WM-Kaderausblick Teil 6: Die Kapitäne – Lahm und der Fußballgott

Felix Trenner 12.06.2014

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Philipp Lahm (30/Deutschland/106 Länderspiele)

Die Konstante des deutschen Fußballs, so lässt sich Philipp Lahms Rolle im DFB beschreiben. 106 Länderspiele seit 2004, unangefochtener Stammspieler seit 2006 und Kapitän seit 2010.

Kapitän des Nationalteams und bis dato bester deutscher Spieler dieses Jahrhunderts – ob es jemand dem jungen Mann wirklich zugetraut hätte, als er 2004 bei der Europameisterschaft erste Turnierluft schnuppern durfte? Sicherlich steckte schon damals ein unglaubliches Spielverständnis in ihm, gepaart mit außerordentlich guter Zweikampfbilanz und ausgeprägter Mentalität. Aber fast wirkte der 1,70 m große Lahm bis 2008 schüchtern, hielt sich mit öffentlichen Aussagen zurück, trat eher in die Rolle des fleißigen Arbeiters auf der Außenverteidigerposition. Doch dann verletzte sich Michael Ballack im Mai 2010 und ein Kapitän war gefragt – Löw wählte ihn und nicht Bastian Schweinsteiger oder Per Mertesacker. Weil er wusste, dass er sich auf Lahm zu 100 Prozent verlassen kann. Nicht nur auf dem Platz, auch was die Loyalität anging, hatte der damals 26-Jährige als gereift erwiesen und seinen Vertrag beim FC Bayern verlängert, stieg so auch in München zum Kapitän und Gesicht der Mannschaft auf.

Das Gesicht sein war nicht immer einfach. Die Generation Lahm gilt fußballerisch bereits seit 2006, spätestens seit 2010 als das Beste, was Deutschland gesehen hat. Aber erst seit dem 25.05.2013 kann man auch von Siegern sprechen. Bis zu dem Champions-League-Sieg in Wembley verband man mit Lahm und Schweinsteiger Tränen aus Trauer, seither aus Freude und Erleichterung. Nun, 2014, kann Philipp Lahm in neuer Rolle aufspielen und seinen größten Sieg feiern. Pep Guardiola hat in ihm den Mittelfeldspieler erkannt und auch unter Jogi Löw wird er neben Khedira, Schweinsteiger oder Kroos agieren. Aus dem schüchternen Linksverteidiger ist ein gereifter Mittelfeldspieler geworden. Ein Kapitän, der reif für den WM-Titel ist.

Prognose: Lahm hat im Mittelfeld noch mehr Einfluss aufs Spiel – er steht wie kein anderer für eine gereifte Deutsche Mannschaft.

Bastian Schweinsteiger (29/Deutschland/102 Länderspiele)

Im letzten Satz des Textes über Philipp Lahm ist mir ein Fehler unterlaufen. Bastian Schweinsteiger steht noch mehr für die gereifte Persönlichkeit der deutschen Nationalmannschaft.

Denn im 23er Kader des DFB steht kein anderer Spieler, der in seiner Karriere eine vergleichbare Charakterwandlung hinter sich hat. 2006, beim Sommermärchen, entwickelte sich der Schweini/Poldi-Kult, von Regisseur Sönke Wortmann mit der „Poldi-Cam“ eingefangen. Zwei Jungs, die der Nationalmannschaft zu mehr Leichtigkeit verhalfen. Weniger deutsche Tugenden, mehr Poldi in Unterhose aufwecken – dafür stand Schweinsteiger einst. Und heute? Smart, wohnhaft am schönen Gärtnerplatz in München und durchdacht in seinen Aussagen.

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Auch fußballerisch wurde aus dem Basti aus Kolbermoor der Herr Schweinsteiger aus München Isarvorstadt. Louis van Gaal hatte die Idee, den jungen Mann 2009 wegzuholen aus dem rechten und linken Mittelfeld, zurück auf die Sechser-Position. Außen war er ohne Frage gut, aber weder konstant in seinen Leistungen noch auf dem Niveau eines Arjen Robben. Und siehe da, er blühte auf und bei der WM 2010 war aus dem Spaßvogel ein Anführer geworden. Dass die mediale Euphorie sich bis heute in Grenzen hält, liegt zum einen daran, dass Schweinsteiger in den letzten Jahren verletzungsanfälliger wurde (und manchem Journalisten der Sport Bild zu mürrisch) und zum anderen an seiner Rolle bei der EM 2012. Im Mai war er zum Gesicht der bitteren Niederlage im Finale Dahoam geworden und einen Monat später wollte er es, trotz einer Verletzung allen zeigen. Ein Fehler, Schweinsteiger schleppte sich durchs Turnier und sowohl er, als auch Bundestrainer Löw mussten sich mit der Kritik auseinandersetzen, nach Namen und nicht nach Leistung aufzustellen bzw. aufgestellt zu werden. Und ähnliches bahnt sich auch 2014 wieder an: Seit dem 10. Mai hat Schweinsteiger kein Spiel mehr bestritten, bei der WM wird er wohl erst mal auf der Bank Platz nehmen. Und sich damit der Häme und der Kritik der Medien aussetzen.

Prognose: Schweinsteiger steht kein einfaches Turnier bevor – startet die DFB-Elf jedoch schlecht und mit ihm wird alles besser, kann er zum Helden werden.