Hertha BSC – FC Bayern München 0:2 (0:0)
Da die Tuchel-Elf parallel klar gegen Stuttgart gewann, konnte sich die Mannschaft noch nicht zum vierten Mal in Folge zum Meister krönen.Die Münchner können aber in der kommenden Woche mit einem Sieg gegen Mönchengladbach endgültig alles klar machen.
Falls Ihr es verpasst habt:
Beide Mannschaften rotierten im Vergleich zu ihren Pokal-Halbfinals unter der Woche kräftig durch. Guardiola schickte mit Rafinha, Tasci, Benatia, Kimmich, Vidal, Thiago und Douglas Costa sieben neue Spieler auf den Rasen.
Kimmich begann zunächst als Linksverteidiger, wechselte jedoch schon nach wenigen Minuten mit Rafinha die Seiten und verteidigte fortan rechts hinten.
Ansonsten war es das aus den vergangenen Wochen bekannte Gebilde aus Viererkette, zwei Sechsern und vier offensiv orientierten Spielern mit Lewandowski in vorderster Fornt.
Pal Dardai wechselte auf der Gegenseite sechs Mal im Vergleich zum Pokal-Spiel gegen Dortmund. Keeper Jarstein, Brooks, Skjelbred, Haraguchi, Hegeler und Kalou erhielten eine Verschnaufpause. Dafür standen Kraft, Pekarik, Langkamp, Mittelstädt, Stocker und Cigerci in der Startelf.
Hertha begann durchaus mutig und versuchte es mit hoher Laufarbeit und durchaus passablem Angriffspressing. Bayern versuchte das Spiel mit hohem Ballbesitz und wenig Risiko im Aufbau zu kontrollieren – was in der ersten halben Stunde bis auf wenige Ausnahmen ordentlich funktionierte.
Das Offensivspiel der Münchner litt jedoch unter der fehlenden Schnelligkeit und Risikobereitschaft. Ein 20 Meter-Schuss nach Sololauf von Costa (Kraft, 8.) und eine große Chance von Thiago, der nach schöner Vorarbeit wiederum von Costa allein auf Kraft zulaufen konnte, aber am Ex-Münchner scheiterte, blieben zunächst die einzigen nennenswerten Chancen (22.). Bis zur Halbzeit war es danach ein extrem maues Spiel mit leichten, wenn auch nicht zählbaren Vorteilen für Hertha.
Beide Teams kamen personell unverändert aus der Kabine. Verändert hatte sich allerdings das Tempo der Münchner. Schon nach drei Minuten pressten die Gäste auf dem linken Flügel und eroberten in Person von Thiago den Ball. Über Götze landete der Ball bei Vidal, dessen Schuss aus 20 Metern von Stark unhaltbar ins eigene Tor abgefälscht wurde (48.).
Das Spiel beruhigte sich nun schnell. Hertha zog sich etwas weiter zurück und ließ die Münchner in der eigenen Hälfte kombinieren. Guardiola reagierte derweil früh und brachte Alaba und Ribéry für den blassen Müller und den schwachen Rafinha (59.).
So richtig viel passierte nicht mehr im Verlauf des Spiels. Lewandowski hatte noch eine Halbchance. Ansonsten setzte Douglas Costa mit einem sehenswerten Fernschuss (79.) den Schlusspunkt unter einen auf Grund der besseren zweiten Hälfte verdienten Sieg der Münchner.
3 Dinge, die auffielen:
1. Schwache erste Halbzeit bleibt ohne Folgen
Sicher ist die über weite Strecken ideenlose Offensivleistung der Bayern ein Stück weit mit der Saisonphase zu erklären. Abgesehen von der Triple-Saison, die mit mehr Abstand immer surrealer wirkt, taten sich die Münchner in dieser Phase immer schwer, wenn sie in der Champions League weit kamen. Hinzu kommt das Spiel unter der Woche gegen Bremen, das Guardiola allerdings durch die kräftige Rotation versuchte aufzufangen.
