Spieler des Monats November: Jamal Musiala
Ein Gastbeitrag von Constantin Eckner.
Er ist in aller Munde und auf dem besten Weg zum Weltstar. Sowohl im Club als auch im Nationalteam lastet deshalb bereits viel Gewicht auf den schmalen Schultern von Jamal Musiala. Damit kommt der Hochbegabte aber bislang sehr gut zurecht.
Auch im abschließenden Gruppenspiel der deutschen Nationalmannschaft hing wieder vieles von Musiala ab. Mit 13 erfolgreichen Dribblings und 24 Ballaktionen im Strafraum stellte der 19-Jährige jahrzehntealte WM-Bestwerte in den Schatten. Allein ein Tor wollte dem Maultaschen-Fan trotz acht Abschlüssen und zwei Pfostentreffern nicht gelingen.
Neben der From-Zero-to-Hero-Story des erneuten Torschützen Niclas Füllkrug schrieb Jamal Musiala eine der wenigen positiven Geschichten des DFB-Teams bei der enttäuschenden Weltmeisterschaft.
In den finalen Wochen der Bundesliga vor der WM-bedingten Unterbrechung und auch in den ersten zwei Partien des Turniers war der hochbegabte Offensivspieler wieder alles überragend. Selbst gegen Spanien hatte man das Gefühl, dass Musiala trotz der Anwesenheit von Pedri ein Stückchen über allen anderen schwebt. Dass er gelegentlich den besser postierten Nebenmann übersehen hat, sei ihm dabei verziehen, denn wer sich fast gezwungenermaßen durch mehrere Gegenspieler hindurchschlängeln muss, der entwickelt schnell den Drang, die Szene selbst zu Ende zu führen.
Musiala wirkt im Positiven wie ein Alien im deutschen Team. Während die anderen Offensivspieler oftmals technisch sauberen und gut durchdachten Fußball zeigen, repräsentiert ihr junger Mitspieler ein disruptives Element. Statt sich um die gegnerische Verteidigungsformation herum zu bewegen, geht Musiala bewusst in sie hinein und nimmt es mit zwei oder drei Gegenspielern auf. Dadurch verformen sich die gegnerischen Defensivstrukturen, denn plötzlich ballt sich alles um einen Deutschen, während andere mehr und mehr missachtet werden.
Manch ein unwissender Kritiker warf Musiala bereits vor, er würde eigensinnig spielen. Selbst ein paar übersehene Mitspieler ändern nichts daran, dass Musiala mit seiner Art der Offensivgestaltung keinen puren Egoismus repräsentiert. Aber er wird trotz starker Leistungen hierzulande immer wieder auf Gegenwind treffen, denn Deutschland hat sich über Jahrzehnte vor allem über Passspiel definiert. Der Ball wurde sauber von Fuß zu Fuß bewegt, aber selten direkt in Verteidigungsformationen hinein. Das geschah lediglich im letzten Spielfelddrittel oder am Strafraum. Glücklicherweise ist das beim FC Bayern etwas anders, denn auch in der jüngeren Vergangenheit gab es regelmäßig Dribbler, die ein wichtiger Bestandteil des Offensivspiels waren.
Was Musiala diesen voraus hat, ist seine Stärke als Nadelspieler. Diese Rolle ist ihm wie auf den Leib geschneidert, weil er einerseits die – gerne mal diagonalen – Wege in die gegnerische Formation sucht und sich andererseits so gut wie kein anderer im Weltfußball in engen Räumen behaupten kann. Deshalb war das Duell mit Pedri, dem ähnliche Qualitäten nachgesagt werden, so faszinierend am vergangenen Sonntag.
Trotz des vielen Lobes gibt es natürlich auch im Spiel von Musiala noch Dinge, die er verbessern kann, was übrigens der Teenager selbst so bestätigt. Für mein ESPN-Porträt sprach Musiala etwa darüber, wie er sein Abschlussspiel noch weiter verfeinert und wie sich die Arbeit mit Bayern-Co Dino Toppmöller bereits bemerkbar macht, weil er häufiger in gute Schusspositionen gelangt. Es wäre schließlich beängstigend, wenn Musiala schon mit 19 alles könnte.