Vorschau: FC Bayern München – FC Schalke 04

Justin Trenner 02.02.2017

Trotzdem ist die Weinzierl-Elf keinesfalls zu unterschätzen. Im Hinspiel zeigte sie eindrucksvoll, dass man in einem Spiel die Bayern schlagen kann. Zumal diese sich bisher ohnehin sehr inkonstant in ihren Leistungen präsentieren.

(Grafik: Michael Böck)

Gegnervorschau

Schalke hatte in den vergangenen Jahren kein richtiges Gesicht. Man verfügte zwar stets über einen der besten und teuersten Kader, konnte daraus aber keine Identität und Philosophie kreieren. Zudem war auch die Unruhe aus dem Umfeld sicher alles andere als förderlich.

Deshalb verpflichtete der Klub vor der Saison neben Markus Weinzierl auch Christian Heidel. Beide zusammen sollten der Mannschaft eine klare Linie geben und das Drumherum beruhigen. Nun, ungefähr ein halbes Jahr später, stehen die Schalker auf Platz 11 und haben 10 Punkte Rückstand auf den Rivalen aus Dortmund, der selbst massig Punkte lässt.

Bis zu diesem Zeitpunkt haben die Knappen, ebenso wie Leverkusen, Wolfsburg oder Gladbach, eine große Chance vertan. Hinter Leipzig und den Bayern schwächelt die Liga. Doch Nutznießer sind nicht die Top-Klubs, sondern Überraschungsteams wie Hoffenheim, Frankfurt, Hertha und die Kölner. Wobei es weniger überraschend ist, wenn man sich anschaut, wie diese Teams Fußball spielen.

Sie verfolgen ein klares Konzept, sind teilweise taktisch sehr gut geschult, überzeugen mit Geschlossenheit und machen den gestandenen Vereinen auf sportlicher Ebene vor, wie es geht. Doch fehlt Schalke all das oder braucht der Umbruch einfach Zeit?

Die Lösungen in der Zentrale fehlen

Die Antwort auf die Frage ist vermutlich jedem selbst überlassen, aber wenn man Weinzierl eines nicht nachsagen kann, dann, dass er kein Konzept verfolge. Am Anfang der Saison stellte der neue Trainer auf eine Dreierkette um, damit Naldo nicht mehr so unabgesichert ist. Das macht aufgrund der vielen guten Innenverteidiger im Kader durchaus Sinn. Auch der Aufbau funktioniert dadurch erheblich besser und Höwedes kann häufiger vorstoßen, was dem Spiel der Knappen ebenfalls gut tut.

Problematisch wird es dann aber bei den drei Mittelfeldspielern im Zentrum, die häufig eine schlechte Positionierung haben. Meist stimmen die Abstände nicht. So ließ Geis sich zuletzt gegen Frankfurt zu tief fallen, was teilweise zu vier Spielern im Aufbaudrittel führte. Doch auch die Achter positionieren sich manchmal zu hoch oder zu weit auf dem Flügel.

Besser funktionierte das Spiel im Mittelfeld immer dann, wenn der Sechser höher positioniert war und von mindestens einem weiteren Spieler Unterstützung bekam. Das führte dann zu einer 3-2-Stafelung mit wiederum drei weiteren Spielern davor. Dreiecke sind in dieser Formation einfacher zu bilden und das Spiel bis vor zum letzten Drittel deutlich einfacher zu gestalten als in einer 3-1-0-2-Staffelung.

Schalke hat relativ viele Abschlüsse, erzielt daraus aber zu wenig Ertrag.
(Grafik: Lukas)

Die Statistiken zeigen, dass Königsblau lediglich 24% der Angriffe über die Zentrale führt und sich nur zu 25% im gegnerischen Drittel befindet. Der Flügelfokus ist enorm und leicht ausrechenbar. Überdies fehlen schlicht die Ideen für eine gute Besetzung hinter den Angreifern. Das alles hat zur Folge, dass in Ballbesitz oftmals ein ungefährliches Quergeschiebe entsteht.

Wenn die Schalker aus ihrem zähen Aufbauspiel dann aber doch mal Lücken beim Gegner finden, können sie brandgefährlich werden. Speziell Sead Kolasinac profitiert sehr von der Dreierkette, die ihm als Flügelverteidiger viele Freiheiten gibt. Neben vier Vorlagen gelangen ihm in dieser Spielzeit schon zwei Tore. Dass sich unter den 11 königsblauen Torschützen aber kein einziger befindet, der mehr als vier Treffer erzielte, zeigt jedoch, dass Schalke ein Torjäger fehlt. Die vielen Verletzungen spielen da sicher eine große Rolle.

