Wildes 2:2 im Eberlico – FC Bayern München und Leipzig trennen sich unentschieden
Falls Ihr es verpasst habt
Die Aufstellung
Thomas Tuchel konnte wieder durchatmen: De Ligt, Gnabry und Neuer fehlten zwar auch weiterhin, doch immerhin kehrten die anderen Verletzten wieder zurück. So konnte im Vergleich zum Pokal wieder zurückrotiert werden: Ulreich, Upamecano, Kim, Sané und Kane kehrten ins Team zurück. Thomas Müller wenigstens wieder auf die Bank.
RaBa fing im RaBa-typischen 4-2-2-2 an.
1. Halbzeit
Nach 90 Sekunden klingelte es schon fast: Die Bayern überraschten das unorganisierte Leipzig mit einem schnell ausgeführten Freistoß. Kane schickte Musiala, doch der fand in Blaswich seinen Meister.
In der 13. Spielminute bekam auch Leipzig einen plötzlichen Hochkaräter. Ulreich spielte als Liberlo scheinbar gut mit, klärte aber ohne Gegnertor in den Lauf Forsbergs, der von der Mittellinie knapp vergab.
Besser machte es Openda in Spielminute 20. Nach einem simplen Einwurf auf Mittellinienhöhe, war dieser irritierend leicht freigespielt und auf weiter Flur gegen Ulreich davongeeilt. Nur noch Kim konnte retten, vergab allerdings. Abgefälscht brachte der Belgier die Österreicher aus Ostdeutschland in Führung.
Sechs Minuten später schenkten die Bayern (und speziell Ulreich) den Leipzigern das nächste Tor. Bayerns Keeper flog an einer Ecke vorbei, Openda legte auf Lukeba ab, der trocken durchzog.
Den Bayern fiel in der Folge wenig bis gar nichts mehr ein. mit 0:2 ging es in die Pause.
2. Halbzeit
Thomas Tuchel wechselte gleich zwei Mal in der Halbzeitpause. Tel und Raphaël Guerreiro kamen für Coman und Goretzka. Guerreiro direkt 45 Minuten im Spitzenspiel zu geben, überraschte hier doch sehr. Dem FC Bayern fiel auch mit den Wechseln nichts ein, doch Leipzig tat ihnen den Gefallen des Elfmetergeschenks. Henrichs klärte einen eigentlich ungefährlichen Sané-Freistoß mit dem Unterarm, Harry Kane ließ sich nicht bitten (57.).
Wirklich besser wurde es auch mit dem knappen Ergebnis nicht, doch es gab ja immer noch die oft zitierte individuelle Klasse. Harry Kane klärte eine Ecke zu Musiala, der sich mit Körperlichkeit (!) und Dribbelfinesse durch Leipzigs Absicherung konterte. Leroy Sané vollendete den Bilderbuchgegenstoß am Ende eiskalt (70.).
Es kam gegen Ende der Partie noch Choupo-Moting für Musiala, am Ende trennten sich die beiden Mannschaften nach wilden unterschiedlichen Halbzeiten mit 2:2.
Dinge, die auffielen
1. Habemus Angstgegner
Den Gladbach-Fluch frisch durchdrungen, hat der FC Bayern endgültig einen neuen Angstgegner. Der Niederlage ist man zwar knapp entronnen, doch den Eindruck lange Zeit überspielt zu werden, erhärtete sich.
Den Supercup gewinnt der FC Bayern ja schon ganz gerne, die 0:3-Niederlage dort brachte den Verein zu Saisonbeginn schon mächtig zum Köcheln. Schlimmer war da allerdings die 1:3-Niederlage am 33. Spieltag letzte Saison, die eigentlich dem Verein die deutsche Meisterschaft hätte kosten müssen, hätte der BVB im Anschluss nicht BVB-Dinge getan.
Bei Borussia Mönchengladbach indes wurde mit dem Begriff des Fluches allerdings auch immer versucht etwas Unbeschreibliches zu beschreiben. Die Niederlagen fielen oft aus der Reihe und waren schlichtweg Pech. RaBa Leipzig nun jedoch hat den FC Bayern beinahe zum dritten Mal in Folge vollkommen verdient geschlagen. Letzte Saison und im Supercup waren die Niederlagen schlimmer, doch auch heute gab es lange Zeit wenig Positives zu berichten.
2. Unflexible Stammformation
Beim FC Bayern kann man mittlerweile von einer sehr klaren Stammelf sprechen, personell, wie taktisch. Der FC Bayern möchte scheinbar gegen jeden Gegner den selben Stiefel herunterspielen. Anpassungen gegen Leipzig waren jedenfalls nicht zu erkennen. Hat man gegen die meisten Teams Geschwindigkeitsvorteile, entfällt dies gegen die Athleten des RB-Kosmos. Der Offensive war so ziemlich der Zahn gezogen. Ideenlos spielte sich das Team weite Teile der Partie den Ball hin- und her.
Leipzig selbst lauerte auf die 1:1-Duelle gegen Bayerns Defensive und all zu oft überließ der FC Bayern ihnen dieses Spiel auch. Beim 0:1 verliert der Rekordmeister nach einem Einwurf einen Zweikampf und schon hat Openda nur noch einen Innenverteidiger vor (oder eher neben) sich. Alles in allem muss man sagen, dass man mit offenem Visier einer RB-Mannschaft es erlaubte, RB-Fußball zu spielen. Dabei sollte genau das doch lieber vermieden werden.
