Die Vorschau: Arsenals Spiel steht und fällt mit Mesut Özil

Steffen Trenner 18.02.2014

Es ist der erste echte Höhepunkt im Jahr 2014 für den FC Bayern München. Es wird knistern am Mittwoch-Abend im Emirates-Stadium wenn der zweite der englischen Premier League auf den ersten der Fußball-Bundesliga trifft. So gut die Saison des FC Bayern bisher war – die zwei Spiele gegen den FC Arsenal können der gesamten Spielzeit eine andere Wendung geben. Das ist der Reiz der K.o.-Runde in der Champions League. Warum Arsenal nach toller Hinrunde zuletzt schwächelte und worauf es für den FC Bayern ankommt – in der Vorschau:

Die Lage beim FC Arsenal: Die Londoner spielen insgesamt eine viel beachtet positive Saison. In einem Jahr in dem Manchester United ziemlich neben der Spur zu sein scheint, hat das Team von Arsène Wenger realistische Chancen auf den Meistertitel. Platz 2 nach 26 Spielen – nur einen Punkt hinter dem FC Chelsea sind der beste Nachweis für eine insgesamt gelungene Saison der Gunners. In den vergangenen vier Wochen tut sich der Hauptstadt-Club auch auf Grund von Verletzungen jedoch etwas schwerer. Der vielseitige zentrale Mittelfeldspieler Aaron Ramsey (Muskelriss im Oberschenkel) wird gegen Bayern genauso fehlen wie Flügelstürmer Theo Walcott (Kreuzbandriss). Gerade Ramseys Ausfall hat die Gunners hart getroffen. In der Liga gewann die Wenger-Elf nur eins der letzten vier Partien. Neben zwei Unentschieden gegen ManU und Southampton, fiel besonders die 1:5-Klatsche gegen den FC Liverpool negativ in Gewicht. Liverpool führte in diesem Spiel durch zwei Tore nach Standardsituationen bereits mit 2:0 – auch deshalb sollte das Ergebnis insgesamt nicht überbewertet werden. Am Wochenende gelang im FA-Cup auch dank eines Treffers von Lukas Podolski mit einem 2:1-Erfolg zumindest eine kleine Revanche gegen die Reds. Dennoch sucht Arsenal im Moment ein wenig die Form des Herbsts 2013.

Das Spielsystem: Arsenal agiert meist in einem sehr variablen 4-2-3-1, das im Angriff schon mal zu einem 4-4-2 oder 4-4-1-1 wird, wenn Özil als Verbindungsspieler zwischen Wilshere/Arteta und der einzigen, bulligen Spitze Giroud in die Spitze nachstößt. Giroud ist mit 10 Saisontoren Arsenals bester Torjäger und traf auch in der Champions League bereits 2 Mal. Arsenals Spiel hat sich im Prinzip unter Wenger nur wenig verändert und baut noch immer auf Ballbesitz und schnellen Kombinationen durch das Zentrum auf. Auch bei der 1:5-Niederlage gegen Liverpool hatte Arsenal 57 Prozent Ballbesitz und spielte über 100 Pässe mehr als der Gegner. Jack Wilshere und Mikel Arteta, der im Hinspiel gegen Bayern gesperrt ist, sind dabei in der Mittelfeldzentrale das Rückgrat dieser Spielweise. Gerade Wilshere gehört für mich zu den immer noch unterschätzesten Spielern im europäischen Fußball. Er hat sich in den vergangenen zwei Jahren vielleicht zu einem der besten 5 Spielern auf seiner Position entwickelt. Für Arteta könnte mit Flamini eine stabilisierende oder mit Rosicky eine kreative Alternative im Hinspiel von Beginn an spielen. Auf den Außen kann Wenger zwischen klassischen, schnellen Flügelspielern wie Podolski oder Oxlade-Chamberlain, beziehungsweise ins Zentrum ziehenden Spielgestaltern wie Santi Cazorla, Özil oder Rosicky wählen. Zwar baut Arsenals Spiel noch immer auf Ballbesitz auf – die Spiele im Vorjahr gegen den FC Bayern haben jedoch gezeigt, dass die Londoner auch in der Lage sind sich auf Ballgewinne und schnelles Umschalten zu konzentrieren. Gerade in London wird es aber Wengers Anspruch sein, das eigene anspruchsvolle Ballbesitzspiel konsequent durchzuziehen.

