Die Ex-Freiburgerinnen Melanie Behringer und Sara Däbritz bei der WM 2015 in Montreal, Kanada. © Dennis Grombkowski/Bongarts/Getty Images

Freiburg: zuhause eine Macht und doch deutlich geschlagen

Jolle Trenner 01.04.2016

Beide Vereine spielen eine sehr gute Saison. Besonders zuhause ist der SC eine Macht, wo man bis zum Anpfiff bei einem Torverhältnis von 20:6 sogar Potsdam und Frankfurt schlagen konnte. Lediglich dem VfL Wolfsburg musste man sich geschlagen geben. Eine weitere Gemeinsamkeit: Sowohl die Breisgauerinnen als auch der FCB sind noch im DFB-Pokal vertreten und dürfen am Sonntag auswärts im Halbfinale ran. Die Bayern gegen Sand, Freiburg bekommt es mit Wolfsburg zu tun.

Das Hinspiel hatte Nicole Rolser schon in der ersten Minute „entschieden“. Diesmal wollte sich der SC nicht so schnell geschlagen geben. Erneut spielten beide Teams mit einer 3-4-1-2-Grundformation. In der Besetzung und Seitenbelegung hatte sich jeweils einiges getan. Im Vergleich zum Spiel gegen Jena war bei den Bayern jedoch lediglich Mana Iwabuchi für Vero Boquete in die Startelf rotiert.

Freiburg und Bayern im 3-4-1-2

3 Dinge, die auffielen:

1. Freiburg wie Bayern, nur ohne Ball

Den kann man allerdings zum Siegen gebrauchen. Die Parallelen der Formationen stechen ins Auge. Doch auch wesentliche Merkmale der Offensive und der Defensive folgen im Breisgau ähnlichen Prinzipien wie in München. Freiburg presst in vielen Phasen extrem hoch, das Mannschaftsgefüge verschiebt diszipliniert und geschlossen. Es wird sich nicht hinten eingeigelt und dem schnellen Spiel — offensiv wie defensiv — liegen eingeübte Automatismen zugrunde. Bei Ballbesitz und vor allem in der Transitionsphase nach Ballgewinnen setzt Freiburg ebenso wie die Bayern auf Einkontaktfußball zur Befreiung aus der Gegenpressingtraube mit anschließender Seitenverlagerung. Gegen die Bayern blieb es allerdings häufig nur beim Versuch der Verlagerung. Wenngleich man sich also (noch) nicht perfekt aus Engen befreien konnte, so war das flotte, technisch starke Kurzpassspiel dennoch deutlich zu erkennen. Und das bereitete den Bayern in der Rückeroberung verlorener Bälle deutliche Probleme.

Um tatsächlich so zu spielen wie die Bayern, hätte Freiburg allerdings wesentlich mehr Ballbesitz haben und bis auf vereinzelte Konter und Standards sich auch Torchancen erarbeiten müssen, die das Gästeteam dagegen wie am Fließband produzierte. Der SC zwang dem Team von Tom Wörle zwar einen harten Kampf auf — ein Fakt, dem das Ergebnis nicht Rechnung trägt — das eigene Kreieren, das konstruktive Herausspielen von Möglichkeiten, die Gestaltung des Spiels über Passmuster am Ball — all das kam in dieser Partie gegen die Bayern deutlich zu kurz. Die Ansätze sehen in Freiburg unter Jens Scheuer, der im Sommer die Nachfolge von Dietmar Sehrig angetreten hatte, allerdings so vielversprechend aus, dass es sich leicht um den nächsten realistischen Schritt handeln könnte, ein dominantes Ballbesitz-Team zu werden. Nicht ohne Grund gefällt es der Wolfsburger Leihgabe Lina Magull derart gut beim SC, dass sie gerne über den Sommer hinaus bleiben würde.

2. Ein physisches und zweikampfbetontes Spiel

Beide Teams gingen hoch drauf und setzten oft schon den Abstoß des Gegners unter Druck. Gerade in der ersten halben Stunde zeigte Freiburg enorme physische Präsenz und Hartnäckigkeit. Während anderen Mannschaften oft nichts übrig bleibt, als dem Ball beim Zirkulieren sehnsüchtig nachzuschauen, schafften es die Gastgeberinnen nicht nur, permanent in die Zweikämpfe zu kommen, sie gewannen diese auch ein ums andere Mal. Schiedsrichterin Ines Appelmann, die auf das Zeigen von Karten verzichtete, hatte dennoch gut zu tun und der Spielfluss litt erheblich unter der harten Gangart.

