VfL Wolfsburg – FC Bayern München 4:1 (2:0)

Christopher Trenner 30.01.2015

Falls Ihr es verpasst habt

Der FC Bayern musste auf Franck Ribery und Rafinha verzichten. Beide verletzten sich im Training und fielen kurzfristig aus, ersetzt wurden sie von Sebastian Rode und David Alaba. Pep Guardiola schickte seine Elf mit einer nominellen Viererkette ins Spiel, bestehend aus Bernat, Dante, Boateng und Rode. Auf der Sechs agierte Alonso, davor Alaba und Schweinsteiger in den Halbräumen. Flankiert wurden beide von Müller und Robben. Im Sturm spielte Lewandowski.

Der FC Bayern hatte in den ersten vier Minuten gewohnt viel Ballbesitz. Eine Flanke von Müller verunglückte und konnte in der Zentrale von Naldo abgefangen werden. Danach ging es schnell – die Münchner wurden bereits früh mustergültig ausgekontert. Über Caligiuri gelang der Ball zu De Bruyne, der wiederum zu Dost weiterleitete, welcher trocken zum 1:0 einschob. Die Fehler? Zum einen konnte Dante Caligiuri nicht in einen Zweikampf verwickeln, zum anderen war Boateng zu passiv und Rode zu weit aufgerückt, um in dieser Szene noch eingreifen zu können.

Wenig geschockt vom Rückstand hatte der Rekordmeister zwischen der 10 und 20 Spielminute seine beste Phase. Über mehrere Standardsituationen konnten einige Chancen kreiert werden, die Größte vergab Schweinsteiger, der Naldo anköpfte. Ansonsten plätscherte das Spiel über weite Strecken dahin. Der FC Bayern hatte 67 % Ballbesitz in der ersten Halbzeit, kam aber mit dem Defensiven 4-4-2 der Wölfe nicht zurecht. Alonso wurde phasenweise von De Bruyne in Manndeckung genommen und so am Spielaufbau gehindert. Schweinsteiger und Alaba standen derweil zu offensiv, weshalb Dante häufig die Spielaufbau übernehmen musste. Nicht die beste Entscheidung. So lief das Spiel oft über Links – Arjen Robben war dadurch de facto aus dem Spiel genommen.

Wolfsburg hingegen nutzte die vielen Fehlpässe für schnelle Konter. Vor allem der schnelle de Bruyne bespielte immer wieder die Bayernabwehr über die eigene linke Abwehrseite. Bernat, eigentlich defensiv gebunden, rückte oftmals zu stark auf und öffnete so Räume, die der VfL sehr gut bespielte. Boateng und vor allem Dante waren sehr passiv im Zweikampfverhalten. So kamen Dost, Caligiuri und De Bruyne schon gegen Ende der ersten Halbzeit zu gefährlichen Abschlussaktionen.

In der 45+1. Minute foulte Dante Arnold unnötig und es gab einen Freistoß aus dem Halbfeld. Der von Knoche bedrängte Lewandowski konnte den Ball nur in die Mitte klären. Aus 16 Meter zog Dost ab, der Ball rutschte über seinen Schlappen und landete direkt im Kreuzeck. Nicht unverdient ging der FC Bayern mit einem 0:2 Rückstand in die Kabine.

Fast unverändert geht es aus der Kabine. Lediglich Alaba und Bernat tauschten die Positionen. Aber es waren wieder die Wolfsburger, die mit einfachsten Kontern auf die Siegerstraße gelangten. Nach einem Ballverlust im Mittelfeld spielte Arnold einen vertikalen Pass auf De Bruyne, der die komplette Abwehr aushebelte. Der Belgier ließ Neuer im Abschluss keine Chance. Nur 120 Sekunden der Anschlusstreffer: Lewandowski mit einer starken Ballannahme und Weiterleitung auf Juan Bernat, der sich das Leder zunächst zu weit vorlegt, dann aber von einer schwachen Rettungsaktion von Naldo profitiert und aus drei Metern sein erstes Bundesligator erzielt. In der 70. Minute holte Lewandowski gegen Naldo einen Freistoß raus, den jedoch Benaglio mit einer überragenden Aktion vereiteln konnte und so ein mögliches Kippen des Spiels verhinderte.

Nur zwei Minuten später war es wieder Arnold, der mit einen überragenden Ball auf De Bruyne den Raum öffnete. Der Belgier diesmal im 1:1 gegen Dante – mit Hilfe von zwei simplen Körpertäuschungen vernascht er den Brasilaner, der zu allem Überfluss den Schuss noch unglücklich zum 4:1 abfälscht. Gut 10 Minuten später rettete erneut Benaglio gegen Robben und auch Pizarro konnte den Ball nicht mehr ins leere Tor drücken. Das Spiel war da aber bereits entschieden.

