Vorschau: FC Bayern München – Hamburger SV

Justin Trenner 24.02.2017

Der Rekordmeister gewann die letzten fünf Aufeinandertreffen dieser beiden Bundesliga-Riesen. Wenngleich diese Bezeichnung in der Aktualität nicht mehr ganz zutreffend ist, hat das Duell eine große Tradition. Sechzehn Spiele in Folge hat der ewige Bundesligist aus Hamburg nicht mehr gegen die Münchner gewinnen können. Am 26.09.2009 war es ein 1:0-Erfolg am 7. Spieltag der Bundesliga.

Danach hagelte es 57 Gegentore bei nur sieben eigenen Treffern. Die drei Unentschieden gab es jeweils in Heimspielen, während in München regelmäßig hoch verloren wurde. In diesen 16 Begegnungen fielen im Schnitt vier Tore pro Partie. Schaut man sich die Bilanz an, gibt es wenig Hoffnung auf ein erfolgreiches Auswärtsspiel der Gisdol-Elf. Doch die Vorzeichen sind seit längerem mal wieder anders.

(Grafik: Michael Böck)

Gegnervorschau

War der HSV speziell in der jüngeren Vergangenheit immer wieder stark verunsichert, haben sie nun einen regelrechten Lauf. Beide Teams sind, vergleicht man die letzten fünf Pflichtspiele, sogar fast auf Augenhöhe. Die Bayern holten gegen Schalke, Wolfsburg, Ingolstadt, Arsenal und Hertha umgerechnet nur einen Punkt mehr als der HSV gegen Ingolstadt, Leverkusen, Köln, Leipzig und Freiburg.

Trotz allem bleibt die Rollenverteilung klar. Hamburg steht auf Platz 15 mit nur einem Punkt Vorsprung auf den Relegationsplatz. Dass sich unter Gisdol einiges positiv verbessert hat, lässt sich jedoch nicht leugnen.

Die beiden Bundesligisten im Vergleich.
(Grafik: Lukas)

Hierbei ist aber speziell die Entwicklung ohne Ball zu beachten. Schon unter Labbadia tat sich der Dino mit einem gepflegten Aufbauspiel schwer. Das liegt einerseits daran, dass die individuelle Klasse im Passspiel nicht besonders hoch ist, andererseits ist aber auch die Positionierung im Mittelfeld oft nicht für ein sicheres Kurzpassspiel ausgelegt.

Hamburg kommt Gisdol-Typisch über das Chaos. Dafür versuchen sie den Gegner mit interessanten Pressingansätzen und einer aggressiven Umsetzung in Bedrängnis zu bringen.

Holtby spielt eine überaus wichtige Rolle. Der ehemalige Nationalspieler entscheidet mit seinen Laufwegen über die Staffelung gegen den Ball. Er versucht speziell in den Halbräumen Überzahlsituationen zu kreieren, um dann in schnelle Umschaltmomente zu gelangen.

Der 26-Jährige dosiert dieses Herausrücken meist clever und bestimmt so, ob der HSV in einer 4-4-2- oder 4-2-3-1-Grundordnung gegen den Ball verteidigt. Manchmal wird daraus sogar ein 4-5-1, wenn Holtby sich neben die Sechser fallen lässt.

Ziel des Pressings ist häufig der Halbraum. Dort waren die Bayern gerade in der Anfangsphase der Saison sehr anfällig. Ancelotti hat diese Zonen jedoch stabilisiert, weshalb man auf die Attacken der Hamburger vorbereitet sein sollte.

Der HSV wird gerade gegen die Bayern immer wieder lange Bälle in Zonen spielen, in denen dann auf den zweiten Ball gepresst wird. Dieses bewusst erzeugte Chaos müssen die Bayern schließlich mit all ihrer Spielintelligenz auflösen.

Das typische Rüstzeug dafür besteht aus Mittelfelddominanz über gute Positionierungen, schnellen Verlagerungen und einer fluiden Ballzirkulation. Je länger sich die Aufbauspieler des Tabellenführers mit dem Ball aufhalten (müssen), umso leichter wird der Zugriff für die Gäste.

Eines der Mittel könnte für den HSV der geplante „Befreiungsschlag“ sein. Anschließend wird versucht Chaos im Halbraum zu stiften.

Es ist durchaus zu erwarten, dass Gisdol auch gegen Bayern nicht auf eine ausschließlich passive Verteidigungsstrategie setzt. Selbst eine Fünferkette, die in der Allianz Arena sehr gern ausgepackt wird, muss nicht unbedingt heißen, dass der HSV sich einigelt.