Arsenal hat in der Liga mit 26 Gegentoren die zweitbeste Defensiv-Bilanz, aber das 1:5 gegen Liverpool war kein einmaliger Ausrutscher. Schon beim 3:6 gegen Manchester City brach Arsenal nach einem Rückstand defensiv ein. Per Mertesacker wird in England wohl zurecht für eine seiner besten Saisons im Arsenal-Trikot gelobt – trotzdem bleibt es Per Mertesacker, mit den bekannten Schwächen im Spielaufbau und im 1-gegen-1 gegen schnelle, wendige Spieler.

Player to watch: Arsenals Spiel steht und fällt mit Mesut Özil. Der deutsche Nationalspieler ist ein entscheidender Grund dafür, dass die Gunners zum ersten Mal seit Jahren ernsthaft um den Titel in der Premier League mitspielen. Genau dieser Spielertyp, ein Nadelspieler der um den Strafraum herum Torchancen einfädeln kann und dribbelstark ist, hat Arsenal nach der großen Zeit der Fabregas, Rosicky und Hleb gefehlt. Özil hat sich auch in England nicht wirklich zu einem eiskalten Vollstrecker entwickelt, 4 Tore und 8 Assists unterstreichen jedoch seinen Wert. All das befreit ihn jedoch nicht davon, dass es nach wie vor ganze Spiele oder zumindest Phasen gibt, in denen Özil einem Spiel auf seltsame Art und Weise entschwindet. Ohne den torgefährlichen Ramsey im Rücken kommt in dieser Saisonphase im letzten Spielfelddrittel noch mehr Verantwortung auf den 25-Jährigen zu. Auch gegen Bayern wird Arsenals Spiel maßgeblich von seiner Leistung abhängen.

Worauf es ankommt: Philipp Lahm hat es in einem Interview mit dem Guardian sehr treffend gesagt: „We have always found it easier, and still do, when the opponent plays football as well, when they don’t just think in defensive terms, don’t just sit inside their penalty box“, sagte der Bayern-Kapitän. In der Tat wird das Spiel gegen Arsenal ein Anderes als es die Münchener gegen häufig tiefstehende, zumindest aber auf Kompaktheit ausgelegte Gegner gewöhnt sind. Bayern ist gut beraten den Druck auf Arsenals Viererkette stets hochzuhalten, sie ständig zu Reaktionen zu zwingen und aus ihren Positionen herauszulocken. Genau diese Ausrichtung könnte bei Guardiola übrigens den Ausschlag für Müller oder Götze statt Mandzukic im Sturmzentrum geben.

Bayern sollte zudem das Gegenpressing bedachter einsetzen als zuletzt in der Bundesliga. Gerade Wilshere (im Rückspiel auch Arteta) ist exzellent darin, das gegnerische Pressing auszuhebeln und in den Rücken der Pressinglinie zu gelangen. Bayern hatte in dieser Saison immer mal wieder Probleme wenn das Gegenpressing ins Leere lief und die Ordnung dadurch verloren ging. Gegen Arsenal könnte dies ein Knackpunkt werden. Insgesamt erwarte ich ein offenes, aufregendes Spiel. Bayern muss nach eher leichten Wochen in der Bundesliga von Beginn an auf das höhere Tempo eingestellt sein, um sich nicht überraschen zu lassen. Gelingt das ist für den FC Bayern schon im Hinspiel in London einiges möglich.