Hamburger SV – FC Bayern München 1:2 (0:1)

Christopher Trenner 22.01.2016

Wie schwierig ein Start ins Jahr sein kann, hat der FC Bayern in der letzten Saison gezeigt. Mit 1:4 ging damals das Auswärtsspiel in Wolfsburg verloren. Das Spiel zeigte die Schwäche, die die Mannschaft von Pep Guardiola immer noch hat: Die Konterabsicherung. Diese war auch im ersten Spiel des Jahres das größte Problem. Beim Zweitligisten Karlsruher SC verloren die Bayern überraschend mit 1:2. Das Spiel war geprägt von vielen Kontersituationen für die Heimmannschaft und etlichen individuellen Aussetzern in allen Mannschaftsteilen.

Falls ihr es verpasst habt:

Pep Guardiola wartete mit einer Überraschung auf: Holger Badstuber spielte anstelle von Javi Martinez in der Viererkette. Angesichts der etwas ausgeprägteren Spielpraxis von Javi Martinez war dies schon eine überraschende Aufstellung. Ansonsten vertraute Pep Guardiola wohl auf die erwartete Elf, die sich zunächst in einer 3-4-3-Grundformation sortierte. In der Dreierabwehrreihe gab Alaba sein Comeback und im Mittelfeld begannen Lahm und Alonso zunächst in einer zentralen Rolle. In einer offensiveren Position agierten Thiago und Müller. Costa begann zunächst auf dem rechten Flügel und wechselte erst in der zweiten Halbzeit auf die linke Seite. Coman startete auf der Gegenseite und wechselte sich mit dem Brasilianer gelegentlich ab.

Auf Seiten der Hamburger spielten sowohl der angeschlagene Lasogga als auch Kacar. Beide waren noch am Wochenanfang fraglich. Nur für Spahic reichte es nicht mehr, für ihn spielte Cleber in der Innenverteidigung. Nominell ergab sich ebenfalls ein 4-3-3, allerdings mit zwei Sechsern: Holtby und besagter Kacar.

Hamburg startete zunächst mit einem hohen Pressing und lief die Bayernspieler auf dem gesamten Platz an. Zwar versuchte die Elf von Pep Guardiola dies durch die Dreierkette Alaba-Badstuber-Boateng zu kontern, doch oftmals kippte Alonso als zusätzliche Sicherheit ab – wie so oft etwas zu früh. Dadurch ergaben sich sehr weite Wege für die Bayernspieler ins Mittelfeld.

Hamburger SV - FC Bayern, GrundformationenHamburger SV – FC Bayern, Grundformationen. Auffällig die 3-4-3 Grundordnung.

Dort war Lahm zunächst alleine und konnte wenig gegen die nominelle Unterlegenheit ausrichten, da Thiago und Müller meist zu weit vorne spielten. So neutralisierte sich lange Zeit die Partie.

Hier konnten auch die Außenbahnspieler Costa und Coman nur wenig unterstützen, da sie auf ihrer Außenbahn sehr isoliert waren. Zwar gelang es Costa früh Ostrzolek eine gelbe Karte anzudrehen, doch dieser wurde fortan von Holtby gut unterstützt und Costa konnte sich nur noch selten und wenn dann nur ungefährlich durchsetzen. Auf der Gegenseite war Coman noch stärker isoliert, da Alaba seine Rolle anfänglich noch defensiver interpretierte.

Durch das tiefe Spiel von Alonso war Lewandowski gezwungen, selbst sehr tief zu spielen. Er bewegte sich phasenweise eher auf dem Achter- bzw. Zehnerraum als auf der Stürmerposition. Dies resultierte aus dem hohen Pressing der Hamburger. Meist wirkte dies situativ, als wolle sich der Pole nur einbringen, um überhaupt am Spiel teilzunehmen. Es entstanden zwar teilweise keine schlechten Räume nach Zuspielen auf ihn, allerdings ergaben sich im Anschluss daran wenig Kombinationsmöglichkeiten. Die Angriffe verpufften so meist im zweiten Drittel. Außer in der 37. Minute: Lewandowski wird in der eigenen Hälfte gefoult, doch Schiedsrichter Zwayer entscheidet auf Vorteil, denn die Bayern überspielen das Mittelfeld mit einem hohen, langen Ball von Lahm zu Müller. Adler zögert beim Herauslaufen, kommt dann an der Strafraumkante zu spät gegen Müller und holt ihn zwar erst nach dem Abschluss, aber zu klar von den Beinen. Elfmeter. Lewandowski läuft an und schießt den Ball ins rechte Eck. Adler hat sich für die andere Seite entschieden. 16. Saisontreffer für den Polen. Es war der erste Bayern-Torschuss auf das Tor der Hamburger.

