FC Bayern – FC Schalke 04 5:1 (4:0)

Steffen Trenner 02.03.2014

Guardiola begann mit Schweinteiger und Kroos, statt Lahm in der Mittelfeldzentrale und „testete“ Martínez in der Innenverteidigung diesmal neben Dante. Thiago begann auf ungewohnter Rolle auf dem linken Flügel – wo er jedoch kaum anzutreffen war (dazu später mehr). Bayern begann forsch und erzeugte von Beginn an hohen Druck. Nach Alabas Freistoß-Tor in der 3. Minute nahm das Münchener Spiel erst richtig Fahrt auf. Robben (15.), Mandzukic (24.) und erneut Robben (28.) münzten die deutliche Überlegenheit früh in Tore um. Schalke wachte erst nach ca. 40. Minuten auf und entwickelte zumindest gelegentlich so etwas wie Torgefahr. Dass Rafinha den einzigen Schalke Treffer nach einer Ecke mit einem Eigentor erzielte (64.) passte ins Bild. Weil bei Bayern die Konzentration vor dem Tor nachließ und Fährmann mehrfach glänzend reagierte, bleib es bei Robbens 5:1 per Strafstoß (77.). Wäre das Spiel 8:1 ausgegangen, wäre auch das wohl um kein Tor zu hoch gewesen.

3 Dinge, die auffielen:

1. Warum Schalkes Ausrichtung Bayern in die Hände spielte

Ich habe mich ja schon oft über die Ausrichtung gegnerischer Trainer bei Auftritten in der Allianz Arena gewundert – am Samstag-Abend war das nicht anders. Jens Keller setzte formell auf ein 4-3-3, das jedoch gegen den Ball zu einem 4-5-1 wurde mit meist flacher 5 wurde. Das Ziel war es wohl durch die personelle Überzahl und eine entsprechende Kompaktheit Bayerns Kombinationsspiel zu unterbinden. So wie Schalke diese Ausrichtung interpretierte war es jedoch eine Einladung. Schalke ließ die Hausherren fast bis zur Mittellinie ungestört aufbauen, stand richtig tief hinten drin und ermöglichte den quirligen Bayern immer wieder in die Nahtstellen zwischen flacher 4 in der Abwehr und flacher 5 im Mittelfeld zu spielen. Gerade der völlig fehlende Druck auf den Spielaufbau ließ Kroos und Schweinsteiger frei aufspielen und ermöglichte es den Offensivspieler die passenden Räume zu suchen, statt sich zu Unterstützung des Spielaufbaus fallen zu lassen. Gerade Thiago, der formell auf Linksaußen eingesetzt war, zog immer wieder in die Mitte und glich die dortige personelle Unterzahl der Münchener aus. Alaba band teilweise als weit vorgeschobener Linksverteidiger, sowohl Höwedes als auch den eher träge nach hinten arbeitenden Farfan. Bis die Gäste gemerkt hatten, dass ihre Ausrichtung völlig ins leere lief und Bayerns Offensivwirbel sogar begünstigte, stand es 4:0. Man muss sich das nochmal auf der Zunge zergehen lassen. Der Tabellenvierte der Fußball-Bundesliga spielt in der ersten Halbzeit quasi kein Pressing gegen den FC Bayern und lässt ihn bis 35-40 Meter vor dem eigenen Tor frei und unbedrängt kombinieren. Absurd.

Dass Keller mit der Auswechslung Goretzkas in der 29. Minute reagierte, mit Fuchs einen stabileren Mittelfeldspieler brachte und die Formation leicht anpasste, soll nicht unerwähnt bleiben. Boateng spielte in der Folge meist etwas vorgeschoben in einer Art 4-4-1-1 und hatte die Aufgabe die zuvor völlig freie Ballzirkulation der Innenverteidiger + Kroos und Schweinsteiger ein wenig zu stören. Auf den Ausgang des Spiels hatte das beim Stand von 4:0 jedoch keinen Einfluss. Als Keller in der 30 Minute wechselte, hatte der FCB 71 erfolgreiche Pässe im Angriffsdrittel gespielt. Schalke keinen. Bis zum Schlusspfiff veränderte sich diese Statistik immerhin noch auf 172 zu 50. Bezeichnend ist auch, dass Bayern neben Ballbesitz- (71:29%) und Zweikampfwerten (56:44%) auch alle läuferischen Parameter klar dominierte. 108,5 zu 106.3 Kilometer. Mehr Sprints (178:151), mehr schnelle Läufe (387:357), mehr intensive Läufe (565:509) – so gewinnst du als Gast in München keinen Blumentopf.

