Krise überwunden – 4:0 gegen Leverkusen
Falls Ihr es verpasst habt
Die Aufstellung
Rund zwei Wochen lang brannte es an der Säbener Straße nach dem enttäuschenden und verdienten 0:1 gegen den FC Augsburg. Im ersten Spiel nach der Länderspielpause überraschte Julian Nagelsmann mit keinem einzigen Spieler. Denjenigen, denen man noch am ehesten eine gute Form nachsagen konnte, spielten allesamt, plus Sadio Mané. Dies bedeutete abermals einen Bankplatz für Mazraoui, Gravenberch und Goretzka.
Noch tiefer in der Krise als der Rekordmeister steckend, schickte Bayer Leverkusen ihre Top-Elf im 5-2-3 ins Rennen.
1. Halbzeit
Die vierte Spielminute war noch nicht einmal vorüber, da stand es bereits 1:0 für den kriselnden Rekordmeister. Musiala bekam auf Höhe der Mittellinie den Ball, schaltete seinen Gegenspieler mit einem leichten Trick aus und konnte dann viele Meter gehen. Die überlegte flache Flanke legte Leroy Sané mit rechts noch abgefälscht ins Netz.
Bayern blieb in der Folge am Ball und hatte schon Gelegenheit, das Spiel zu entscheiden. Leverkusen kam einfach nichts ins Spiel. Als Bayerns Dominanz allmählich abzufallen schien, schlugen sie erneut zu: Upamecano spielte in bester Boateng-Manier den Ball tief in die Spitze, wo Musiala mit Müller einen direkten Doppelpass spielte. Den Ball zurückerlangt, schloss er sofort flach ins kurze Eck ab und erwischte den formschwachen Lukáš Hrádecký auf dem falschen Fuß: 2:0 (17.).
Rund 20 weitere Minuten liefen die Bayern gegen harmlose Leverkusener in der Folge an, ehe sie erneut zuschlugen. Diesmal -endlich- durch Sadio Mané. Erneut verschaffte sich Jamal Musiala auf rechts Platz, erneut flankte er flach in die Mitte und erneut war der Assist seiner. Mané nahm vor dem Strafraum die Kugel mehr schlecht als recht mit, zögerte beinahe zu lange und schoss dann doch mit gütiger Beihilfe Andrichs’ Fuß ins rechte Eck ab (38.). Mehr geschah nicht mehr in der ersten Spielhälfte.
2. Halbzeit
Bayern wechselte zur Halbzeit nicht. In der 56. Minute klingelte es kurzzeitig wieder, doch zurecht nahm der Schiedsrichter nach VAR-Studium den Treffer zurück. Bemerkenswert blieb jedoch Musialas völlig unfassbares Dribbling. Nagelsmann brachte nun in kurzer Zeit aufeinander folgend Goretzka und Gnabry für Sabitzer und Mané, sowie Choupo-Moting für Sané und schließlich Gravenberch und Mazraoui für Musiala und Upamecano. Doch das Spiel war entschieden, Leverkusen konnte und wollte, Bayern musste nicht mehr.
Kurz vor Schluss genehmigte Hrádecký sich einen weiteren Alptraum, rutschte im eigenen Strafraum aus und assistierte so Thomas Müller, 4:0 (84.). Am Dienstag empfängt der FC Bayern Viktoria Plzeň in der Champions League.
Dinge, die auffielen
1. #Doppelwumms
Viel wurde in den letzten zwei Wochen über die Probleme der Bayern gesprochen. In München sind Krisen bekanntlich immer ein wenig kriselnder. Vieles wurde zurecht kritisiert, doch zur Wahrheit gehörte schlichtweg einfach auch fehlendes Glück. Gegen Mönchengladbach hätte man gewinnen müssen, gegen Union, Stuttgart und sogar Augsburg wären bessere Ergebnisse mindestens möglich gewesen. Echtes Spielglück schien man eigentlich nur so richtig gegen den FC Barcelona gehabt zu haben.