3 Dinge, die auffielen

1. Verengung der Halbräume

Das Wolfsburger 4-4-2 mit den zwei sehr engen Ketten und der Mannorientierung verengte die Halbfelder geschickt und behinderte vor allem in der ersten Halbzeit komplett den Spielaufbau der Bayern. Alaba und Schweinsteiger waren so aus dem Spiel genommen, aber auch das Abkippen von Alonso zwischen die beiden Innenverteidiger verpuffte oftmals, da dieser von De Bruyne gut zugestellt wurde. Die Folge war, dass der gesamte Spielaufbau auf den Schultern von Dante lastete – was alles andere als glücklich war, da dieser meist das Spiel auf die linke Seite verlagerte und damit Bernat und Alaba in zu offensive Positionen zwang. Ein weiteres Problem, welches dadurch entstand: Die Schnelligkeit von Arjen Robben war über weite Strecken aus dem Spiel genommen. Die Raumverengung der Wolfsburger führte zwar zugleich zu großen Räumen auf den Flügelpositionen, diese wurden aber von Rode und Alaba/Bernat nur unzureichend bespielt. Die Flügelpositionen verwaisten zusehends, Flanken als Optionen wurden nicht wahrgenommen oder wurden schlecht ausgeführt.

2. Fehlende Konterabsicherung

Das Mittelfeldduo Alonso und Schweinsteiger als Konterabsicherung schlug fehl. Leichte Ballverluste im Mittelfeld öffneten riesige Räume zwischen Mittelfeld und Abwehr – teilweise 30 Meter zwischen den beiden Ketten – die aufgrund des mangelnden Tempos von Schweinsteiger und Alonso nicht nachhaltig genug abgesichert werden konnten. Wolfsburg nutzte diese Räume durch vertikale Pässe von Arnold und Caligiuri auf De Bruyne. So fielen 1:0, 3:0 und 4:1 durch simpelste Kontertore, weil die Mitte nicht gut genug abgedeckt wurde und die Bayern-Verteidiger in Duelle mit schnellen Spielern gezwungen wurden. Aber auch die Innenverteidiger Dante und Boateng, die oftmals ähnliche Situationen im Herbst durch gutes Stellungsspiel antizipieren konnten, waren über weite Strecken machtlos. Die Konterabsicherung, die in der Hinrunde fast kein Thema war, versagte in diesem Spiel völlig. Die Anzahl der Gegentore in der Bundesliga wurde so innerhalb eines Spiels verdoppelt.

3. Das Momentum

Kevin De Bruyne, einem der besten Freunde von Junior Malanda, gelang an diesem Abend alles. Seine Bilanz nach 90 Minuten: 2 Tore (3 Torschüsse) und 1 Torvorlage. Hinzu kamen zwei weitere Torschussvorlagen – und dies bei gerade mal 50 Ballkontakten. Die 50 % gewonnenen Zweikämpfe unterstreichen eine exzellente taktische Leistung. Der VfL Wolfsburg verstand es, den Belgier mustergültig einzusetzen. Seine Schnelligkeit und seine Fähigkeiten im Dribbling, sowie sein gutes Passspiel prägten den Abend. Der junge Rotschopf nutzte geschickt die bayrische Passivität aus und bewarb sich nachhaltig für höhere Aufgaben. Dem FC Bayern dagegen gelang an diesem Abend fast nichts. Dieselben Fehler, die auch beim Champions-League-Aus im Halbfinale gegen Real Madrid eine Rolle gespielt haben, wurden auch an diesem Abend wieder aufgedeckt. Den Münchnern fehlte es an einem Konzept die beschriebenen Punkte 1 & 2 zu lösen. Hinzu kam eine unzureichende Chancenverwertung, zumindest ab Mitte der zweiten Halbzeit. Zu diesem Zeitpunkt war das Spiel aber bereits zugunsten der Wolfsburger entschieden.

Der FC Bayern muss schleunigst die eigenen Fehler aufarbeiten. Die taktischen Ideen und die Mittel, um auf den Ribery- und Rafinha-Ausfall zu reagieren, verpufften vollends. Müller war auf der linken Außenposition verschenkt, für Alaba kam der Einsatz von Anfang an wohl noch zu früh, er konnte das Mittelfeld nicht wie gewohnt prägen. Zudem fehlte völlig die Abstimmung mit Schweinsteiger und Alonso. Pep Guardiola muss sich die Frage stellen, ob das Duo Alonso und Schweinsteiger gegen konterstarke Mannschaften die nötige Schnelligkeit mitbringen. Darüber hinaus konnte sich auch Dante nicht nachhaltig um einen Startelfeinsatz empfehlen. Unnötige Fehler im Spielaufbau und unzureichende Zweikampfführungen machten es den Wolfsburgern sehr einfach. Auch das Gegenpressing fiel an diesem Abend in die Kategorie „stets bemüht“.

Die Zeit für große Veränderungen ist aber kurz, das nächste Spiel steht bereits am kommenden Dienstag gegen Schalke 04 auf dem Programm.

VFL WOLFSBURG – FC BAYERN 4:1 (2:0)
VfL Wolfsburg Benaglio – Vieirinha, Naldo, Knoche, Rodriguez – Luiz Gustavo, Arnold – Caligiuri (86. Hunt), De Bruyne, Perisic (80. Schäfer) – Dost (83. Bendtner)
Bank Grün, Jung, Klose, Seguin
FC Bayern Neuer – Rode (51. Weiser), Boateng, Dante, Bernat – Schweinsteiger, Alonso, Alaba – Robben, Lewandowski (71. Pizarro), Müller (71. Götze)
Bank Reina, Benatia, Badstuber, Gaudino
Tore 1:0 und 2:0 Dost (4., 45.+2), 3:0 De Bruyne (53.), 3:1 Bernat (55.), 4:1 De Bruyne (73.)
Karten Gelb: Arnold, Gustavo / Alonso, Schweinsteiger
Schiedsrichter Tobias Welz (Wiesbaden)

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