FC Arsenal – FC Bayern 0:2 (0:0)

Steffen Trenner 20.02.2014

Arsenal überließ den Gästen mit einem Mann weniger in der zweiten Hälfte komplett das Feld. Bayern dominierte den Ball und alle statistischen Werte. Weil die Londoner aber die Passwege in den Strafraum weiter exzellent zustellten, war es nicht überraschend, dass ein Fernschuss von Kroos den Bann brach (54.). Als alles nach einem 1:0 aussah, fand Lahm die Lücke und bediente Müller zum späten aber verdienten 2:0 (86.). Eine fast perfekte Ausgangslage für das Rückspiel.

3 Dinge, die auffielen: 

1. Was Guardiola mit der Umstellung im Zentrum bewirken wollte

Eines muss man Guardiola lassen. Er scheut kein Risiko. Es gehört einiges an Selbstvertrauen und Mut dazu eine seit Wochen funktionierende Mannschaft vor dem bisher wichtigsten Spiel des Jahres im absoluten Herzstück umzustellen. Guardiola brachte den in den Vorwochen nur sporadisch eingesetzten Martínez auf der 6 und bildete so mit dem Basken, Kroos und Thiago ein bisher in Pflichtspielen gemeinsam nicht erprobtes Trio von Beginn an. Natürlich versprach sich Guardiola von Martínez auch mehr Robustheit im Zentrum – aus meiner Sicht war die Entscheidung jedoch eher ein Votum pro Lahm auf der rechten Außenverteidiger-Position als für Martínez auf der 6. Auch Guardiola bestätigte nach dem Spiel im Interview bei Sky, dass es das Ziel war die defensiv anfälligen Cazorla und Gibbs anzugreifen. Lahm agierte von Beginn an viel offensiver als es der eher sichernde Rafinha in den vergangenen Wochen auf dieser Position tat. Lahm hinterlief Götze, Robben oder den sehr rechtslastigen Thiago immer wieder sehr aktiv und suchte den Weg zur Grundlinie. Diese Idee ging insofern auf, dass gerade Gibbs mit Lahm ziemlich überfordert war und Bayerns Rechtsverteidiger die meisten gefährlichen Szenen der ersten Hälfte durch kluge Doppelpässe und dynamische Läufe selbst einleitete.

Konsequent wäre es gewesen Lahm seinen aus dem Vorjahr bewährten nach innen ziehenden Partner Robben an die Seite zu stellen – Guardiola begann jedoch wie schon häufiger in den letzten Wochen mit dem Holländer auf dem linken Flügel. Dass sich Robben dort nicht wirklich wohlfühlt bewies er dadurch, dass er sehr früh begann die Halbräume zu suchen oder die Flügel komplett zu wechseln. Trotz seiner Positionswechsel wird er in dieser Diagonalität einem Großteil seiner Qualitäten beraubt. Er wird so zu einem Kombinationsspieler und weniger zu einem echten Flügelstürmer. Seiner Effektivität tut das nicht unbedingt gut.

Martínez brauchte seine Zeit, um in die Partie zu kommen und verpasste es häufig die richtigen Abstände herzustellen, stand aber ab der 30. Minute besser. Bis dahin hatte Bayern aber Glück, dass es nicht 0:1 stand, denn Arsenal verstand es gut die Halbräume zwischen Martínez und der Innenverteidigung zu nutzen. Die fehlende Abstimmung der drei zentralen Mittelfeldspieler und die fehlende Selbstverständlichkeit im Timing beim Herausrücken war gerade zu Beginn alamierend. Dass Guardiola in der Halbzeit erneut umstellte, hatte zwar andere Gründe (Boateng war Gelb-Rot gefährdet), aber war doch in gewisser Weise ein Eingeständnis, dass durch einen Verzicht auf Lahm im Herzstück des Bayern-Spiels insgesamt zu viel verloren geht.

Mit Lahm auf der 6 wurde das Münchener Spiel in der 2. Hälfte vor allem eins. Ruhiger, gelassener, selbstverständlicher. Natürlich kam die personelle Überlegenheit Bayern zu Gute, aber es ist kein Zufall, dass vor allem Thiago und Kroos mit Lahm im Rücken viel effektiver und sicherer agierten. Lahm bereitete am Ende beide Treffer vor. Vor allem sein Chip auf Müller vor dem 2:0 war eine Augenweide. Guardiola hat einmal gesagt, der beste Spieler einer Mannschaft gehört ins Zentrum des Spiels. Dem kann ich nichts hinzufügen.