Embolo zeigt gute Ansätze, verletzte sich dann aber schwer. Huntelaars Zeit scheint vorbei zu sein und Choupo-Moting findet nicht zu der Form, die ihn mal zu einem sehr interessanten Spieler gemacht hat. Der 27-Jährige ist dafür bekannt mit unorthodoxen Aktionen eine völlig überraschende und neue Struktur innerhalb von Sekunden zu schaffen. Das heißt schlicht ausgedrückt, dass er immer in der Lage ist, etwas Unerwartetes zu tun, worauf sich der Gegner nur schwer einstellen kann.

Ex-Bayern-Amateure-Spieler Alessandro Schöpf.
(Foto: Maja Hitij / Bongarts / Getty Images)

Dazu war er in dieser Saison aber nur selten in der Lage. Bentaleb ist der beste Torjäger bei den Gästen, obwohl er eher aus der Tiefe kommt. Allgemein ist der 22-Jährige eine der größten Hoffnungen im Kader. Er überzeugt mit gutem Stellungs- und Passspiel. Komplettiert werden die gefährlichsten Torschützen des nächsten Bayern-Gegners von Ex-Münchner Schöpf (3) und Leon Goretzka (2).

Schon bei der Nennung dieser Akteure fällt auf: Dieses Schalke muss doch mehr können als Platz 11. Genau deshalb ist die Frage durchaus berechtigt, ob Weinzierl nicht überschätzt ist. In seiner bisherigen Arbeit kann man zwar einige Ansätze erkennen, doch schaft er es nicht, die notwendige Struktur ins Spiel zu bekommen.

Gegen die Bayern wird das aber ein geringeres Problem sein als gegen den Rest der Liga. Die Münchner werden den Ball haben und Schalke wird sie jagen. Es ist durchaus erwartbar, dass die Höhe des Pressings dabei wieder, wie im Hinspiel, variieren wird. Grundsätzlich schob Schalke trotz Fünferkette aber phasenweise recht hoch.

Bayern muss diesem Anlaufen dann Lösungen entgegensetzen, was ohne Thiago immens schwer fällt. Das Duo Kimmich-Alonso ist aber prädestiniert für diese Aufgabe. Der spanische Routinier zeigte mit Kimmich an seiner Seite eine gute Leistung und gewann viele wichtige Zweikämpfe. Letztgenannter überzeugte mit vertikalem Spiel, ordentlichem Gegenpressing und guten Positionierungen, um den Gegner auseinander zu ziehen.

Dazu sei gesagt, dass Werder nicht den größten Druck ausübte, aber auch gegen Leipzig hat man gesehen, was Alonso noch leisten kann, wenn er die Unterstützung seiner Mitspieler erhält. Die wichtigste Frage stellt sich dann aber auf der Zehn. Müller glänzt derzeit nur noch durch seine klugen Laufwege, aber mit Ball gelingt ihm relativ wenig. 37 Ballkontakte hatte der Nationalspieler bis zu seiner Auswechslung, was für diese wichtige Position zu wenig ist – speziell, wenn daraus nichts gewinnbringendes resultiert.

Ancelotti hat hier offensichtlich keine Lösung parat und muss sich daher darauf verlassen, dass seine Spieler sich die Aufgaben in Zone 14 abwechselnd teilen, aber auch den Achter-Raum stets gut besetzen. Nur mit schnellem Kombinationsspiel wird man durch die massive Abwehr der Schalker kommen können.

Es wird der erste Gradmesser des Jahres und auch wenn die Weinzierl-Elf derzeit schwächelt, ist das Spiel in München ein komplett anderes. Schalke kann sich auf seine starke Defensive (erst 20 Gegentore, Platz 6) konzentrieren und über Konter gefährlich werden. Bekommen die Bayern nicht endlich Rhythmus, Struktur und Vertikalität in ihr Spiel, wird das ein sehr unangenehmes Wochenende für sie. Und wer weiß? Vielleicht hat Holger Badstuber ja eine Überraschung für die Münchner im Gepäck.

Fünf Thesen zum Spiel

  1. Bayern erzielt mindestens ein Tor in der ersten Halbzeit
  2. Schalke wird nicht treffen.
  3. Müller spielt nicht von Anfang an.
  4. Kimmich beginnt.
  5. Es fällt mindestens ein Tor nach einem Standard.

Zwei Thesen aus der Werder-Vorschau waren richtig. Es fehlten zwölf Sekunden zur dritten. Gesamt: 60/115.