Vorschau: Salzburg – FC Bayern München

Justin Trenner 03.11.2020

An dieser Stelle würde ich vermutlich erstmal versuchen, erzählerisch in die Thematik einzusteigen, aktuelle Dinge aufzugreifen und/oder den Gegner aus der Vergangenheit heraus etwas vorzustellen. Sehr wahrscheinlich würde ich auch nochmal darauf eingehen, dass Hansi Flick vor seiner Zeit bei der Nationalmannschaft kurz in Salzburg tätig war – als dritter Trainer hinter Lothar Matthäus und Giovanni Trapattoni. Was für ein Missverständnis.

Aber machen wir es kurz: Wir befinden uns jetzt gerade wenige Stunden vor Abpfiff und all diese Informationen spielen auf dem Platz heute Abend keinerlei Rolle. Weil auch wir von Miasanrot vom engen Spielplan etwas gebeutelt sind und nicht immer die Zeit haben, weit auszuholen, kommen wir direkt zum Wesentlichen: Was für ein Spiel könnte das heute werden?

Salzburgs Stärken

Der selbsternannte Fußballclub aus Salzburg spielt im Prinzip wie eine Lightversion von dem, was die Deutschen aus Leipzig kennen. Die Verbindung ist natürlich offensichtlich, zeigt aber auch nochmal, dass man bei allem Groll und aller Kritik durchaus lobend erwähnen kann, dass vieles beim Brausekonzern Hand und Fuß hat. Der rote Faden ist schwer zu übersehen.

Auch die Salzburger haben viele junge und talentierte Spieler in ihren Reihen, die – so würden böse Zungen behaupten – früher oder später bei RaBa Leipzig landen könnten. Gekennzeichnet ist das Spiel aus einer 4-4-2-artigen Grundformation heraus durch viel Laufarbeit, hohe Intensität und ein druckvolles Mittelfeldpressing.

Salzburg gelingt es in vielen Spielphasen, das Zentrum kompakt zu gestalten, Pressingfallen aufzustellen und den Gegner dann in ungünstige Unterzahlsituationen zu treiben. In Umschaltmomenten ist die Mannschaft von Jesse Marsch sehr direkt und schnell.

Marsch wird versuchen, die Bayern immer wieder zu Zuspielen auf die Außenverteidiger oder direkt auf die Achter (also nicht Kimmich) zu zwingen, um dort dann schnellen Druck zu erzeugen. Ob das erfolgsversprechend ist, hängt einerseits davon ab, wie konzentriert die Bayern agieren und andererseits davon, wie gut die Salzburger ihre eigenen Schwächen kompensieren oder abstellen können.

Salzburgs Schwächen

Denn eines ist auch ganz klar: Der rote Faden ist zwar erkenntlich, doch es gibt gewaltige Unterschiede zu RaBa Leipzig, was individuelle Qualität und taktische Präzision anbelangt. Niemand sollte eine taktische Lightversion erwarten. Salzburg spielt etwas abwartender, weniger energisch und in anderen, defensiveren Zonen druckvoll.

Gerade weil die Salzburger ihre Schwächen in gewissen Zwischenräumen haben, könnten sie gegen die Bayern etwas abwartender agieren. Insbesondere über die Halbräume entstanden zuletzt mehrfach gefährliche Situationen für gegnerische Teams. Sei es durch Halbfeldflanken, die gerade Joshua Kimmich sehr präzise spielen kann, oder durch einen schlechten (zu späten) Zugriff auf die sich dort anbietenden Spieler.

Salzburg wirkt mit hohem Tempo überfordert, kann dann schnell mal die so wichtige Grundordnung verlieren. Eigentlich gefundenes Fressen für Spieler wie Müller oder Gnabry, die sich gern mal unbemerkt zwischen die Abwehr- und Mittelfeldreihe des Gegners schleichen. Dennoch sollten die Bayern darauf achten, nicht zu häufig ins Risiko zu gehen. Gegen Köln waren es gerade etablierte Spieler wie Boateng, die trotz eines 1:0-Vorsprungs zu schnell und leichtfertig den Ballbesitz hergaben, indem sie überhastete Pässe ins Angriffsdrittel spielten.

Schlussfolgerung: Salzburg braucht Flügel

Salzburg wird solche Momente gern annehmen und versuchen, über Kontersituationen zum Erfolg zu kommen. Gerade der Ex-Bremer Zlatko Junuzović und der erst 20-jährige Dominik Szoboszlai sind spielerisch der Schlüssel für schnelle Kombinationen und kluge Ideen im letzten Drittel. Sie sind an einem guten Tag auch dazu in der Lage, das bayerische Pressing hin und wieder alt aussehen zu lassen.

Doch Salzburg braucht mehr als diese beiden Spieler. Gerade mit den Flügeln gibt es Probleme, obwohl das marketingtechnisch ja ausgeschlossen sein sollte. Sowohl defensiv, wenn Mannschaften sich von außen über wenige Kontakte zwischen die Linien kombinieren, als auch offensiv, wo die Waffen oftmals zu stumpf sind, haben sie Probleme. Es fehlt trotz gut ausgespielter Kontersituationen zu oft die Präzision. Dass mit Patson Daka der beste Stürmer des Teams ausfällt, ist dahingehend ein großer Rückschlag. Er hätte mit seinen klugen Tiefenläufen ein wichtiges Mittel gegen die Bayern sein können.

Wenn Salzburg dennoch ein Leistungssprung gelingt und die Bayern nur annähernd so schläfrig sind wie in Köln, besteht durchaus die Chance auf eine Überraschung. Doch die Rollen sind klar verteilt. Mit einem Sieg können die Bayern einen riesigen Schritt in Richtung Achtelfinale machen. Und vor dem Knüller am Samstag wäre alles andere als das sehr ungünstig.