MUNICH, GERMANY - AUGUST 26: Robert Lewandowski of Bayern Muenchen celebrates scoring the 3rd team goal during the Bundesliga match between Bayern Muenchen and Werder Bremen at Allianz Arena on August 26, 2016 in Munich, Germany. (Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Lewandowski vor Vertragsverlängerung

Steffen Trenner 27.10.2016

Auch wenn Verein und Berater noch auf die Bremse treten, scheint klar, dass es zumindest keine ganz dicken Brocken mehr sein können, die in den Verhandlungen zur Seite zu räumen sind. Es wäre eine tolle Nachricht für den FC Bayern, der damit den siebten Leistungsträger langfristig binden würde. Neben Lewandowski stehen auch Neuer, Boateng, Hummels, Alaba, Müller und Martínez bis ins nächste Jahrzehnt unter Vertrag. Hinzu kommt Renato Sanches, der seine Klasse aber noch beweisen muss.

Klar ist, dass eine Vertragsverlängerung wohl nur mit einer Gehaltssteigerung möglich wird. Lewandowski dürfte neben Thomas Müller zum Topverdiener aufsteigen, für den der Verein seine Schmerzgrenze zuletzt bereits verschoben hatte. Der FC Bayern tut gut daran für Lewandowski an diese Schmerzgrenze oder sogar darüber hinaus zu gehen. Der polnische Nationalspieler ist einer der drei besten Spieler auf einer Position, die in der Breite im Moment wenig Weltklasse zu bieten hat.

Würde der FC Bayern sich morgen entschließen einen der besten fünf Mittelstürmer der Welt zu verpflichten, beginnt ein Gespräch über die Ablöse bei 70 Millionen Euro. Gonzalo Higuain, der vielleicht nicht mal zwingend in die Top-5 gehört, ist gerade für 90 Millionen Euro zu Juventus Turin gewechselt. Lewandowski selbst ist inzwischen sicher über 70 Millionen Euro Wert. Besser, weil konstanter vor dem Tor, ist wahrscheinlich nur Luis Suárez.

Einzigartiges Gesamtpaket

Es sind dabei nicht einmal die Tore, die Lewandowski so einzigartig machen. Der FC Bayern hat immer Mittelstürmer gefunden, die in der Lage sind in allen Wettbewerben Tore zu erzielen. Das galt für Claudio Pizarro, Roy Makaay, genau wie für Luca Toni, Mario Gomez und selbst Ivica Olic oder Mario Mandzukic. Dass Lewandowski seine Torausbeute im zweiten Jahr in München bei beinahe identischer Spielzeit in Bundesliga und Champions League von 23 auf 39 steigerte, ist gleichwohl bemerkenswert. Würde Sandro Wagner in 45 Pflichtspielen als Bayern-Stürmer auf 20-25 Tore kommen? Wahrscheinlich. Würde er das Offensivspiel der Bayern so erweitern wie es Lewandowski kann? Auf keinen Fall.

Es ist das Gesamtpaket, das Lewandowski so wertvoll macht. Lewandowski hat seinen Abschluss verbessert – auch wenn die manchmal fehlende Ruhe vor dem Tor immer noch ein kleiner Malus ist. Er ist technisch extrem versiert und ein passabler Kopfballspieler. Er ist so geschmeidig und gleichzeitig so robust, dass er sich im und am Strafraum beinahe mühelos anspielbar positioniert. Er ist passsicher wie ein zentraler Mittelfeldspieler und er hat einen guten Instinkt im Pressing.

Lewandowski ist vielleicht der erste Bayern-Stürmer seit Giovane Elber, der in der Lage ist jedes Anspiel – egal wie scharf, wie hoch oder wie weit – konstruktiv und schnell zu verarbeiten. Sein Zusammenspiel mit Thomas Müller ist hervorragend, weil sich beide in ihren Qualitäten so wunderbar ergänzen. Lewandowski kann ausweichend agieren, als echter Strafraumstürmer, als hängender 9er, als verlagernder 10er. Er ist variabel wie ein Schweizer Taschenmesser. Aus Gold.

Vieles von dem was er macht fällt dabei beim Blick in die Statistik gar nicht unbedingt auf. Beim Sieg gegen Eindhoven vor einer Woche war Lewandowski zum Beispiel entscheidend am 2:0 beteiligt, als er nach einem unsauberen Anspiel von Alonso den Ball am Mittelkreis herausragend gegen Schwaab behauptete und so einen schnellen Gegenstoß einleitete, der am Ende über den linken Flügel zum Treffer durch Kimmich führte. Diese kleinen Szenen, die Bayern auch weit weg vom Tor entscheidend helfen, gibt es zigfach in jedem Spiel.

So oder so kann Lewandowski schon jetzt als herausragender Transfer bezeichnet werden. Wenn er verlängert umso mehr. Er kam ablösefrei aus Dortmund. Ablösefrei heißt nicht umsonst – wenn man Handgeld und mögliche Gehaltsaufschläge betrachtet. Trotzdem war es ein bemerkenswerter Erfolg der Münchner, den damals schon heißbegehrten Angreifer vom FC Bayern zu überzeugen. Seit der Jahrtausendwende ist kein Topspieler ablösefrei zum FCB gewechselt. Pablo Thiam, Hamit Altintop, Tim Borowski, Ivica Olic und Sebastian Rode hießen die letzten ablösefreien Transfers.

Sollte Lewandowski tatsächlich verlängern, ist das auch ein klares Signal an den europäischen Markt. Es gibt natürlich keine Garantie, dass der heute 28-Jährige bis 2021 in München bleibt. Wenn Real Madrid allerdings in ein oder zwei Jahren einen Nachfolger für Benzema oder eine Entlastung für Torjäger Ronaldo sucht, werden sie aber bei Lewandowski noch tiefer in die Tasche greifen müssen als ohnehin schon.

Unter Berücksichtigung der einzelnen Aspekte spricht für den Verein so ziemlich alles dafür Lewandowski langfristig zu binden. Wenn es dafür notwendig ist beim Gehalt finanziell über die Schmerzgrenze zu gehen, sollte der FC Bayern das tun.