Nachdem sich die Gäste dann aber allmählich an den hoppelnden Rasen und den intensiven Gegenwind gewöhnt hatten, spannten sie selbst die Muskeln sichtlich an, gingen der Physis nicht aus dem Weg und besannen sich darüber hinaus auf ihre spielerische Klasse. Das war allerdings ein ordentliches Stück Arbeit, ging alles andere als von selbst von der Hand und nicht, ohne es immer wieder an der sonst üblichen Präzision und Übersicht im Passspiel vermissen zu lassen.

Dies lag eindeutig nicht an fehlender Konzentration, sondern der Spitzenleistung, die der SC hier ablieferte. Die ballnahe Stürmerin im Dreierangriff in 1-2-Staffelung verfolgte die ballführende Halbverteidigerin bis raus zur Seitenlinie, Kayikci rückte häufig auf in den Raum, um Rückpässe zu Holstad zu verhindern, das Sechserpärchen — vor allem die unglaublich starke Zehnder lief sämtliche Löcher zu, um permanent zu doppeln. Der Rest des Teams verschob ebenfalls aggressiv zur Ballseite. So gelang es Freiburg ausgezeichnet, schon die Ballannahme zu stören, um Bälle zu gewinnen oder — sofern das nicht direkt gelang — das Aufdrehen und Orientieren der Bayernspielerin so zu beeinträchtigen, dass ihr nur ein schlechter Pass bzw. eine schlechte Passentscheidung „gelang“. Die brisanten Passwege konnte man auf diese Weise ebenfalls gut schließen.

3. Warum hat Bayern dann gewonnen? Weil sie gut sind. Und weil sie wissen, dass sie gut sind.

Es sollte zum Ausdruck gekommen sein, dass Freiburg den Bayern einen großen Kampf lieferte. Doch bei denen kommen ein paar passable Faktoren zusammen: Bayern hat herausragende Einzelspielerinnen. Bei all dem Druck, den Freiburg machte, sind sie technisch dennoch stark genug, um damit umzugehen und vor allem sind sie es mental. Sie sind nun 40 Spiele ungeschlagen. Das sind fast zwei Saisons, denn eine Spielzeit geht über 22 Partien pro Team. Sie dominieren die Tabelle deutlich. Eine Niederlage wäre, abgesehen von der drohenden Momentumverschiebung, kein Beinbruch. Panik bricht da nicht so schnell aus, selbst wenn man mal Schwierigkeiten hat. Zu dem können diese Spielerinnen von diesem Format und mit dieser Qualität in zwei Sekunden mit nur einer Aktion ein Spiel entscheiden. Auf das Lederhosenliedchen, mit dem sich das Publikum grad so hübsch in Wallung gebracht hatte, gab’s die direkte Antwort. Melanie Behringer einmal durch einen Abwehrfehler frei vor dem Sechzehner zum Schuss kommen lassen? 0:1. Gute Nacht.

Bayern kann sich glücklich schätzen, dass die Kapitänin jüngst bis 2019 verlängerte.

Nun musste Freiburg aufmachen. Miedema im Sechzehner Raum für ein Eins-gegen-Eins geben? Den legt sie im Schlaf ins kurze Eck. 0:2. Miedema oder Iwabuchi bekommen im Umschaltmoment im Mittelfeld die Chance, sich mit dem Ball aufzudrehen? Kurz die zurückeilende Abwehr aussteigen lassen und anschließend das Feld mit einem Pass wie ein Seziermesser filetieren: Großchance oder Drehschusstor Däbritz. 0:3.

Oder etwas blumiger gefasst: Bei Freiburg gehen die Knospen auf. Bayern steht in voller Blüte.

PS: Hammerspiel von Viktoria Schnaderbeck. Ruhe, stark am Ball, intelligente Laufwege, tolles Timing bei Vorstößen. Woher sie das hat, erläuterte sie im Winter hier.

PPS: Cheerleading im Möslestadion. Jetzt kommst Du.

SC Freiburg – FC Bayern München Frauen
Freiburg Benkarth – Clark, Schiewe, Schöne – Karl, Zehnder, Wagner (79. Maier), Hegenauer (72. Aschauer) – Kayikci – Starke (68. Petermann), Magull
Bayern Korpela – Lewandowski, Schnaderbeck, Holstad, Abbé, Maier – Behringer, Iwabuchi (69. Wenninger)- Däbritz – Miedema (86. Falknor), Rolser (66. Boquete)
Bank Zinsberger, Beckmann, Evans, Feiersinger
Tore 0:1 Behringer (55.), 0.2 Miedema (79.), 0:3 Däbritz (84.)
Karten keine
Schiedsrichterinnen Ines Appelmann (Alzey), Sonja Kuttelwascher (Ilvesheim), Melissa Joos (Leinfelden-Echterdingen)
Zuschauer 2.310