2. Weitgehend positionsloser Fußball

Der FC Bayern startete im Vergleich zu den Vorwochen erneut leicht verändert in die Partie gegen Schalke. Ohne Lahm baute Guardiola das Mittelfeld um. Thiago begann formell auf Links, während Schweinsteiger, Kroos und Götze die drei zentralen Positionen bekleideten. Auffällig war dabei, dass Schweinsteiger und Kroos das Zentrum eher als Doppelsechs interpretierten und gemeinsam den Spielaufbau organisierten. Es liegt nahe, dass Guardiola weder Kroos noch Schweinsteiger zur Zeit zutraut die riskante alleinige 6, wie sie Lahm in den vergangenen Monaten exzellent interpretierte, auszufüllen. Die leicht versetzte Doppelsechs bietet mehr Sicherheit und Balance.

Was sich vor und neben der Doppelsechs abspielte, war bemerkenswert. Bayern spielte weitgehend positionslosen Fußball. Alaba und Rafinha agierten immer wieder als Flügelstürmer. Thiago driftete immer wieder auf die 10. Götze wich genau wie Mandzukic auf den Flügel aus und auch Robben war immer wieder im Zentrum zu finden. Natürlich sind die Zeiten der van Gaal’schen Positionsdisziplin längst vorbei – eine solche Dynamik und Konsequenz in der Positionsrotation habe ich aber auch unter Guardiola noch nicht gesehen. Das häufig scherzhaft angeführte Ideal einer 2-8-0-Formation war gegen Schalke nicht besonders weit von der Realität entfernt, wie auch folgende Grafik über die reellen Einflussbereiche der Spieler zeigt. Hier im Vergleich Bayern in den ersten 20 Minuten und Schalke über 90 Minuten:

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3. Robbens Bilanz bemerkenswert

Er fliegt in dieser Saison fast ein wenig unter dem Radar. Guardiola, Götze, Lahm, Thiago – diskutiert wird in dieser Saison über andere, dabei spielt Arjen Robben klammheimlich seine vielleicht beste Saison seit 2010. Viele – auch ich – waren skeptisch wie Robben sich mit seiner etwas festgefahren, dribbellastigen Spielweise der Vergangenheit unter Guardiola zurecht finden würde. Nach etwas mehr als der Hälfte der Saison muss ganz klar festgehalten werden, dass der Satz von vielen Trainern, das herausragende Fußballer in jedem System zurecht kommen, richtig ist. Robben hat sich insgesamt ein wenig zurückgenommen, sucht deutlich weniger die schnelle Einzelaktion und ist so insgesamt effektiver geworden. Er erzielte seine Saisontore 8, 9 und 10 gegen Schalke. Er war am Samstag-Abend an 10 Torschüssen beteiligt. So viele wie die gesamte Schalker Elf zustande brachte. Insgesamt war der Niederländer allein in der Bundesliga in 96 Spielen an 89 Toren beteiligt. Eine herausragende Quote. Das Entscheidende ist vor allem, dass er fit ist. 18 Bundesliga-Spiele hat er bisher absolviert. In zwei seiner vier Jahre in München erreichte er diese Marke nicht mal bis zum Ende der Saison.

Robbens Vertragsverlängerung bis 2017 steht weiterhin kurz bevor. Wer hier im Blog regelmäßig liest, weiß, dass ich ein paar Restzweifel habe, ob Robben sein Niveau bis dahin (er ist dann 33) halten kann. Im Moment ist er jedoch ein ganz wesentlicher Grund für den Lauf des FC Bayern in den vergangenen Monaten.

FC Bayern Neuer – Rafinha, Martínez, Dante, Alaba – Kroos, Schweinsteiger (77. Hojbjerg) – Robben (84. Contento), Götze (70. Pizarro), Thiago – Mandzukic
Ersatz Starke, Van Buyten, Boateng, Lahm
FC Schalke 04 Fährmann – Höwedes, Papdopoulos, Matip, Kolasinac – Boateng, Neustädter – Farfan, Goretzka (28. Fuchs), Draxler (78. Hoogland) – Huntelaar
Schiedsrichter Dr. Jochen Drees (Münster-Sarmsheim)
Zuschauer 71.000 (ausverkauft)
Tore 1:0 Alaba (3.), 2:0 Robben (15.) 3:0 Mandzukic (24.), 4:0 Robben (28.), 4:1 Rafinha (64./Eigentor), 5:1 Robben (77./Foulelfmeter)
Gelbe Karten Thiago / –
Rote Karten Papadopoulos (76./Notbremse)