unterschiedliche Standpunkte zum Umgang mit dieser Thematik gibt. Letztendlich haben wir uns aber darauf geeinigt, Twitter vorerst nicht mehr mit Content zu bespielen – und ja, für uns heißt das Netzwerk immer noch „Twitter“.
Gründe dafür gibt es einige. Ganz oben auf der Liste steht Elon Musk. Seit seiner Übernahme hat er Twitter nach und nach zu einer Plattform für Rechtsradikale umgebaut. Algorithmen, Funktionen, das Pushen der Agenda von Rechtspopulisten und Rechtsradikalen – Musk hofiert Akteure wie Donald Trump, Martin Sellner oder Björn Höcke und befeuert Verschwörungstheorien und rechte Standpunkte mit Falschinformationen.
Er tut das nicht „nur“ mit seinen Tweets, sondern auch, indem er die Reichweite solcher Themen verstärkt und damit den öffentlichen Diskurs und vor allem auch junge Menschen aktiv beeinflusst.
Schon zu Beginn als Twitter-Chef hat der US-Amerikaner die Konten mehrerer Journalist*innen gesperrt, die in der Vergangenheit kritisch über ihn berichtet haben. Später ließ er einige von ihnen zurück. Dennoch wird schon beim Öffnen der App klar, dass sachliche Diskurse, gute Inhalte und Diversität auf dieser Plattform nur noch am Rande einen Platz haben.
Stattdessen dominieren Populismus und „Premium“-Accounts, die mit fragwürdigem Content Interaktionen farmen. Die einst für ihren schnellen Zugang zu guten Informationen bekannte Plattform ist ein Nährboden für Rechtsextremismus, den wir nicht weiter befüllen wollen.
Warum wir nicht früher reagiert haben? Vermutlich aus den Gründen, warum immer noch sehr viele Menschen, die wir schätzen, dort sind. Wir haben geglaubt, dass wir auf dieser einst für uns so reichweitenstarken Plattform sein müssen, um weiterhin Thema zu sein. Und wir haben festgehalten an den Leuten, die uns dort folgen.
Wenn wir uns die Realität genauer anschauen, dann sehen wir, dass unsere Interaktionen in den letzten Monaten und Jahren rapide gesunken sind. Das liegt unter anderem daran, dass wir eine Zeit lang nicht sonderlich aktiv waren. Egal, was wir in den letzten Monaten aber probiert haben, wir blieben immer weit hinter den Zahlen zurück, die wir einst hatten – bei ungefähr gleicher Follower*innenzahl.
Linkposts werden vom Algorithmus nach unserem Eindruck sogar bestraft als dass wir eine Chance hätten, unseren Content dort zu verbreiten. Selbst Leute, die uns folgen, bekommen uns oft in ihrer Timeline gar nicht angezeigt. Entsprechend ist das eine zweite Komponente, die uns diesen Schritt jetzt einfacher macht.
Wir hätten auch einfach lautlos gehen können. Doch vielleicht können wir damit auch nochmal einen Anstoß hinbekommen. So sehr wir alle an der Nostalgie und dem alten Glanz dieser Plattform hängen, so sehr können wir nicht mehr ignorieren, dass Twitter ein Spielball von Akteur*innen geworden ist, die die Werte unserer Demokratie, für die wir als Miasanrot einstehen, mit Füßen treten.
Mit Bluesky gibt es indes eine Alternative, die funktional immer mehr an das Twitter erinnert, das wir von früher kennen. Wir wollen nichts Schönreden: Viele Menschen, die sich bis heute nicht von Twitter lösen können, fehlen dort. Viele sind schon da. Aber das Netzwerk wächst und wenn wir nicht nach und nach den Mut haben, uns davon zu lösen, was wir glauben, in Twitter noch zu haben, dann wird sich nie etwas ändern.
Wir sagen bewusst „Auf Wiedersehen, Twitter“. In der Hoffnung, dass es irgendwann ein Wunder gibt. Aber für den Moment sind wir raus und freuen uns darüber, wenn ihr uns auf anderen Netzwerken die Treue haltet. So haben wir seit diesem Jahr beispielsweise einen WhatsApp-Channel, der mit all unserem Content befüllt wird. Sehr aktiv sind wir zudem auf Instagram. Folgen könnt ihr uns zudem bei Bluesky, Facebook/Meta und Threads.
Auch die Facebook-Netzwerke haben ihre problematischen Seiten, aber die hatte Twitter zuvor auch. Was wir derzeit allerdings auf Musks Twitter erleben, überschreitet für uns Grenzen.
Die Links zu unseren weiteren Social-Auftritten findet ihr anbei. Unseren Account löschen wir nicht, aber wir werden ihn erstmal nicht mehr bespielen.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch: Unsere englische Seite wird vor allem von unserem Autoren Marc geleitet und mit Content befüllt. Ich fände es falsch, über seinen Kopf hinweg zu entscheiden, dass auch unser .com-Twitteraccount nicht mehr aktiv genutzt wird. Da die englische Seite noch viel mehr von den Interaktionen auf Twitter abhängig ist und das quasi das einzige Netzwerk ist, das von ihm und den anderen Autoren aktiv benutzt wird, bleibt dieser Account von der Entscheidung unbeeinflusst.
Danke für euer Verständnis
Justin Kraft, Chefredakteur von Miasanrot
Natürlich könnt ihr uns auch in unserer Kurve weiterhin verfolgen.
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