Lukas Mai

„Ich wollte immer schon für Bayern spielen“ – Lasse Mai im Interview

Justin Trenner 20.03.2018

Lasse, 2017 war ein unglaubliches Jahr für dich. Deutscher Meister mit der U17, Erfolge bei der Nationalmannschaft – erzähl uns, wie das aus deiner Sicht abgelaufen ist.

Es war auf alle Fälle ein besonderes Jahr. Bei Bayern hatten wir nach der süddeutschen Meisterschaft, die wir Ende April nach dem Spiel gegen Stuttgart sicher hatten, ein richtiges Feuer im Team. Gerade diese Verbindung zwischen Mannschaft und Trainerstab mit Tim Walter und Tobi Schweinsteiger war schon echt genial.

Gab es da für dich einen besonderen Moment, den du herausgreifen würdest?

Wie ich als Kapitän die Meisterschale übernehmen konnte war sicher mein persönliches Highlight. Die ganze Mannschaft hat sich hinter mir aufgebaut, ich stand da ganz vorne. Da bekomme ich heute noch Gänsehaut…

Ausgiebig gefeiert habt ihr danach auch, oder?

Wir haben eine Busrundfahrt durch die Stadt gemacht und sind danach noch in einen Club, das war eine unvergessliche Party – irgendwann waren alle auf der Tanzfläche, obwohl bei uns gar keiner richtig tanzen kann (lacht).

Kurz zuvor warst du ja auch mit der U17-Nationalelf bei der Europameisterschaft?

Genau, ich durfte mit nach Kroatien fahren. Die Qualifikation für das Turnier war schon richtig cool. Für das ganze Team, weil wir uns am Ende für die Endrunde qualifiziert haben, aber auch für mich persönlich, weil ich mich wieder als Stammspieler etablieren konnte.

Auch die Endrunde lief ja lange richtig gut für euch.

In der Vorrunde haben wir richtig gut gespielt, hatten drei Siege und ein Torverhältnis von 15:1. Im Viertelfinale haben wir in den letzten 15 Minuten das Spiel gedreht und die Niederlande mit 2:1 geschlagen – das sind besondere Momente, die einen prägen und in denen auch eine Mannschaft zusammenwächst. Auch wenn wir dann unglücklich gegen Spanien ausgeschieden sind, war die EM eine tolle Erfahrung.

Außerdem habt ihr euch als Halbfinalisten einen Platz bei der U17-WM im Oktober in Indien erarbeiten können. Ein weiteres Highlight für dich, oder?

Vor allem nicht nur fußballerisch. Wie oft hat man schon die Chance, nach Indien zu reisen? Wir mussten uns da echt erst einmal ans Klima gewöhnen, das ganze Drumherum war schon eine echte Herausforderung. Dafür wurden wir vom DFB großartig umsorgt, hatten einen großen Betreuerstab mit Physiotherapeuten und so weiter. Auch wenn wir im Viertelfinale gegen Brasilien ausgeschieden sind, die Eindrücke, die ich in Indien sammeln konnte, werde ich so schnell nicht vergessen. Neben dem Turnier hatten wir ja auch Zeit, die fünf Städte, in denen wir gespielt haben, anzuschauen.

Machen wir mal einen Sprung in den Januar 2018, als du mit den Profis ins Trainingslager mitfahren konntest. Wann hast du davon überhaupt erfahren?

Hermann Gerland hatte mich angerufen und mir das mitgeteilt. Das war natürlich etwas Besonderes, dass ich mit den ganzen großen Namen mitfahren durfte, meine ganze Familie hat sich riesig darüber gefreut.

Haben dir deine Erfahrungen aus 2017 irgendwie helfen können am Anfang?

Es ist schon etwas Anderes, wenn man auf einmal neben Weltmeistern und Champions-League-Siegern trainieren darf. Als ich zum ersten Mal in die Kabine gekommen bin, war ich mir zum Beispiel noch unsicher, wo ich mich hinsetzen soll – da hat mir dann Felix Götze weiterhelfen können, der mich die ersten Tage ein bisschen rumgeführt hat.

Was hast du zum Einstand gesungen?

Ich habe „An Tagen wie Diesen“ gesungen – aber ich bin dann doch lieber am Rasen als am Mikrofon, singen ist nicht so meins (lacht).

Wie man bei Sandro Wagner gesehen, bzw. gehört hat, bist du da ja nicht alleine. Reden die erfahrenen Spieler eigentlich viel mit dir als Neuling?

Als ich in den ersten Tagen noch ein bisschen schüchtern war, sind die auf mich zugekommen und meinten, dass ich mich nicht zurückhalten muss, ruhig frecher sein kann. Das war sehr hilfreich, mittlerweile gehe ich auch viel mehr auf alle zu und frage sie ganz offen, was ich besser machen kann.

Hattest du das Gefühl, dass du im Training mithalten konntest?