Trotzdem manifestiert sich der Negativtrend in Sachen Spielkultur nun seit Wochen mit wenigen positiven Ausreißern. Auch gegen Hertha wirkte die Guardiola-Elf, die eigentlich schon in der kompletten Rüclrunde in einer recht statischen Ausrichtung mit wenig Varianten agiert, merkwürdig gehemmt, gedrosselt und irgendwie van Gaalig.
Kaum Tempo im Gegenpressing, ein sehr U-förmiger Aufbau, der den Ball immer wieder in komplizierte Situationen zur Außenlinie leitete und Kimmich und Rafinha so zahlreiche Fehlpässe aufzwang (zusammen 24). Es war gerade in der ersten Hälfte einer der schwächsten offensiven Auftritte dieser Saison.
Auch wenn es nach der Pause etwas besser wurde – das Ergebnis sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Münchner seit Anfang März abgefälschte Weitschüsse (Berlin), Eigentore (Stuttgart), Standardsituationen (Benfica, Werder) oder spektakuläre Fallrückzieher (Frankfurt) benötigen, um auf die Siegerstraße zu finden. Gerade einmal sechs Torschüsse waren es am Ende gegen Hertha. Negativrekord in dieser Saison. Auch die Form von potentiellen Leistungsträgern wie Thiago, der über weite Strecken pomadig agierte, bleibt diskussionswürdig.
Es ist eine Qualität der Mannschaft, dass sie trotz der fehlenden Leichtigkeit ein gutes Ergebnis nach dem anderen produziert. Auch im Champions League-Halbfinale wird es wohl genau darauf ankommen. Ergebnisfußball. Denn Selbstverstänlichkeit und Leichtigkeit im Spiel nach Vorne lässt sich von Samstag bis Mittwoch meist nicht einfach so an- und ausschalten.
2. Defense wins Championships
So fehlerbehaftet das Münchner Offensivspiel im Moment ist, so stabil, kontrolliert und effizient agiert zur Zeit die Defensive. Gerade einmal ein Gegentor kassierte Bayern-Schlussmann Neuer in den vergangenen sieben Bundesliga-Partien. Es ist schon eine besondere Ironie, dass es wohl die Defensive sein wird, die Guardiola zum Abschluss seiner Amtszeit die dritte Meisterschaft in Folge ermöglichen wird.
Dortmund hat mehr Tore erzielt als der Rekordmeister (75/74), aber zum jetzigen Zeitpunkt auch mehr als doppelt so viel kassiert (14/30). Bemerkenwert ist die stabile Defensive in den letzten Wochen vor allem deshalb, weil Guardiola ständig durchwechselt. Zunächst als Reaktion auf die Verletzungen von Boateng, Martínez, Benatia und Badstuber, zuletzt vor allem um Alaba und Martínez Pausen zu ermöglichen.
Gegen Hertha verteidigte Kimmich, der mal als Mittelfeldspieler nach München gekommen war, zunächst links, dann rechts gut. Jogi Löw wird es auf der Tribüne registriert haben.
Neben dem einmal mehr soliden Benatia kam Tasci zu seinem zweiten Startelf-Einsatz in dieser Saison. Auch er spielte auffällig gut.
Es war schon ein wenig respektlos wie in den vergangenen Wochen über Tasci gesprochen wurde. Keine Online-Plattform kam zuletzt ohne Klickstrecke zu Tasci und den weiteren “größten Transferflops” der Bayern-Geschichte aus. Natürlich wird sich er 28-Jährige im Nachhinein mehr von einem Wechsel versprochen haben. Wer aber jetzt so tut, als sei im Winter völlig klar gewesen, dass der 21-Jährige Joshua Kimmich in drei Wettbewerben auf der Innenverteidiger-Position so gut funktionieren würde, sollte sich selbst noch einmal sehr genau hinterfragen.
