Ein Kommentar: Kein Sportvorstand-Experiment!

Jan Trenner 09.12.2016

Der Posten des Sportvorstands, der extra für Matthias Sammer geschaffen wurde, ist nicht gänzlich durchschaubar. In seiner öffentlichen Wahrnehmung ging es um Kommunikation nach außen. Um die Interviews vor dem Spiel, die antizyklisch positionierte Aussage, das verteilte Lob in schwierigen Phasen oder die Mahnung, wenn es gut läuft.

Sammer agierte nicht als übergeordnete, sondern parallel geschaltete Instanz. In alle Entscheidungen eingebunden, nie mit völliger Machtfülle ausgestattet. Dennoch ein wichtiges Puzzlestück.

Die Position ist vakant und muss neu besetzt werden. Nachdem Philipp Lahm noch auf der Jahreshauptversammlung vor wenigen Wochen ins Rampenlicht gerückt wurde, stehen nun offenbar viele Zeichen auf Max Eberl.

Eberl?

Unterschiedlicher könnte die Ausgestaltung der Rolle nicht entschieden werden. Dabei liegt die Präferenz doch auf der Hand, oder?

Mit Max Eberl würde man einen Niederbayern zurück an die Isar holen, der 1979 bis 1991 viel Zeit beim FC Bayern verbrachte und in der Saison 2014/15 „Sportdirektor des Jahres“ (11 Freunde) bei Borussia Mönchengladbach wurde. Jemanden, der acht Jahre Erfahrung als Sportdirektor und sechs als Geschäftsführer eines Bundesliga Klubs mitbringt. Jemanden, der (möglicherweise laut einzelner Medienberichte) über eine Ausstiegsklausel aus einem bis 2020 laufenden Vertrag herausgelöst werden könnte.

Für ihn wäre es der wohl endgültige und letzte Schritt auf der Karriereleiter, wie unter anderem der Kölner Express berichtet und Eberl zitiert.

Die Münchner könnten sich über einen erfahren Mann freuen, der, wie Steffen so schön ausdrückt, zur Not auch U-Mannschaften im Winter scouten würde, Erfahrungen auf der internationalen Transferbühne hat und aus einer Leitungsposition in die nächsthöhere Aufgabe wechselt.

Eberl dürfte einem Ruf aus München durchaus aufgeschlossen gegenüberstehen, wenn die Vereine eine Einigung erzielen können. Er hat in den letzten Jahren die notwendige Erfahrung gesammelt, um mit den Aufgaben des Sportvorstandes zurecht zu kommen – auch in München.

Kann sich der FC Bayern dieser Option verwehren und nach Nerlinger ein neues Experiment leisten? Den Versuch jemanden zu installieren, der nicht genug Erfahrung und Gewicht mitbringt, um zwischen Hoeneß, Rummenigge und Reschke im sportlichen Geschäft zu bestehen?

Oder Lahm?

Genau das dürfte gegen Philipp Lahm sprechen. Darauf ist nun wohl auch die FCB-Führungsetage gekommen.

Der Noch-Spieler würde direkt aus der Kabine ins Büro wechseln, vom Mitspieler zum Vorgesetzten. Eine Gratwanderung gegenüber dem Kader und keine Möglichkeit Erfahrungen zu sammeln.

Dass Lahm nicht nur ein Ausnahmefußballer ist, der sich mit jedem Vereinspokal und dem Weltmeistertitel schmücken kann, ist bekannt. Mit seinen unternehmerischen Ambitionen ist er kein Exot, aber vielen Kollegen voraus. Reicht es aber, sich ein »Verständnis für die wirtschaftlichen Zusammenhänge« zu erarbeiten, was ihm »schon jetzt großen Spaß« macht?

Kann die leise, stets überlegte, zurückgenommene Stimme das Sammer-Vakuum füllen oder in ähnlicher Rolle bestehen? Würde man sich mit einem Sportvorstand Lahm nicht erneut davon abwenden, gewisse Aufgaben mit Experten zu besetzen?

Dreesen für Finanzen, Reschke für den Transfermarkt, Jung für Marketing, Wacker für die Internationalisierung – Lahm als Neueinsteiger für die gesamte sportliche Ausrichtung des Vereins? Klingt das nach einer optimalen Lösung für einen Verein im europäischen Spitzenfußball?

Hier sollte man romantische Fußballfolklore (Lahm) vergessen und eine sachliche Managemententscheidung (Eberl) treffen, die den Verein weiterbringt.

Man sollte Philipp Lahm den Ausstieg aus dem Fußballgeschäft ermöglichen, bevor man ihm die sportliche Verantwortung beim FC Bayern überlässt oder eine Sprachrohr-Position schafft. Neben Hoeneß und Rummenigge braucht es kein drittes Megafon – oder Megafönchen.

Lahm könnte perspektivisch in die Rummenigge-Rolle schlüpfen und mit Überblick und Aufsicht auf das Tagesgeschäft des FC Bayern blicken. Eine angenehmere Außendarstellung für den Verein inklusive.

Auf diese Rolle kann er sich mit einem Karriereende 2017 noch einige Jahre vorbereiten. Oder vom Verein in einer anderen vorbereitet werden.

Der Sprung ins kalte Vorstandswasser würde keinem von beiden gut tun. Max Eberl ist eine perfekte Option.