Natürlich wird das oberste Ziel der Hanseaten dennoch sein, so wenig wie möglich zuzulassen, um dann über beispielsweise Kostic schnelle Nadelstiche zu setzen. Gleichzeitig wird Gisdol aber auch dazu anweisen, phasenweise mutig anzulaufen und die Bayern auf dem falschen Fuß zu erwischen.

Und dann gibt es da noch diesen Papadoupolos. Aus Münchner Sicht kann man fast schon von Glück reden, dass der Grieche am Wochenende sehr wahrscheinlich fehlen wird. Er hat die Standards des nächsten Bayern-Gegners auf eine neue Stufe gehoben und traf zuletzt zwei Mal.

Das Selbstvertrauen der letzten Wochen spielt sicher eine große Rolle. Lassen sich die Bayern von der bewusst gestifteten Unruhe anstecken, ist diesmal sogar etwas drin für Hamburg. In der Hinsicht könnte es vielleicht kein allzu großer Nachteil sein, dass Xabi Alonso fehlen wird. Auch wenn der Spanier zuletzt in sehr guter Verfassung war und zunehmend wichtige Vertikalität ins Spiel brachte, so hat er genau gegen solche Gegner offensichtliche Schwächen.

Sich für den Endspurt in Position bringen

Gerade auf der Außenbahn sollten die Münchner sich am Wochenende aber etwas geschickter anstellen als zuletzt. Die Flügelspieler benötigen Unterstützung in den Halbräumen, wo der HSV für gewöhnlich sehr präsent ist.

Dabei sind in der Positionierung nicht nur Alternativen für Zuspiele wichtig, sondern auch die Absicherung der Offensivakteure. Sehr viele Einzelaktionen führen unter Ancelotti zu Kontern. Nicht nur Alaba und Lahm sind dort als Absicherung gefordert, sondern auch die Achter bzw. Sechser.

Gleichzeitig darf aber auch nicht der Zehner-Raum vergessen werden. Zu viele Flügelangriffe spielen den Hamburgern eher in die Karten. Dort können sie leicht Überzahl schaffen und die Bayern zu Fehlern zwingen.

Für den Rekordmeister ist die Liga noch lange nicht vorbei und so sind gerade die Heimspiele sehr bedeutend. Aus den sieben Punkten Vorsprung wurden am vergangenen Wochenende fünf. Leipzig wirkt überdies relativ stabil und scheint bisher in der Lage, den Druck aufrecht zu erhalten.

Die kommenden Auswärtsspiele der Bayern haben es in sich. Köln, Gladbach, Hoffenheim, Leverkusen, Wolfsburg und Leipzig warten darauf, dem Tabellenführer das Leben schwer zu machen. Darüber hinaus kommt auch noch Dortmund in die Allianz Arena.

In der letzten Saison holte man gegen die fünf erstgenannten 10 von 15 möglichen Punkten. Allerdings waren mit Köln und Hoffenheim auch zwei äußerst knappe Auswärtspartien dabei. Leipzig steht in der Heimtabelle auf Platz 2, punktgleich mit der TSG Hoffenheim (beide 25 Punkte aus 10 Spielen) und wird so ein unangenehmer Abschluss der Auswärtsspiele.

Allein diese Konstellation sollte den Münchnern ein Warnschuss sein. Zwar ist man die stärkste Auswärtsmannschaft der Liga, doch überzeugend war das gerade in der Fremde zuletzt trotzdem nicht.

Robert Lewandowski und Arjen Robben entscheiden viele Spiele nur knapp zu Gunsten des Rekordmeisters.
(Foto: Christof Stache / AFP / Getty Images)

Für den FCB ist es umso wichtiger, sich in den verbleibenden Heimspielen Selbstvertrauen zu holen und die Punkte einzufahren. Der von uns in den letzten Wochen geforderte Rhythmus ist unfassbar wichtig für das letzte Saison-Drittel. Denn die individuelle Klasse des Kaders wird nicht immer den Unterschied machen können.

Gegen den HSV kann der Deutsche Meister erneut einen ersten wichtigen Schritt machen. Auch wenn die Hanseaten sich vielleicht ungewohnt dagegen wehren könnten.

Fünf Thesen zum Spiel

  1. Der FC Bayern gewinnt dieses Spiel.
  2. Hamburg gelingt kein Treffer.
  3. Es fallen mindestens drei Tore.
  4. Die obligatorische Lewandowski-These funktioniert: Der Pole trifft.
  5. Eines der Tore fällt in den ersten 25 Minuten.

Genau genommen war Arjen Robben direkt am späten Ausgleichstreffer beteiligt, da sein Schuss eine Art Vorlage war. Auf Nachfrage hat die Redaktion ein Auge zugedrückt und mir den Punkt zugestanden. Insgesamt macht das drei Treffer aus der Hertha-Vorschau. Gesamt: 74/140.