Vorschau: FC Bayern München – Borussia Dortmund

Justin Trenner 07.04.2017

Für die Gäste geht es in der Liga noch um viel mehr. Zwar hat der BVB 10 Punkte Vorsprung auf Platz 5 und dürfte somit relativ sicher in der Qualifikation für die Königsklasse stehen, doch das müsste für die Ansprüche zu wenig sein. Wegen der vielen Abgänge, gab die Borussia im Sommer über 100 Millionen Euro für Transfers aus. Die direkte Champions-League-Qualifikation sollte daher das Mindestziel sein.

Zu jung für mehr?

Bei den angesprochenen Verpflichtungen handelte es sich überwiegend um junge Talente, die über die Saison hinweg mit Höhen und Tiefen zu kämpfen hatten. Dembélé war dabei noch der konstanteste Spieler unter ihnen.

Damit war jedoch zu rechnen und der BVB scheint dies auch eingeplant zu haben. Beim größten Konkurrenten der letzten Jahre ist wiedermal ein Neuanfang notwendig gewesen. Hummels, Mkhitaryan und Gündogan waren allesamt auf ihre Art und Weise unersetzlich. Hinzu kommt, dass der eigentlich so wichtige Marco Reus mal wieder einen Großteil der Spiele wegen Verletzungen verpasste.

Die Lücken können schwer von jungen Debütanten oder unerfahrenen Spielern geschlossen werden. Will man den Dortmundern für diese Spielzeit einen Vorwurf machen, so muss man klar die Transferpolitik im Abwehr- und Mittelfeldbereich kritisieren.

Bereits letzte Saison war die Defensive der Hauptgrund für den großen Abstand zum FC Bayern. Zwar fand Tuchels Team im Laufe der Zeit eine immer bessere Stabilität, doch 34 Gegentore und somit doppelt so viele wie die Münchner, waren zu viele.

Speziell Weigl litt in der aktuellen Saison lange Zeit unter der fehlenden Unterstützung durch Hummels und eines spielstarken Achters. Der BVB hat sich aber gesteigert. Die spielerische Stabilität ist im Laufe der Monate etwas besser geworden, jedoch nicht so konstant wie im vergangenen Jahr.

Das liegt vor allem an der Jugendlichkeit des Teams. Dembélé ist jetzt schon einer der wichtigsten Spieler, kann aber noch nicht die perfekte Entscheidungsfindung und Konstanz vorweisen. So geht es vielen Spielern im Kader. Natürlich ist der BVB aber auch wegen der Verletzungen auf die unerfahrenen Akteure angewiesen.

Eines ist bei aller Kritik aber auch klar: Dortmund ist immer noch im Soll. Und können sie diese Mannschaft endlich mal über mehrere Jahre zusammenhalten, so entwickelt sich da etwas, das den Bayern sehr schnell wieder gefährlich werden kann.

Das Potenzial in der Offensive muss dann aber auch mit einer deutlich besseren Defensive verknüpft werden. Mit Dahoud und Toprak hat man bereits zwei Spieler für die Zukunft verpflichtet, die große Lücken schließen könnten. Daher ist der Blick nach vorne beim Konkurrenten äußerst spannend.

Dortmund und die Bayern verteidigen so hoch wie keine andere Bundesliga-Mannschaft.

Spielvorschau

An guten Tagen ist Tuchels Borussia auch im Moment eine Mannschaft, die sich zu den besten in Europa zählen kann. Eine enorme Durchschlagskraft, ein ordentliches Positionsspiel, die Fähigkeit Bälle in die Tiefe zu spielen und diesen mit einer unfassbaren Geschwindigkeit nachzujagen, zeichnen dieses Team aus. Gerade das Tempo, mit dem Aubameyang, Dembélé, Pulisic und Co. agieren, ist atemberaubend.

Für Bayern heißt das, dass man speziell die Laufwege kappen muss. Kommen diese Spieler in ein Laufduell, sind sie kaum zu stoppen. Passgeber wie Weigl oder zuletzt Kagawa sollten schon beim Pass gestört werden.

Der BVB wird versuchen, einzelne Münchner aus der Formation zu ziehen, um dann die schnellen Spieler in den freien Raum zu schicken. Dieser Platz darf den schnellen Angreifern der Gäste nicht gegeben werden.

Schafft es das defensive Konstrukt der Bayern, wenige Laufduelle eingehen zu müssen und die Pässe effektiv abzufangen, ist man einem Erfolg schon einen Schritt näher gekommen. Fast alle Treffer erzielte Tuchels Team innerhalb des Strafraums, was bemerkenswert ist. Dortmund spielt die Angriffe gekonnt aus und schließt häufig nur aus sicherer Distanz ab.

