Warum ich Fußball liebe – und darüber schreibe

Katrin Trenner 15.01.2020

Vor einigen Tagen jedoch sah ich eine Antwort zu einem meiner Tweets, die mir vorher noch nicht aufgefallen war. Ich hatte einen Link zu meinem Artikel für die Spiel-des-Leben-Serie gepostet. Normalerweise mache ich Übersetzungen für Miasanrot, aber dieses Mal hatte ich mich an einem eigenen Artikel versucht. Dazu hatte jemand geschrieben: „Warum schreibt eine Frau über Fußball? Widerlich…“  

Die goldene Regel lautet: don’t feed the trolls – aber ich war trotzdem extrem genervt. Also habe ich mich dazu entschlossen, die Frage zu beantworten.

Falls Ihr es verpasst habt

Ich wurde 1979 in Frankfurt als Tochter einer indonesischen Mutter und eines deutschen Vaters geboren. Meine Eltern sind beide große Fußballfans – was in Deutschland natürlich nicht sehr ungewöhnlich ist, aber auch in Indonesien sind die Menschen verrückt nach diesem Sport. Mein Vater ist ein Anhänger von Mönchengladbach, meine Mutter hingegen liebt den FC Bayern. Warum meine Schwester und ich in dieser Hinsicht beide nach unserer Mutter kommen, wird wohl immer ein Rätsel bleiben.

Während meiner Kindheit und Jugend zogen wir alle vier, fünf Jahre in eine neue Stadt, manchmal in ein neues Land. Rückblickend kann ich sagen, dass ich sehr dankbar bin, diese Erfahrung gemacht zu haben, aber dennoch haben diese Umstände dazu geführt, dass ich mich „wurzellos“ fühle. Ich hatte mein ganzes Leben lang mit den Begriffen „Heimat“ und „Identität“ zu kämpfen. Da ich viele Jahre in Japan und Indonesien gelebt habe, war mein Verhältnis zu Deutschland nie einfach. Aber jedes Mal, wenn ich mir Spiele von Bayern München oder der deutschen Nationalmannschaft ansah, fühlte ich mich so, als würde ich dazugehören – in diesen Momenten fühlte ich mich deutsch.

Fußball war eine Konstante in meinem Leben, trotz einiger Pausen und weniger intensiven Phasen, da es im Ausland nicht immer einfach war, deutschen Fußball und die Bundesliga zu verfolgen – das hat sich zum Glück in den vergangenen Jahren geändert.

Als Kind, und auch später als Teenager, hatte ich immer nur einen Wunsch: Ich wollte später einmal Schriftstellerin werden. Aber da ich es versäumte, in der Schule einen Bestseller zu schreiben, der mir ein sorgenfreies Leben ohne finanzielle Schwierigkeiten ermöglichen würde, musste Plan B herhalten: Ich wurde Journalistin. Ich arbeitete in Indonesien erst als Kulturredakteurin für eine Tageszeitung, später bei einem Stadtmagazin, und ich habe beides sehr genossen. Ich glaube sogar, dass dies bislang die besten Jahre meines Lebens waren.

Als Kulturredakteurin habe ich – wie ich es gerne nenne – über die schönen Dinge des Lebens geschrieben: Kunst, Musik, Literatur, Reisen, Lifestyle, Design, Film. Doch in der Redaktion blieb meine Liebe zum Fußball natürlich nicht unbemerkt. Der Leiter der Sportredaktion war so freundlich mir anzubieten, während der WM 2010 zweimal in der Woche eine Kolumne zu schreiben, in der ich die Geschehnisse auf und abseits des Platzes kommentierte. Da die Kolumne eine relativ positive Reaktion bei den Lesern hervorrief, durfte ich sie auch bei den darauffolgenden großen Fußballturnieren wieder aufnehmen.

2017 berichtete ich über den International Champions Cup in Singapur. Ich sah mir die Spiele des FC Bayern an sowie ein Fanturnier und Trainingseinheiten, und konnte zum ersten Mal an den offiziellen Pressekonferenzen vor und nach den Spielen teilnehmen. Wie oft habe ich mir gedacht: Verdammt, ich liebe meinen Job!

Für mich persönlich wendete sich alles in den Jahren 2013 und 2014 zum Guten: Zuerst gewann Bayern München das Triple, und ein Jahr später die deutsche Nationalmannschaft den WM-Titel in Brasilien. Es war wundervoll zu sehen, wie mein Lieblingsspieler Bastian Schweinsteiger endlich diese so wichtigen Pokale in die Höhe stemmen durfte, nach so vielen gescheiterten (und teilweise herzzerreißenden) Versuchen.

Dinge, die mir auffielen

Aber es tat auch aus einem anderen Grund so gut. Obwohl ich zu der Zeit noch in Indonesien lebte, hatte ich mich noch nie so deutsch gefühlt. Es war eine so neue und überwältigende Erfahrung, dass ich ein ganzes Buch darüber schrieb, das ich ein Jahr später im Eigenverlag veröffentlichte (entschuldigt die schamlose Selbstvermarktung an dieser Stelle, aber wenn nicht jetzt, wann dann?).

So ist es also: Schreiben und Fußball sind die beiden großen Lieben meines Lebens, und von daher war es wohl nur eine Frage der Zeit, wann sich ihre Wege kreuzen würden. Ich wollte nie Sportjournalistin werden, weil mir Fußball zu sehr am Herzen liegt – ich hatte Angst, dass er mich langweilen würde, wenn ich täglich darüber schreiben müsste.

Ich verfasse so gut wie nie Spielberichte, Analysen oder denke über Taktik nach. Es gibt genug andere, die das viel besser können. Ich schreibe nur über Fußball, wenn etwas passiert, das mich stört, bewegt oder glücklich macht: Bastian Schweinsteigers Abschiedsspiel in der Allianz Arena, die rassistischen Anfeindungen gegen Mesut Özil oder Jérôme Boatengs vorzeitiges Aus in der Nationalmannschaft.

Ich liebe es, meine Gedanken zu Papier zu bringen (oder sie auf meinem Laptop zu tippen, um genau zu sein), so wie es jeder andere Autor auch tut, ganz unabhängig vom Thema, und vor allem, ganz unabhängig vom Geschlecht. Ich frage mich ehrlich und wahrhaftig: Wie um alles in der Welt kann man das widerlich finden?