In der zweiten Hälfte gab Hamburg das 4-4-2-Grundpressingsystem zwar nicht auf, schob aber alle Mannschaftsteile etwa 15-20 Meter nach vorne. Dadurch ergaben sich für die Bayern gute Kombinations- und Zirkulationsmöglichkeiten. So hatten die Bayernspieler viele gute Halbchancen das Spiel frühzeitig zu entscheiden, die aber verpasst wurden. Dadurch kam alles anders: Alonso spielt in der 52. Minute einen katastrophalen Fehlpass, der nur mit einem taktischen Foul im Halbfeld unterbunden werden kann. Hunt bringt den Ball auf den Elfmeterpunkt. Dort behindern sich Lasogga und Alonso gegenseitig – der Ball prallt von einer Fußspitze unhaltbar ins lange Eck für Neuer.

Kurze Zeit später musste Boateng das Spielfeld verlassen. Die ARD berichtete in ihrer Liveschalte von einer Adduktorenverletzung. Für Boateng kam Martinez. In einer Phase, in der es schien als würde der HSV nun Oberwasser bekommen, schlug der FC Bayern nach dem doch etwas überraschenden Ausgleich zurück. Javi Martinez lässt eine Flanke von rechts mit dem Kopf unorthodox für Müller prallen. Dieser geht aus 18 Metern sofort auf den Abschluss und hat Glück, dass Lewandowski sich genau in der Schussbahn befindet und den Ball unhaltbar für Adler abfälscht (61.).

Ab dieser Phase kontrollierte der FC Bayern weitestgehend das Geschehen, ohne allerdings wirklich zu glänzen. Der HSV hatte über zwei Freistöße in zentraler Position noch die Chance auf den Ausgleich, doch Gregoritsch vergab beide Chancen. So blieb es am Ende bei einem 2:1-Arbeitssieg für die Münchner.

3 Dinge, die auffielen:

1. Lahm in halbgarer Rolle

Prinzipiell war die Idee von Pep Guardiola, das Spiel gegen Hamburg mutiger anzugehen als viele Auswärtsspiele zuletzt, die richtige. Der HSV würde viel Pressing spielen, darauf deuteten auch die bisher zweitmeisten Sprints aller Bundesligisten hin. Guardiola versuchte dies durch eine variable Dreier-/Viererkette zu lösen. Die Grundidee war, dass Lahm ins zentrale Mittelfeld schiebt und so als Anspielstation fungiert. Gleichzeitig sollte er Ilicevic etwas aus der Mittelfeldkette ziehen und so Raum für Costa schaffen. Diese Variante funktionierte aber überwiegend nicht, da die Distanz zu seinen Mitspielern meist nicht passte. Schob Lahm ins Mittelfeld, so waren die Abstände zu Boateng und Alonso, der in diesen Szenen abkippte, zu groß. Das Resultat war ein langer Ball auf den Außenspieler Costa, der wiederum ziemlich isoliert war. Hatte Lahm mal einen guten Abstand zur Abwehrkette, war wiederum die Distanz zu Thiago und Müller zu groß. In der Summe war Lahm so verschenkt.

Das erkannte auch Pep Guardiola und stellte ab der 30. Minute wieder eher auf eine klarere Viererkette um. Aus seiner angestammten Position leitete Lahm dann auch durch einen langen Ball den zwischenzeitlichen Führungstreffer ein. Rein spielerisch war es ansonsten eine solide Partie von Lahm, der die meisten Ballkontakte bei den Bayern (103) hatte und nur vier Fehlpässe spielte. Seine Zweikampfbilanz von 75% war überdies eine Steigerung zu den letzten Wochen vor der Winterpause.

