Mario Kart in Hamburg

Christopher Trenner 04.05.2014

Bestärkt durch dieses Argument, verzichtete unser Trainer auf den zuletzt häufig glücklos agierenden Mario Mandzukic und somit auf einen „echten Stürmer“. Für ihn spielte Müller im Sturmzentrum. Martínez rückte auf die „6er“ Position und Kroos auf die 10. Weiterhin plagten Franck Ribery Rückenprobleme. Er blieb in München. Seine Position übernahm Mario Götze. Wobei es hier mehr um ein ‚nominelles Übernehmen‘ geht, denn der FC Bayern spielte mit zunehmenden Spielverlauf immer variabler. Der Hamburger Sportverein wurde von Mirko Slomka in der Abwehr im klassischen 4-4-2 aufgeboten, welches immer sehr kompakt daher kommt und meist wenig Torchancen zulässt (man erinnere sich an die beiden Spiele gegen Hannover 96 in der Hinrunde) – auf beiden Seiten.

So plätscherte das Spiel mit ein paar Halbchancen hüben wie drüben dahin. In der 32. Spielminute überlud Götze die rechte Angriffsseite und spielte einen wunderbaren Doppelpass mit Robben. Anschließend cruiste Götze kunstvoll durch den HSV Strafraum und ließ seine Gegenspieler förmlich auf Bananenschalen ausrutschen und markierte das 1:0. Der Sargnagel für die Stimmung im Stadion – schließlich droht der Abstieg für den Bundesliga Dino. Nur wenig später hätte Müller nach einer schönen Halbfeldflanke von Schweinsteiger bereits das 2:0 erzielen können, doch er vergab aus kürzester Distanz. Auf der Gegenseite rettete Neuer mit einem tollen Reflex gegen van der Vaart die Pausenführung.

Wer sich nach der Pause mehr vom HSV erhofft hatte, wurde in der 55. Minute bitter enttäuscht. Kollektive Schläfrigkeit führte dazu, dass Götze einen flach reingespielten Eckball annehmen konnte(!). Sein Schuss wurde von Müller im Stile eines Eishockeyspielers leicht abgefälscht, was ihm von der DFL den Eintrag als Torschütze brachte und dem FC Bayern München ein Tor nach einer Standardsituation. Zugegeben nicht viele Gegner hätten so ein Tor zugelassen. Ab der 65. Minute gab der HSV seine defensive Denke auf – Westermann spielte fortan als Stoßstürmer. Den entstehenden Raum nutzte der FC Bayern sofort und nach einem wuchtigen Schuss von Robben und der anschließenden Parade von Adler, legte Müller per Kopf quer auf Götze, der jetzt seinen 10. Saisontreffer erzielen durfte (70.). Das Spiel war spätestens zu diesem Zeitpunkt entschieden.

Dass der HSV auch Fußballer beschäftigt, zeigte sich 120 Sekunden später. Der FC Bayern war im gesamten Abwehrverhalten zu passiv. Demirbay konnte seelenruhig im Mittelfeld einen Diagonalball auf Calhanoglu spielen. Dieser wurde von Lahm und Martinez nur eskortiert. Sein Schuss aus gut 20 Metern war auch für Manuel Neuer nicht zu halten. Vielleicht war es nur clever von Fuchs Lahm, dass er Calhanoglu dieses Tor schenkte. Ist doch allgemein bekannt, dass der FC Bayern gerne mal Spieler kauft die gegen ihn Tore erzielen.

Guardiola reagierte nach dem Tor und brachte Pizarro. Dieser lief nach einem schönen Steilpass frei auf Adler zu, doch scheiterte zunächst am Hamburger Schlussmann. Dieser sah den Ball dann mehr hoch als weit durch seinen Strafraum fliegen, blieb aber wie angewurzelt stehen, so dass Pizarro per Fallrückzieher das 4:1 schießen konnte. Ein Sinnbild für die gesamte HSV Saison.

In der Schlussphase erhielten diejenigen Zulauf, die an den kognitiven Fähigkeiten von Jerome Boateng zweifeln. Ohne Not geriert er im Strafraum mit Demirbay zusammen. Beide drückten ihre Köpfe aneinander wie zwei Ziegen, die um den letzten Grashalm buhlen. Neuer als Ziegenhüter ging dazwischen, leider zu spät, denn Boateng packte die Riberywatsche aus und sah zurecht die rote Karte. Somit dürfte van Buyten am letzten Spieltag ein Abschiedsspiel(?) bekommen.

Insgesamt zeigte sich der FC Bayern über weite Strecken unbeeindruckt vom Champions League aus. Zwar unterliefen weiterhin zu viele Fehler im Aufbauspiel. Vor allem in den ersten 30 Minuten spielten Schweinsteiger, Kroos und Lahm einige schlimme Fehlpässe. Doch der Treffer von Götze brachte Sicherheit. Dieser profitierte auch am meisten von der Umstellung von Pep Guardiola und ließ seine Klasse aufblitzen. 2 1/2 Tore sind ein Argument für sich. Auch die Offensivreihe als solche zeigte sich verbessert. Auffällig waren die vielen Rochaden. Götze, Müller und Robben tauschten permanent die Positionen und überluden die jeweilige Angriffsseite, was unterm Strich für das starre HSV-System zu viel war. Mario Götze war förmlich überall zu finden. Darüber hinaus konnte gerade Martínez im Mittelfeld als Balleroberer überzeugen. Er antizipierte viele Pass- und Laufwege seiner Gegenspieler. Es bleibt zu hoffen, dass er wieder zur vollständigen Fitness findet.

Am nächsten Samstag wird dem FC Bayern München die Meisterschale überreicht. Gewinnt die Mannschaft auch das letzte Heimspiele sind erneut 90 Punkte in einer Saison drin – ein Wert der erst ein Mal erreicht wurde.

Hamburger SV – FC Bayern 1:4 (0:1)
Hamburger SV Adler – Diekmeier (60. John), Westermann (76. Tah), Mancienne, Tesche – Badelj, Rincon – Ilicevic, Van der Vaart (68. Demirbay), Jiracek – Calhanoglu
Bank Drobny (Tor) , Bouy , Steinmann , Maggio
FC Bayern München Neuer – Lahm, Boateng, Dante, Alaba – Martínez, Schweinsteiger – Robben (73. Pizarro), Kroos (67. Hojbjerg), Götze – Müller
Bank Raeder, Contento, Weiser, Mandzukic
Tore 0:1 Götze (32.), 0:2 Müller (55.), 0:3 Götze (69.), 1:3 Calhanoglu (72.), 1:4 Pizarro (75.)
Karten Gelb: Demirbay / Martínez Rot: – / Boateng