Adventskalender: Unsere Wunschtransfers – Türchen 15

Justin Trenner 15.12.2020

Im Spätsommer 2017 wird beim FC Bayern München die Reißleine gezogen: Carlo Ancelotti, der etwas mehr als ein Jahr zuvor Pep Guardiola beerbte, wurde nach einem 0:3 bei Paris Saint-Germain in der Champions-League-Gruppenphase entlassen. Es folgte eine sehr langwierige Diskussion darüber, wie es weitergehen würde – eine, die in die Öffentlichkeit getragen wurde.

Die Protagonisten: Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß. Mittendrin: Der frisch eingestellte Sportdirektor Hasan Salihamidžić. Schon in den Tagen nach der Entlassung wurde deutlich, dass Willy Sagnol jedenfalls keine mittelfristige Lösung sein kann und im Herbst einen Trainer zu finden, ist in der Regel nicht einfach.

Doch es gab da zwei Kandidaten, die sehr wahrscheinlich zur Verfügung gestanden hätten: Arsène Wenger und Thomas Tuchel. Vor allem Rummenigge und Salihamidžić sollen damals davon überzeugt gewesen sein, Tuchel nach München zu holen. Hoeneß aber stellte sich quer.

Situation beim FC Bayern

Zunächst gab es dementsprechend eine Kompromisslösung: Hoeneß schaffte es, Jupp Heynckes nochmal zu reaktivieren und dem Klub somit Zeit bis Sommer zu verschaffen. Heynckes brachte die Saison erfolgreich zu Ende und dann kam … Niko Kovač.

Es war eine große Überraschung. Kovač hatte zwar Erfolge mit Eintracht Frankfurt vorzuweisen, doch genauso gab es viele Punkte die gegen ihn sprachen. Sein Fußball war nicht durch Offensivdrang und Dominanz geprägt, wie es beim FC Bayern eigentlich die Vorgabe war. Außerdem gab insbesondere sein Ende bei der kroatischen Nationalmannschaft zu denken.

Was die Entscheidung für Kovač aber am fragwürdigsten machte, war der Weg dorthin. Zwischen Herbst 2017 und Sommer 2018 zogen nicht nur viele Tage und Monate ins Land, sondern auch viele Gerüchte und Kandidaten. Tuchel entschied sich irgendwann selbst gegen die Bayern, Wenger wunderte sich über die öffentlich so transparente Vorgehensweise und ein weiterer heiß gehandelter Kandidat entschied sich im Sommer 2018 für RaBa Leipzig: Julian Nagelsmann. Seit der letzten Saison ist er dort Cheftrainer.

Situation beim Trainer

Nagelsmann hatte noch in der Saison 2017/18 einige positive Signale nach München geschickt, die weit über einen roten Mantel hinausgingen. „Der FC Bayern würde mich vielleicht noch ein Stück weit glücklicher machen“, flirtete der jüngste Bundesliga-Trainer der Geschichte.

Es wäre ohne Frage ein großes Risiko gewesen, Nagelsmann zu einem vermeintlich frühen Zeitpunkt seiner Karriere zu holen (immerhin hatte er damals schon über zehn Jahre Trainererfahrung). Wie würde er mit den Stars beim FC Bayern umgehen, die selbst einen erfahrenen Mann wie Carlo Ancelotti an sein Limit brachten?

Vermutlich mit fachlicher Kompetenz. Der Irrglaube, nach Guardiola brauche es eine große Phase der Entspannung und der losgelassenen Leinen, führte zum Debakel in Paris. Nagelsmann hätte die Mannschaft auf dem Trainingsplatz und an der Taktiktafel wieder so herausgefordert, wie sie es brauchte.

Neue Ära mit Nagelsmann?

Darüber hinaus steht Nagelsmann für einen modernen Stil: Hohes Tempo, flexible Ausrichtung, viel Aggressivität. Mit ihm hätte der Klub vielleicht eine neue Ära starten können. Fakt ist auch, dass es Geduld gebraucht hätte. Nagelsmann zeigte bei der TSG Hoffenheim aber, dass er Einzelspieler besser machen kann, indem er für die Mannschaft ein taktisches Gerüst baut, das zu ihr passt.

Spieler wie Kevin Vogt funktionierten nie wieder so gut wie unter dem jungen Coach. Es wäre zweifelsohne ein mutiger Schritt der Bayern gewesen. Aber er wäre womöglich konsequenter und passender zur Klubphilosophie gewesen als die Entscheidung für Kovač, die aus einem langen Streit der Vereinsgranden resultierte.

Und doch muss aus heutiger Perspektive eingeschränkt werden, dass es für Nagelsmann persönlich eine gute Entscheidung war, zu Leipzig zu gehen. Dort hatte er mehr Druck als zuvor, aber erheblich weniger als er in München gehabt hätte. Es ist der Zwischenschritt, bevor es zu einem richtigen Top-Klub geht und der tut ihm vor allem in seiner Persönlichkeitsentwicklung gut.

Die Bayern hätten unter ihm vielleicht nicht das Triple geholt. Dass es von Kovač zu Flick ging, ist am Ende dann eine Wendung, die es einfacher macht, über die verpasste Chance im Jahr 2018 hinwegzusehen. Und für Nagelsmann führt der Weg womöglich irgendwann trotzdem zum FC Bayern.

Hinweis zum nächsten Türchen: Morgen gehen wir wieder zurück zu Spielern. 2009 glückte mit Arjen Robben der Coup des Jahrhunderts, doch noch ein weiterer Madrilene war bei Real auf dem Abstellgleis gelandet und hätte die Bayern verstärken können.



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