Der Unverstandene

Christopher Trenner 31.08.2014

Der Wechsel zu Pep Guardiola

In der Folgesaison wechselte der Trainer von Jupp Heynckes zu Pep Guardiola. Mit diesem Wechsel änderte sich auch die Rolle von Xherdan Shaqiri. Langezeit suchte der spanische Trainer die perfekte Position für Shaqiri im 4-1-4-1 System. Auf den Flügelpositionen war er hinter Ribery, Robben und Müller nur noch die Nummer 4. Daher lief der Schweizer vermehrt auch auf der „8er“ Position auf. Eine Position, die er sich erst erlernen musste (siehe Spiel in Wolfsburg oder zu Hause gegen Hoffenheim). Häufig stimmten die Abstände im Mittelfeld nicht. Zudem konnte er seine Stärken des Tempodribblings auf dieser Position nicht wie erhofft ausspielen. Am Ende der ersten Spielzeit von Pep Guardiola stand für Shaqiri der fünfte Meisterschaftsgewinn in Folge in den Büchern, doch die Saison war unterm Strich geprägt von Verletzungen. Zwei schwere und einige leichte Muskelverletzungen warfen ihn aus dem Tritt. Einen Spielrhythmus konnte er nie wirklich aufbauen. Kein Wunder, dass die Anzahl der Einsätze auf 17 runter ging – bei nur gespielten 782 Minuten. Lediglich zwei Spiele bestritt er über 90 Minuten. Statistisch fällt das zweite Jahr von ihm aber nicht hinter die Debütsaison zurück. Sechs Tore und zwei Vorlagen sind erneut acht direkte Scorerpunkte. In Anbetracht der fast halbierten Spielzeit ein ordentlicher Wert. Auch seine Zweikampfwerte konnte er auf starke 64% steigern. Lediglich die Key Passes (1,35) und kreierten Chancen (1,47) sind auf einem identischen Niveau. Allerdings liegen beide Werte oberhalb derer von Mario Götze (1,11 Key Passes und 1,41 kreierte Chancen).
Highlight der Saison für Xherdan Shaqiri war aber zweifelsohne die WM 2014. Trotz einer bösen Packung gegen Frankreich, reichte es fürs den Achtelfinaleinzug und einer achtbaren Leistungen gegen den späteren Finalisten Argentinien. Shaqiri wurde dabei in zwei Spielen zum „Man of the Match“ gewählt, gegen Ecuador und Honduras erzielte er drei Tore.

Der Wunsch nach Anerkennung

Mit der erfolgreichen WM im Rücken und zahlreichen Angeboten ambitionierter internationaler Klubs startete Shaqiri in die Vorbereitung. Dabei übte vor allem sein Bruder mit Hilfe von Interviews Druck auf den Pep Guardiola und den FC Bayern aus. Das Credo: Xherdan Shaqiri braucht mehr Einsatzzeit, um sich zu entwickeln.

«Xherdan ist 22. In diesem Alter muss er regelmäßig spielen, was momentan nicht der Fall ist. »Erdin Shaqiri, Interview mit BLICK

Hinzu kommt mentale Unterstüzung aus der Heimat. So schrieb die „Neue Zürcher Zeitung“ unlängst, dass die Fehler eher bei Pep Guardiola liegen und nicht bei ihm. Auch wenn Matthias Sammer und der Trainer stets die Wichtigkeit von Xherdan Shaqiri betonen, scheint es, als finde er gegenwärtig nicht seine Rolle. Ob es an den Angeboten anderer Klubs liegt oder an den Nachwehen der Weltmeisterschaft, bleibt abzuwarten. Dabei stehen die Chancen besser den je. Durch die chronischen Verletzungsprobleme von Franck Ribery, rückte der Schweizer in die Startelf bei den ersten Pflichtspielen der Saison. Bisher spielte er in drei von vier Pflichtspielen in dieser Saison von Anfang an. Gegen Wolfsburg wurde er zur 62. Minute eingewechselt. Allerdings konnte er bei keinem der Spiele überzeugen. Im Gegenteil: Im Supercup konnte er in den ersten Minuten noch durch antrittschnelle Läufe glänzen und wenigstens für ein bisschen Gefahr sorgen, fiel dann aber, wie die gesamte Mannschaft, ab. Im DFB-Pokal gegen Münster zeigte sich Shaqiri zwar verbessert, aber viele der Angriffe liefen eher über die Seite Götze bzw. Alaba der eher aus dem linken zentralen Mittelfeld kam. Was auch daran liegt, dass Robert Lewandowski sich tendenziell lieber nach links als nach rechts fallen lässt. Immerhin gelang das Überladen seiner Angriffsseite mit Phillip Lahm. So wurde das Vorentscheidene 1:0 über seine Seite herausgespielt.
In der Bundesliga saß Shaqiri daher zunächst nur auf der Bank. Arjen Robben bekam seinen Startplatz zurück und zeigte trotz nur fünf Trainingseinheiten in der Vorbereitung seine Klasse – ein Tor und eine Vorlage waren die Grundlage für den Auftaktsieg. Shaqiri hatte dennoch eine halbe Stunde. Normalerweise gelingt es dem Schweizer, sich sofort nach seiner Einwechslung ins Spiel einzufinden und Druck auf die schon ermüdeten Gegner zu schaffen. Nicht so gegen Wolfsburg. Ihm passierten viele individuelle Fehler – sowohl in den Zuspielen als auch in den Dribblingentscheidungen sorgten sogar eher dafür, dass Wolfsburg gute Kontersituationen erhielt.
Gegen Schalke 04 musste Arjen Robben passen und Xherdan Shaqiri begann erneut in der Startelf. Hier wiederholten sich nahezu alle Fehler der Vorwoche. Egoistische Entscheidungen und leichte Fehler bauten die Königsblauen auf und sorgten teilweise für brenzliche Situationen in der Abwehr. Ein Beleg: Die Zweikampfquote von Shaqiri lag auf Schalke bei 42% – in beiden Saisonspielen zusammen sogar nur bei 33%. Im Vergleich zu den Vorjahren ein deutlicher Abfall. Dass das gesamte Spielsystem offensiv noch nicht läuft wie gewünscht, lässt sich auch an anderen Parametern ablesen. Die Passquote von Shaqiri lag unter den magischen 80% – und in insgesamt 120 Minuten kommt er bisher auf nur einen Key Pass und eine kreierte Chance. Natürlich zu wenig für seine persönlichen Ambitionen. Hinzu kommt eine schlechte Auswahl an Torschüssen – die Gesamtanzahl seiner Abschlüsse liegt im Durchschnitt bisher höher als in der vergangen Saison.

Quo Vadis?

Xherdan Shaqiri muss die Länderspielpause nutzen und einen klaren Kopf bekommen. Öffentliche Aussagen, dass er gerne den Verein verlassen hätte, helfen dabei nicht. Am wenigstens ihm selbst.


Die Saison wird eine entschiedene für ihn. Kann er sich nicht nachhaltig empfehlen – und seine Leistung steigern, wird es schwer für ihn sich nachhaltig bei einen Topverein durchzusetzen. Dennoch und allen Unkenrufen zum Trotz: Shaqiri wird im Oktober erst 23 Jahre alt. Er hat noch Zeit. Franck Ribery kam mit 24 Jahren zum FC Bayern – und hatte nach einer sehr guten Debütsaison auch seine Probleme. Shaqiri hat noch Zeit, aber auch diese ist kostbar. Die Chancen, sich längerfristig beim FC Bayern durchzusetzen, sind so groß wie noch nie – er muss seine Stärken und Qualitäten dazu nur abrufen.