All das fehlende Glück schien man nun gegen Bayer 04 Leverkusen wieder einzuholen. Ein früher Doppelschlag in den ersten 20 Minuten, einmal abgefälscht, einmal mit einem Torwartfehler, dazu noch ein weiteres abgefälschtes Tor später – der Unterschied zwischen Krise und Dominanz ist dann doch manchmal einfach das Spielglück.
2. Schritt nach vorne
Doch auch neben dem (erzwungenen?) Spielglück war es in anderen Bereichen ein Schritt nach vorne. Es wurde wieder höher, klüger und erfolgreicher gepresst. Passend dazu stand man auch höher, besonders sichtbar bei Davies. Die bessere Positionierung hörte nicht nur gegen Ball auf, mit dem Ball besetzte man die Räume besser, gerade in der Tiefe. Diesmal war kein Spieler vorne auf sich alleine gestellt isoliert, dazu hatten die Innenverteidiger regelmäßig freie Ziele für weite Schläge (Siehe: Das 2:0 mit Upamecano auf Musiala). Leverkusen presste freilich nicht ansatzweise so wie der FC Barcelona, doch vor der Länderspielpause hatte der FC Bayern Probleme überhaupt nach vorne zu kommen. Am Freitagabend war das wieder anders.
3. Jamal Musiala – der Beste
Jamal Musiala ist der beste Spieler des FC Bayerns. Nicht das beste Talent, nicht der beste Jugendliche, nicht einmal nur der beste Offensivspieler. Nein, er ist schlichtweg derzeit der beste Spieler der gesamten Mannschaft. Jede Ballaktion von ihm eskaliert zu etwas Gefährlichem. Wenn die Chance versandet, liegt es nie an ihm. Bekommt er einen ungefährlichen Ball, macht er ihn mit einer Bewegung gefährlich. Ist er an seinen Gegenspielern vorbei, schlägt er den Ball nie blind in die Mitte. Darf er schießen, zielt er genau.
Das 1:0 kreiert er so fast aus dem Nichts mit einer Körpertäuschung und einer anschließenden bewussten Hereingabe. Man erinnert sich noch, wie selbst bei einem so talentierten Spieler wie Kingsley Coman der Schritt zum Hochnehmen des Kopfes vor der Hereingabe, erst Jahre nach dem Debüt kam.
Es ist ferner nicht unbedingt ein Zufall, dass das einzige nicht abgefälschte Tor der ersten Hälfte ihm gelang. Weil er im Gegensatz zu etwa Sané wirklich immer genau zielt und nie einfach den Volley nimmt. Sané hatte beim ersten Tor das Glück des Tüchtigen und hätte eigentlich in der 59. Minute das 4:0 machen müssen. Doch er entschied sich für rohe Gewalt und frei halblinks mit seinem stärkeren Fuß, rauschte der Ball auf die Südkurve.
Die Krönung von Musialas Abend wurde leider zurückgepfiffen. Tobias Stieler blieb ob de Ligts Kopfnuss keine andere Wahl, doch ein solches Dribbling wie vor dem vermeintlichen 4:0 von Mané hat man seit den Hochzeiten Ribérys in der Bundesliga nicht mehr gesehen. Wobei, war selbst bei ihm nicht die Ballführung etwas weniger magnetisch, etwas weniger filigran?
Für gewöhnlich erkennt man ja leicht, wann es gleich zu einem Dribbling kommt, doch so plötzlich in der Mitte des Raumes gegen sieben (!) Spieler sich für ein Dribbling statt dem Rückpass zu entscheiden zeugt nebst einer unfassbaren Qualität mittlerweile auch von bemerkenswertem Selbstvertrauen in die eigene Stärke.
Vor Wochen verglich dieser Autor Musiala noch mit Messi und war sich unsicher, wie weit er dabei gehen darf. Heute zeigte Jamal Musiala aber erneut: Der Vergleich ist angebracht.
4. Schöne Trikots
Bei so einem klaren Sieg darf man ruhig auch mal einen offensichtlichen Punkt mitnehmen: Die Bayern haben dieses Jahr wirklich schöne Wiesn-Trikots. Man ist ja sonst nicht zu verwöhnt vom Sportartikelhersteller mit den drei Streifen. Eine Verschwendung gar, dass es sie nur einmal zu bestaunen geben wird.