Sollte Schmelzer spielen können, wird seine Rolle ebenfalls wichtig sein. Der Linksverteidiger leitet viele Angriffe ein und sorgt für eine bessere Grundorganisation gegen den Ball. Er muss genauso als Schlüsselspieler betrachtet werden, den es aus dem Spiel zu nehmen gilt.

Spielt er nicht, ist das auch deshalb ein großer Vorteil für die Bayern, weil es keine gute Alternative im Kader gibt. Guerreiro, der eine wäre, wird vermutlich im Mittelfeld auflaufen. Gerade gegen Robben wäre das keine gute Ausgangslage für den BVB.

Doch auch bei den Bayern ist mit Lewandowski ein Spieler fraglich, der nicht zu ersetzen ist. Er absolvierte das Abschlusstraining jedoch und sollte somit das Duell mit Aubameyang aufnehmen können.

Ob mit oder ohne den Polen: Spannend wird vor allem das Spiel mit dem Ball. Die Bayern hatten in dieser Saison enorme Probleme, wenn der Gegner ein gut organisiertes und aggressives Pressing vorweisen konnte. Das war sowohl bei Atlético Madrid als auch in den beiden Spielen gegen Hoffenheim oder im Hinspiel gegen den BVB zu sehen. Es ist kein Zufall, dass der Rekordmeister keines dieser Spiele gewinnen konnte.

Es zeigte sich aber auch in Dortmund, dass der BVB ebenfalls nicht die taktische Disziplin der letzten Jahre aufweisen kann. Vielleicht war es das taktisch schlechteste Duell der letzten Jahre zwischen den beiden. Dennoch konnte die Borussia gewinnen.

Bayern ist mehr denn je auf einzelne Spieler angewiesen. Das Grundgerüst aus Neuer, Thiago und Lewandowski ist essenziell. Fehlt einer dieser Akteure, ist das deutlich zu merken.

Mit Thiago liegt die Tordifferenz pro 90 Minuten bei rund 2,1. In 1867 Minuten, in denen der Mittelfeldmann auf dem Platz stand, erzielten die Bayern 53 Treffer bei nur 8 Gegentoren. In lediglich 575 Minuten ohne ihn, sind es bereits 6 Gegentreffer und 14 Tore.

Thiago ist der wichtigste Spieler beim FC Bayern.
(Foto: Patrik Stollarz / AFP / Getty Images)

Thiago wird deshalb der Schlüsselspieler sein am Wochenende. Kann er sich dem Pressing der Dortmunder entziehen und seine gewohnte Dynamik entwickeln oder schafft es Tuchel, den Spanier zumindest teilweise aus dem Spiel zu nehmen?

Es lohnt sich kaum, detailliert auf taktische Entwicklungen des Spiels einzugehen, weil es diese wohl nur bei den Gästen geben wird. Während Tuchel vermutlich anpassen wird und zwischen Fünfer- und Dreierkette alles möglich scheint, ist es Carlo Ancelotti herzlich egal wie sein Gegner aufläuft.

Dass er sich von Hoffenheims Spielweise überrascht zeigte, ist eine Offenbarung, die sich eigentlich kein Trainer erlauben sollte. Der Italiener kann es aber. Weil zum einen die Ergebnisse bisher für ihn sprechen und er zum anderen die Erfahrung mitbringt, um die Kraft seiner Spieler auf die Höhepunkte der Saison zu bündeln. Das hat er jetzt mehrfach bewiesen, wenngleich er es noch weiter bestätigen muss.

Zu erwarten ist, dass der BVB etwas tiefer und abwartender agiert. Immer mit dem Versuch, die Münchner in den richtigen Zonen zu pressen, um dann die schnelle Offensive ins Rollen zu bekommen. Bayerns Plan dagegen ist Thiago. Über ihn werden die Angriffe eingeleitet und die eigenen Offensivspieler freigespielt.

Dementsprechend wird es vielleicht wieder nicht die taktisch interessanteste Partie der letzten Jahre. Aber es wird ein Aufeinandertreffen zwischen individueller Klasse, die auf dem Weg ist, sich in Richtung Höhepunkt zu entfalten und einer jungen Mannschaft, die in ihren besten Momenten so flexibel agieren kann wie kaum eine andere. Allein das macht die Partie so spannend.

Für den FC Bayern geht es am Samstag nicht nur darum, eine negative Serie zu verhindern. Viel mehr ist es wichtig, vor dem Spiel gegen Real Madrid Selbstvertrauen zu tanken. Und gegen welchen Gegner könnte man das eigene Ego besser pushen als gegen den größten nationalen Rivalen der jüngeren Vergangenheit?

Fünf Thesen zum Spiel

  1. Beide Teams treffen.
  2. Es fallen mindestens drei Tore.
  3. Der FC Bayern gewinnt das Spiel.
  4. In der ersten Halbzeit fällt mindestens ein Tor.
  5. Aubameyang wird nicht treffen.

Zwei Thesen aus der letzten Vorschau waren korrekt. Gesamt: 92/175