Am Anfang braucht man natürlich einige Einheiten, aber ich fühle mich inzwischen sehr gut und kann das, was ich bei den Profis lerne auch bei der U19 direkt umsetzen.

Was lernst du bei den Profis ganz konkret?

Peter Hermann zum Beispiel bringt mir sehr viel Fußballerisches bei. Welchen Pass sollte ich wann spielen und mit welcher Schärfe – an solchen Sachen arbeite ich dann nach dem Training oft noch gezielt mit ihm. Auch Hummels und Boateng sprechen viel mit mir, insbesondere Hummels hat einen sehr guten Stil und ist immer positiv. Diese Form der Kritik habe ich auch übernommen, das hilft mir als Kapitän bei der U19.

Inwiefern?

Ich bin eigentlich jemand, der negative Sachen sofort ansprechen und verbessern will. Das ist aber oft falsch, viel besser ist es, im Spiel immer positiv zu sein und in einer ruhigen Minute auf die Fehler einzugehen.

In deinem Alter ist es wichtig, aus solchen Fehlern zu lernen. In der UEFA Youth League gegen Real Madrid ist dir so ein Fehler passiert und du hast ein Gegentor verschuldet. Wie gehst du damit um und mit wem sprichst du darüber?

Ich habe mir das Spiel nochmal in voller Länge angeschaut und insbesondere natürlich diese Szene. Das ist extrem ärgerlich gewesen, weil ich in der Situation einfach nicht genau gewusst habe, was ich machen sollte. Sebastian Hoeneß ist dann auf mich zugekommen und hat mir einfach genau erklärt, wie ich mich besser hätte verhalten können.

Mit Kritik umgehen muss man auch erst einmal lernen, oder?

Ehrlich gesagt habe ich bis zu einem Gespräch mit Joshua Kimmich Probleme damit gehabt, Kritik anzunehmen.

Was hat Kimmich dir gesagt?

Wir haben in Doha darüber geredet, wie man als junger Spieler Kritik verarbeitet. Er meinte, es sei am besten, wenn man die vielen Ratschläge, die einem alle möglichen Leute geben, filtert: Wenn etwas sinnvoll ist, nimmt man es an.

Du wärest in deiner Jugend ja beinahe wie Kimmich beim VfB Stuttgart gelandet?

Ja, aber ich wollte immer schon für Bayern spielen. Die waren einfach der größte Verein. Als ich zum ersten Mal an der Säbener Straße trainiert habe, konnte ich es kaum fassen. Mit 14 dort ins Internat einzuziehen, war ein unheimlich wichtiger Schritt in meiner Karriere.

Als du zum FC Bayern gekommen bist, hatte die Nachwuchsarbeit nicht den besten Ruf. Hat das für dich eine Rolle gespielt?

Überhaupt nicht. Das Angebot war eine Chance, die ich mir nicht entgehen lassen wollte – und ich habe das mit dem schlechten Ruf auch nicht so empfunden. Das Niveau beim FC Bayern war viel höher als zuvor in Dresden.

Einer der wichtigsten Förderer beim FC Bayern war für dich sicher Tim Walter, der dich schon mit 15 trainiert hat. Wie würdest du seinen Stil beschreiben?

Bei Tim Walter geht es auf dem Platz zu 100 Prozent um Fußball – wenn da die Leistung nicht stimmt, kann er auch mal hart sein. Aber daneben ist er ein echter Kumpeltyp, mit dem ich jederzeit über alles reden kann.

Alex Nitzl, Tim Walter, Lukas Mai

Wo siehst du aktuell bei dir am meisten Verbesserungsbedarf?

Auf den ersten Metern beim Sprint kann ich noch deutlich schneller werden. Ich laufe zwar viel ab, aber da habe ich sicher noch Potential.

Könnt ihr solche Sachen eigentlich besser trainieren, jetzt wo ihr auf dem Campus zuhause seid?

Ja, absolut. Hier wird alles automatisch überwacht und analysiert – in der Säbener Straße war das anders. Da haben wir auch mal in der Basketballhalle Lichtschranken aufgebaut, um überhaupt Daten messen zu können. Mit dem Campus ist alles professioneller geworden.

Hat sich an deinem Tagesablauf durch den Umzug an den Campus eigentlich viel verändert?

Durchaus. Hier haben wir zum Beispiel viel bessere Möglichkeiten, individuell mit dem Fitnesstrainer im Kraftraum zu arbeiten. Vormittags bin ich meistens bei den Profis, dann habe ich nachmittags hier Zeit für eigenes Training.

Hat der Campus auch Nachteile?

Nachteile im Vergleich zu vorher sicher nicht. Das tolle an der Säbener Straße war, dass man ganz nah bei den Profis dran war, man konnte denen jeden Tag beim Training zuschauen. Hier haben wir dafür einen eigenen Platz für jede Mannschaft und deutlich bessere Trainingsmöglichkeiten.

Vielen Dank Lukas für das Gespräch und alles Gute im weiteren Saisonverlauf!