3. Problemlösungen und die 2. Halbzeit
Eine Stunde lang nahm Harry Kane an der Partie nur geistig teil. Leipzig hatte es leicht, Bayerns Neuzugang aus dem Spiel zu decken. Die Modellathleten Simakan, Lukeba und Schlager hatten keinerlei Probleme mit dem Briten. Gegen andere Teams sorgt dieser Fokus für mehr Räume für Bayerns andere Angreifer, insbesondere Sané profitiert seit Wochen von diesem Umstand. Doch Leipzig hatte so viel Speed und Engagement im Team, dass diese Räume direkt zugerannt werden konnten. Hier hätte erneut die Doppelspitze mit Choupo-Moting geholfen, um Leipzigs Fokus breiter zu fächern.
Kane löste das Ganze, indem er nach einer Stunde begann, sich tiefer fallen zu lassen, um so Schlager und Kampl auseinanderzuziehen. Bayerns Spiel wurde schlagartig besser, viele Chancen kamen aber auch nicht beisammen. Der Elfmeter war mehr geschenkt als erzwungen und beim Ausgleichstor wurde Leipzig im eigenen Stadion, bei eigenem Eckstoß und sogar in Führung liegend, ausgekontert. Bayern war heute kaltschnäuzig und nutzte die wenigen Chancen, um noch etwas Zählbares aus der Partie zu retten.
Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass dies für beide Teams gilt. Auch Leipzig gelang in der überlegenen ersten Hälfte nicht viel mehr offensiv, als die beiden Tore. Es war ein Spiel vieler Tore und weniger Torchancen.
4. Sven Ulreich
Ja, ein Bayern-Torwart sollte beim 0:2 nicht so unter dem Ball segeln.
Ja, ein Bayern-Torwart sollte nicht – wie in der 13. Spielminute – bei einer klärenden Libero-Aktion einen Ball direkt zum Gegner “klären”.
Ja, ein Bayern-Torwart hätte vor zehn Tagen auch ruhig eines der Tore Uniteds beim wilden 4:3 verhindern können.
Aber das sind alles keine Fehler Sven Ulreichs, sondern der Kaderplanung. Man darf von Sven Ulreich keine Dinge erwarten, die Sven Ulreich übersteigen. Sven Ulreich wird einfach nicht jede Ecke richtig einschätzen. Das ganze Torwart-Spiel außerhalb des eigenen Strafraums hat er komplett beim FC Bayern auf der Bank sitzend erlernt. Nur logisch, dass da zwischen Genie (die Nachspielzeit!) und Wahnsinn (Kampls Fast-Tor aus 50 Metern) alles beisammen ist.
Wem das zu viele Gegentore sind, der soll bitte die Kaderplanung kritisieren, die Sven Ulreich monatelang zur Nummer Eins machen, aber Sven Ulreich spielt schon an seiner Leistungsgrenze.
5. Servus, Max!
In den Tagen vor dem Duell mehrten sich mal wieder die Gerüchte um Max Eberl. Dachte man ursprünglich noch, hier greift das typische Bayern-Phänomen, vor einem wichtigen Spiel die Gerüchteküche zu befeuern, platzte 25 Stunden vor der Partie die Bombe: Max Eberl war von Leipzig freigestellt worden! Im Announcement-Tweet war im aller miefigsten Beamten-Neudeutsch sogar von fehlendem “Commitment” die Rede. Klar ist: Max Eberl wollte die Gerüchte rund um das Interesse des FC Bayerns nicht bestreiten und genau deshalb freigestellt worden.
Ebenfalls klar ist hiermit auch: Max Eberl wird in naher Zukunft beim FC Bayern landen. Noch saß er nicht zwischen Uli Hoeneß und Herbert Hainer auf der Tribüne (das wäre auch eine zu köstliche Zuspitzung gewesen), doch wird dies noch kommen. Eine etwaige Beschädigung der Person Max Eberl wird dem FC Bayern so egal sein, wie dessen (und Christoph Freunds) RB-Vergangenheit.
Der Umstand mit der Freistellung macht Max Eberl auch keinesfalls teurer, eher ganz im Gegenteil. Vor Jahren hätte diese Nachricht noch für mehr Euphorie gesorgt, galt Max Eberl doch jahrelang als klügster Kopf im deutschen Fußball. Sein Stern hat seine Strahlkraft mittlerweile eingebüßt, einige mögen ihm im Zuge seines Gladbach-Abschieds gar die Supernova-Phase angedichtet haben. Max Eberl ist allerdings auch weiterhin der Hauptverantwortliche von Gladbachs exzellentem letzten Jahrzehnt und die finstere (und noch dunkler werdende) Phase des Vereins derzeit, wird man eng mit Eberls Abschied verknüpfen. Dazu wusste er erneut in seiner kurzen Leipzig-Phase mit guten Transfers die Abgänge zu kompensieren. Kritik an ihm mag berechtigt sein, ja, doch frei nach Frank Buschmann: “Kritisiert mir den nicht zu viel, das ist ein guter Mann!”