Xabi Alonso – Eine Legende nimmt ihren Hut

Justin Trenner 09.03.2017

Für viele war es etwas surreal, da Alonso nicht nur beim FC Liverpool Legendenstatus erlangte, sondern bereits zum Inventar Real Madrids zählte. Auf einer Stufe mit Sergio Ramos. Der damals 32-Jährige war zu diesem Zeitpunkt Champions-League-Sieger, amtierender Europameister und gerade abgelöster Weltmeister.

Allein die Wirksamkeit des Transfers in den Medien war riesig. Alonso war zwar nicht mit der goldenen Zukunft eines Toni Kroos ausgestattet, aber es sollte schnell klar werden, dass dieser Mann ein goldener Schuss des Klubs war.

Bereits sein erster Auftritt beim FC Schalke 04 zeigte auf, wie wichtig der Spanier für den Rekordmeister werden würde. Jeder Pass glich dem Pinselstrich eines Künstlers. Alonso vollendete sein Werk gegen die Knappen schließlich trotz Auswechslung in der 68. Minute mit 91 Ballkontakten, 91% Passquote und vielen spektakulären Diagonal- und Vertikalpässen.

Der mittlerweile 35-Jährige hat nun sein Karriereende im Sommer verkündet. Womöglich ist seine Entscheidung die richtige. Man merkte dem ehemaligen Nationalspieler gerade unter Druck und gegen den Ball einige Schwächen an.

Er war zwar noch nie der schnellste, aber auch ihm war anzumerken, dass er immer langsamer wurde. Dennoch wird Alonso auf drei herausragende Bayern-Jahre zurückblicken können. Unabhängig vom Ausgang der laufenden Spielzeit.

Was wurde geschimpft, als der stilvolle Mittelfeldmann im April 2015 einen katastrophalen Auftritt in Porto hatte. Die Rufe nach Schweinsteiger, der im Sommer darauf den Hut nahm, waren riesig.

Doch Verein, Trainer und Spieler wussten immer genau: Für einen fitten Alonso lohnt es sich, die eigene Spielweise anzupassen.

Alonso der magische Künstler

Oft wurden die Schwächen des zweimaligen Champions-League-Siegers totdiskutiert. Guardiola brachte es jedoch auf den Punkt: „Wenn wir ihn geholt hätten, um dem Gegner hinterherzulaufen, könnten wir ihn vergessen. (…) Wir haben ihn gekauft, um das Spiel zu dominieren.“

Dafür setzte der Katalane seinen Regisseur auf die Sechs. Alle anderen um ihn herum dienten dazu, den Spanier zu unterstützen und ihm Räume zu öffnen. Die Stärken Alonsos sollten herausgehoben und fokussiert, seine Schwächen retuschiert werden.

Wenn Alonso hinterherlief, sah das bisweilen schlimm aus. So auch gegen Porto 2015.
(Foto: Francisco Leong / AFP / Getty Images)

Zwischen 90 und 120 Pässe spielte Alonso im Schnitt pro 90 Minuten beim FC Bayern. Einige davon unspektakulär, andere nur die Seite verlagernd, aber fast alle waren wichtig für das Endprodukt. Für das Gemälde, das Alonso mit seinem Fuß zeichnete.

Der 35-Jährige ist ein begnadeter Spielmacher auf der Sechs. Er kann ein Spiel lesen, den Rhythmus erkennen und ihn im richtigen Augenblick verändern. Auch heute noch, wo sich seine großartige Karriere dem Ende neigt.

Berlin 2017: Das Spiel der Bayern läuft behäbig. Aus dem ersten Drittel kommt man gerade so in das zweite, von dort aber nicht in das letzte. In der 61. Spielminute bringt Ancelotti Xabi Alonso für Joshua Kimmich.

Das Spiel der Münchner verändert sich. Es wird nachher nicht vielen aufgefallen sein, weil Alonso nicht am Ausgleich beteiligt war. Dennoch sorgte er für Präsenz und den angesprochenen Rhythmuswechsel. Seine Pässe und Bewegungen zogen die Formation der Berliner auseinander und fanden stets einen Mitspieler in einer gefährlichen Zone.

Xabi Alonso war selten verletzt, in den meisten Fällen zuverlässig und eine echte Bereicherung für den FC Bayern. Oft wurde er abgeschrieben, noch häufiger reagierte er positiv auf Kritik.

Gegen Teams wie Atlético Madrid könne man den Spanier nicht aufstellen, hieß es vor dem Halbfinal-Rückspiel der Champions League im Jahr 2016. Guardiola konnte und Alonso spielte vermutlich die besten 90 Minuten im Trikot des FC Bayern.

Das Spiel lief auch deshalb so gut für den Rekordmeister, weil man auf der Sechs einen einzigartigen Spieler hatte. Einen genialen Regisseur. Alonso war derjenige, der die Partie dominierte und das schwierige Zentrum Atléticos kontrollierte.

Herausragende Gegenpressingmomente, vertikale, haargenaue Zuspiele in das Herz des Gegners und eine Leistung, die mehr verdient hätte, als ein unglückliches Ausscheiden. Doch so ist das im Fußball und deshalb startet der Spanier nun einen letzten Anlauf für den FC Bayern.

Alonso erzielte gegen Atlético 2016 nicht nur die Führung, sondern war auch der Hauptgrund für die starke Leistung der Bayern.
(Foto: John MacDougall / AFP / Getty Images)

Adiós zum richtigen Zeitpunkt

Bei allem Lob für sein Lebenswerk und für seine drei Jahre bei den Münchnern, die oft unterschätzt werden, ist es nämlich die absolut richtige Entscheidung, jetzt die Karriere zu beenden. Alonso ist 35 und die Spiele, in denen seine Schwächen die Stärken überwiegen, nehmen zu.

Nichtsdestotrotz kann und wird er weiterhin eine wichtige Rolle für die Bayern spielen. Er verfügt immer noch über die richtigen Pinsel und Farben, um in großen Spielen die Striche zu zeichnen, die am Ende ein einmaliges Kunstwerk ergeben.

Weltmeister, zweimaliger Europameister, zweimaliger Champions-League-Sieger, zweimaliger Super-Cup-Sieger, drei nationale Meistertitel, vier nationale Pokale und drei nationale Supercup-Titel – Xabi Alonso hat fast alles gewonnen, was er gewinnen konnte. Die überragende Karriere einer Legende nimmt ihr Ende.

Die Miasanrot-Redaktion bedankt sich nicht nur für die tolle Zeit bei den Münchnern, sondern wünscht auch alles Gute für die Zukunft. Speziell aber für die kurzfristige Zukunft, denn Alonso hat die Möglichkeit, seiner Karriere noch weitere Höhepunkte hinzuzufügen.