2. Lewandowski – ein mitspielender Stürmer

Im 18. Saisonspiel traf Lewandowski nun zum 16. und 17. Mal. Dabei war es eigentlich ein undankbares Spiel für einen Stürmer. Der Elfmeter war sein erster Schuss – und der erste Torschuss der Münchner überhaupt. Lewandowski übernahm die Verantwortung vom Elfmeterpunkt. Gleichzeitig hatte er den Angriff durch seine Interpretation der Achter- bzw. Zehnerrolle überhaupt erst eingeleitet. Djourou musste sehr weit aus dem Abwehrverbund rausrücken und eröffnet so Müller diesen wunderbaren Laufweg, der zum Elfmeter führte. Zwar gelang ihm ansonsten wenig auf dieser Position, dieses lag aber auch mehr an den ungünstigen Möglichkeiten, sich aus einigen Szenen heraus zu kombinieren. Dennoch versuchte der Pole aus den wenigen Möglichkeiten das Beste zu machen – und wenn es ein Sprintduell mit Diekmeier an der Seitenauslinie war. Lewandowski hat den ganzen Platz beackert. Nach Douglas Costa (5) hatte Lewandowski die meisten Dribblings auf Bayernseite (4). Zudem gab er vor allem in der zweiten Halbzeit einige Torschüsse ab. Insgesamt kam er auf acht Versuche – drei mehr als Müller, Costa und Coman zusammen. Dass Lewandowski in der 61. Minute einen Distanzschuss von Müller noch so glücklich abfälscht, spricht für den Lauf, den der Stürmer zur Zeit hat.

3. Alonsos Leistungsabfall

Über das zunächst übertrieben stark absicherende Abkippen wurde bereits in der Zusammenfassung bzw. in Punkt 1 gesprochen. Dieses gilt es sicherlich zu analysieren und kann auch taktisch vom Trainer vorgegeben gewesen sein. Bedenklicher stimmt der Leistungsabfall, beginnend ab der 52. Minute. Ein Leichtsinnsfehler und ein schlechter Pass verursachten eine Halbfeldflanke. Zugegeben, diese war gut getreten. Aber auch hier hatte der Spanier seine Aktien im Spiel, als er den Ball nicht konsequent genug klärte und von Lasogga entscheidend gestört wurde.

Danach fand er nicht mehr zu seinem Spiel. In der letzten halben Stunde hatte Alonso nur 19 Ballaktionen – davon fünf kurz nach dem Ausgleich und vier in der Nachspielzeit. Kurzum: Es gab eine Phase mit viel Leerlauf, in der Alonso das Spiel nicht mehr diktieren konnte. Die Ordnung war weg. Hier half auch nicht mehr die Einwechslung von Vidal, um das Mittelfeld zu stärken. 10 Fehlpässe bei nur 90 Versuchen sind für den Spanier auch eher eine unterdurchschnittliche Quote. Sinnbildlich stand hierfür das Foul kurz vor der Strafraumkante, das den HSV fast noch mal zurück ins Spiel geholt hat. Alonso und wird sich zusammen mit dem gesamten Bayernmittelfeld steigern müssen.

HAMBURGER SV – FC BAYERN 1:2 (0:1)
Hamburger SV Adler – Diekmeier, Djourou, Cleber, Ostrzolek – Kacar (81. Jung), Holtby – Müller, Hunt, Ilicevic (69. Gregoritsch) – Lasogga (77. Rudnevs)
Bank Drobny – Carolus, Sakai, Porath
FC Bayern München Neuer – Boateng (56. Martinez), Badstuber, Alaba – Lahm, Alonso – Costa (81. Robben), Thiago, Coman – Müller (69. Vidal), Lewandowski
Bank Starke – Kimmich, Rode
Tore 0:1 Lewandowski (37., Foulelfmeter), 1:1 Hunt (53.), 1:2 Lewandowski (61.)
Karten Ostrzolek, Kacar, Adler, Müller / Lahm, Alonso
Schiedsrichter Felix Zwayer (Berlin)
Zuschauer 57.000 (ausverkauft)

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