2. Toni Kroos spielt exzellenten Fußball

03kQnmIch habe es mehrfach geschrieben. Die Diskussion über Toni Kroos in den vergangenen Wochen war deutlich überhitzt. Ich war jedenfalls nicht überrascht, dass der ballsichere Nationalspieler gegen Arsenal in der Startelf. Kroos wirkte von Beginn an bereiter für dieses Spiel als sein Nebenmann Thiago. Natürlich tat auch er sich in der Anfangsphase schwer mit den agilen Londonern, die sich mehrfach geschickt durch das Zentrum kombinieren konnten. Dennoch war es Kroos, der von Beginn an die meisten Ballkontakte, die wenigsten Fehlpässe und zudem eine positive Zweikampfquote aufweisen konnte. Am Ende standen 152 Pässe (97 Prozent Passquote) und 172 Ballkontakte für Kroos zu Buche. Mit Abstand die besten Werte aller Spieler auf dem Feld. Vor allem seine exzellenten langen Diagonalbälle (21/22 erfolgreich), rissen in der zweiten Hälfte Arsenals kompakte Hintermannschaft immer wieder auseinander. Kroos schoss fünf Mal aufs Tor und traf ein Mal. Er leitete den Strafstoß ein und bereitete weitere drei Chancen vor. Es war eine rundum gelungene Partie des Nationalspielers, die kaum Luft nach oben lässt.

Thiago fiel neben Kroos ein wenig ab und hatte vor allem Probleme mit der Intensität des Spiels. Neben einigen unbedrängten Fehlpässen und erfolglosen Dribblings, blieb insgesamt wenig zählbares in Erinnerung. In der zweiten Hälfte agierte er mit zusätzlichem Raum etwas sicherer. Thiago muss sich dennoch in den kommenden Wochen wieder steigern und mehr Einfluss auf das Spiel nehmen, wenn er weiter einen Vorteil vor Schweinsteiger, Kroos oder Martínez behalten will.

3. Neuer sei Dank

Nach der deutlichen zweiten Hälfte ging die Rolle von Manuel Neuer in diesem Spiel ein wenig unter. Wer weiß welchen Verlauf das Spiel genommen hätte, wenn Neuer nicht mit einem tollen Reflex gegen Sanogo und mit viel Ruhe beim Elfmeter gegen Özil in der Anfangsviertelstunde ein Gegentor verhindert hätte. Es ist knapp ein Jahr her, dass ich hier im Blog von Neuer den nächsten Schritt eingefordert habe. Neuer beschrieb damals selbst immer wieder wie schwer ihm die Umstellung beim FC Bayern auf weitgehend beschäftigungslose Partien fiel, in denen ein Torwart in nur sehr wenigen Momenten gefordert ist. Bis dato war er ein guter Torwart, der dem FC Bayern die ganz großen Spiele gegen Borussia Dortmund oder im Champions League-Finale gegen Chelsea 2012 aber nicht gewonnen hatte. Spätestens mit dem Champions League- und DFB-Pokalfinale 2013, in denen Neuer jeweils entscheidenden Anteil an den Erfolgen der Münchener hatte, ist das anders.

Ich habe Spiele für Bayern-Torhüter einmal in 2 Kategorien eingeteilt. Es gibt die Uwe Gospodarek-Spiele und die Oliver Kahn-Spiele. Die Gospodarek-Spiele machen 85-90 Prozent aller Spiele aus. Es sind die Partien gegen Nürnberg, Frankfurt Freiburg oder Moskau, die Bayern sicher auch mit Uwe Gospodarek oder Sven Scheuer im Tor überwiegend positiv gestaltet hätte. Aber es gibt eben auch die 10-15 Prozent Oliver Kahn-Spiele, in denen ein besonderer Torwart gefragt ist, der in wenigen Situationen unter hohem Druck hellwach und präsent sein muss. Mittwoch-Abend war so ein Oliver Kahn-Spiel und Neuer bewies erneut, dass auf ihn auch in diesen Spielen Verlass ist.

FC Arsenal Szczesny – Sagna, Mertesacker, Koscielny, Gibbs (31. Monreal) – Flamini – Oxlade-Chamberlain (74. Rosicky), Özil, Wilshere, Cazorla (39. Fabianski) – Sanogo
Ersatz Podolski, Giroud, Jenkinson, Gnabry
FC Bayern Neuer – Lahm, Boateng (46. Rafinha), Dante, Alaba – Martínez – Robben, Thiago (79. Pizarro), Kroos, Götze – Mandzukic (65. Müller)
Ersatz Starke, Van Buyten, Contento, Schweinsteiger
Schiedsrichter Nicola Rizzoli (Italien)
Zuschauer 59.911
Tore 0:1 Kroos (54.), 0:2 Müller (88.)
Gelbe Karten Sanogo, Rosicky / Boateng, Mandzukic
Rote Karten Szczesny (37./Notbremse)
Besondere Vorkomnisse Neuer hält Foulelfmeter von Özil (8.); Alaba verschießt Foulelfmeter (40.)