Tasci war von Beginn eine Absicherung für den Notfall. Wer sich anschaut, wie viele Minuten Kimmich in der Rückrunde sammelte, sieht, dass es potenziell durchaus Platz für einen weiteren Innenverteidiger gab. Kimmichs Qualität war, wenn man so will, Tascis Pech.
Gegen Berlin zeigte Tasci, dass er ohne Probleme in der Bundesliga mithalten kann. Er gewann gerade in der ersten Hälfte viele wichtige Zweikämpfe in Strafraumnähe gegen Ibisevic (insgesamt 4/5 gewonnene Zweikämpfen) und hatte mit 90% die beste Passquote aller Startelfakteure, die nicht Manuel Neuer hießen. Es ist nicht gerade wahrscheinlich, dass es für Tasci nach dem Sommer in München weiter geht. Es war von Anfang an eine Leihe ohne jedes Risiko für den Rekordmeister. Die Debatte über Tasci als historisch schlechter Fehleinkauf sollte enden. 15-16 Bundesliga-Mannschaften, denen Tasci weiterhelfen könnte, werden seinen Auftritt gegen Berlin sicher bemerkt haben.
3. Costas Volumen hilft
Sicher müsste hier eigentlich etwas über Arturo Vidal stehen, der seit Wochen wie eine personifizierte Lebensversicherung für den FC Bayern agiert. Vier seiner sieben Pflichtspieltreffer bedeuteten das 1:0 für den FC Bayern. Auch gegen Hertha sicherte der Chilene mit seinem Treffer und seinen 17 gewonnen Zweikämpfen (Bestwert) den Sieg.
Auch der zweite Torschütze der Bayern soll jedoch nicht unerwähnt bleiben. Douglas Costa hat sicher nicht seine beste Phase im Bayern-Trikot. Der Brasilianer macht unglaublich viele Fehler, trifft falsche Entscheidungen und wirkt auch nicht so antrittschnell und ideenreich wie noch in der überragenden Hinrunde. Wir haben hier schon im Herbst immer mal wieder davor gewarnt, dass Costas Schwächen in der Entscheidungsfindung und der Präzision irgendwann deutlicher zutage treten werden. Aktuell ist sicher so ein Moment.
Trotzdem schafft es Costa allein durch sein Volumen immer wieder in einzelnen Situationen positiven Einfluss zu nehmen. Letztlich hilft er der Mannschaft auch wenn auch nur drei seiner gefühlt 35 Offensivaktionen erfolgreich sind. Auch gegen Hertha war das zu beobachten. Costa hatte die mit Abstand schlechteste Passquote (69%), verzettelte sich in einer Reihe von Dribblings (2/7 erfolgreich) und war am Ende doch an drei der vier besseren Münchner Torchancen beteiligt. Das Tor, ein Fernschuss in der ersten Hälfte und ein toller Pass auf Thiago, der ebenfalls in der ersten Hälfte an Kraft scheiterte waren am Ende eine bemerkenswert positive Bilanz für ein ansonsten mindestens unglückliches Spiel des Flügelstürmers.
Costa muss sicher effektiver werden, aber so lange er so viel versucht und sich auch von Rückschlägen im Spiel nicht entmutigen lässt, kann er trotz schwacher Form wichtig für Bayern bleiben.
HERTHA BSC – FC BAYERN 0:2 (0:0) | |
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Hertha BSC | Kraft – Pekarik, Langkamp, Stark, Mittelstädt – Lustenberger, Cigerci (83. Kohls) – Weiser, Stocker (64. Kalou), Plattenhardt – Ibisevic (46. Schieber) |
FC Bayern | Neuer – Rafinha (57. Alaba), Benatia, Tasci, Kimmich – Vidal, Thiago – Müller (57. Ribéry), Götze, Costa – Lewandowski (83. Martinez) |
Bank | Ulreich, Alonso, Coman |
Tore | 0:1 Vidal (48.), 0:2 Costa (79.) |
Karten | – / Rafinha, Müller, Vidal, Thiago |
Schiedsrichter | Marco Fritz (Korb) |
Zuschauer | 76.233 (ausverkauft) |